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Anne-Dore Meißner über den Frauentag, die Männerdomäne Kommunalpolitik und die Geschlechterquote "Frauen können eine ganze Menge bewegen"

08.03.2013, 01:13

Kommunalpolitik in der Region Osterburg/Seehausen ist eine Domäne der Männer. Frauen sind deutlich in der Minderheit. Warum das so ist und welche Chancen sich durch ein Mehr an Frauen in den Räten eröffnen würden, darüber sprach Hannes Harthun mit der amtierenden Bürgermeisterin von Seehausen, Anne-Dore Meißner.

Volksstimme: Was bedeutet der Internationale Frauentag für Sie?

Anne-Dore Meißner:Für mich ist es ein Arbeitstag wie jeder andere auch. Ich denke, der Tag bietet die Möglichkeit, Frauen innerhalb der Gesellschaft in den Vordergrund zu stellen. Obgleich sie in vielen Bereichen der Gesellschaft tätig sind, bleibt die Familie ein Hauptfeld für Frauen. Die Belastung ist also häufig etwas größer.

Volksstimme: Sie sind als eine der wenigen Frauen in der männerdominierten Kommunalpolitik aktiv. Warum sind so wenige Frauen dort engagiert?

Meißner: Das hängt einfach mit dieser Doppelbelastung zusammen. Die Frau hat im familiären Bereich oft mehr Aufgaben als der Mann; dadurch fehlt Zeit für andere Aktivitäten. Kommunalpolitik spielte für mich erst eine Rolle, als meine Kinder aus dem Haus waren. Dann hatte ich die Möglichkeit, mich auch um andere Dinge zu kümmern.

Volksstimme: Wie sind Sie zur Kommunalpolitik gekommen?

Meißner: Das Gymnasium Seehausen stand auf der Kippe. Dr.Fischer war damals Schulleiter, und er riet mir, mich im Interesse des Schulstandortes Seehausen dort einzubringen. Dadurch bin ich zur Unabhängigen Wählergemeinschaft gekommen.

Wenn man dann aktiv an der Gestaltung von kommunalen Angelegenheiten mitwirken kann, ist man auch an einer erfolgreichen Umsetzung interessiert. Allerdings werden in Zukunft die Probleme aufgrund der engeren finanziellen Spielräume noch größer. Kreative Köpfe sind gefragt! Deshalb haben wir schon mehrfach versucht, junge Leute - auch Frauen - für die Unabhängige Wählergemeinschaft zu gewinnen, leider bisher nur mit mäßigem Erfolg.

Volksstimme: Wie kann man in Zukunft erreichen, dass sich mehr Frauen kommunal engagieren?

Meißner: Es ist auf jeden Fall nötig. Ehrenamtliches Engagement von Frauen, besonders in Vereinen, gibt es ja. Wenn ich an die Trödelweiber oder die Theatergruppe ¿Hahn im Korb\' denke, sehe ich: Frauen sind sehr kreativ, können eine ganze Menge bewegen. Kommunalpolitik ist etwas, das immer auch ein bisschen "trocken" ist. Stadtratssitzungen sind lang und nicht immer interessant - das muss man geduldig ertragen.

Volksstimme: Was sind denn die wichtigen Themen, für die vielleicht besonders die Frauen streiten sollten?

Meißner: Stadtentwicklung. Wie geht es weiter mit unserem ländlichen Raum? Da sind brennende Dinge, bei denen auch in naher Zukunft grundlegende Entscheidungen gefällt werden müssen. Immer weniger Mittel stehen zur Verfügung, trotzdem soll ein Maximum an Annehmlichkeiten geschaffen werden, damit dieser ländliche Raum lebenswert bleibt. Da denke ich, sind gerade Frauen mit ihrer Kreativität gefragt. Man sagt nicht umsonst, dass Frauen auch zwei oder drei Dinge gleichzeitig können.

Volksstimme:Sie sind ohne Frauenquote amtierende Bürgermeisterin und Schulleiterin geworden. Was halten Sie von einer Geschlechterquote?

Meißner: Die Position als amtierende Bürgermeisterin ist eine Aufgabe, die ich nur vorübergehend wahrnehmen kann. Auf die Dauer wäre dies zeitlich nicht mit meinem Beruf vereinbar. Die Frauenquote ist für mich ein Alibi. Ich hätte nie eine Funktion antreten wollen, aufgrund einer Quote. Ich finde nach wie vor, dass Leistung in einer Gesellschaft zählen sollte, um Funktionen zu erreichen. Das Andere hätte für mich einen Makel, wenn man sagt: "Die mussten wir ja nehmen wegen der Frauenquote."

Die andere Sache ist die schon genannte Doppelbelastung von Beruf und Familie. Einige Frauen schaffen es trotzdem. Es gibt ja Vorzeigefrauen, die es in der Politik bis nach oben geschafft haben. In der Wirtschaft ist es schwieriger. Als Kommunalpolitiker sind wir deshalb gefragt, mit den Kindereinrichtungen entsprechende Voraussetzungen zu schaffen, um eine Ganztagsbetreuung abzusichern.