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Verbandsgemeinde wartet auf Zulassung zur Berufung / Kläger vermuten ein Spiel auf Zeit Ist Wahl des Rates im Jahr 2009 gültig?

Von Ingo Gutsche 18.01.2013, 02:21

Der Richter hat das Wort. Die Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck möchte in zweiter Instanz das Urteil des Verwaltungsgerichts zur 2009er Wahl revidieren. Die Gegenseite vermutet jedoch ein Spiel auf Zeit.

Goldbeck l In erster Instanz eine Niederlage eingesteckt, schöpfte die Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck ihre juristischen Mittel aus und hofft auf Zulassung der Berufung. Die Gegenseite kritisiert hingegen die Dauer, die das bereits über dreijährige Verfahren einnimmt. "Das ist ein Spiel auf Zeit", beanstandet Nadine Gohr, Rechtsanwältin von Peter Manstetten und Wolfgang Trösken, die gegen die VG prozessieren und in erster Instanz Recht behielten. Es geht um die Wahl des Rates der Verbandsgemeinde. Einerseits hätte es Fehler bei der Anzahl der Unterstützungsunterschriften, andererseits beim fehlenden regionalen Bezug von bei der Wahl angetretenen Bürgerinitiativen gegeben.

Das Magdeburger Verwaltungsgericht wertete die Wahl vom 29. November 2009 für ungültig. Demnach wäre das 23-köpfige oberste Gremium der VG nicht mehr handlungsfähig. Im Juni vergangenen Jahres wurde dieses Urteil gesprochen. Kurz danach entschied sich der Verbandsgemeinderat für die Revision. Eine Antwort vom Oberverwaltungsgericht blieb bisher aus. Für Manstetten und Trösken, die sich damals um einen der Plätze im Gremium bewarben, nicht nachvollziehbar. "Das Urteil ist eindeutig. Dass wir Recht bekommen, ist für mich klar." Peter Manstetten befürchtet jedoch, dass der entstandene Schaden aufgrund der vergangenen Zeit nicht mehr revidiert werden kann.

"Man muss sich ernsthaft die Frage stellen: Ist noch effektiver Rechtsschutz möglich?", zweifelt die Stendaler Rechtsanwaltskanzlei des Duos. Eine Klage könne nicht so unendlich in die Länge gezogen werden, "bis vollendete Tatsachen geschaffen worden sind". Diese würden im nächsten Jahr eintreten; denn die Legislaturperiode der gewählten Vertreter endet Ende 2014. Eine neue Wahl würde dann auch ohne das Gerichtsurteil folgen. Nur wenn die Wiederholungswahl zwölf Monate vor Ablauf der Wahlperiode über die Bühne geht, hätte das mögliche Konsequenzen auf das aktuelle und 2009 gewählte Gremium; eine andere Zusammensetzung wäre höchstwahrscheinlich die Folge.

"Wir befinden uns im Beschlussverfahren." Der Richter müsse nur die Frage beantworten, ob die Berufung zugelassen wird oder nicht. Um mehr ginge es erst einmal nicht. Dass das Oberverwaltungsgericht (OVG) Magdeburg "naturgemäß nicht das Schnellste ist", verwundere die Rechtsanwältin von Manstetten und Trösken keineswegs.

"Wenn die Verwaltung Fehler erkennt, ist sie angehalten, die Rechtstaatlichkeit wiederherzustellen."

Peter Manstetten

Seit Ende August würden die Unterlagen von der Verbandsgemeinde, die durch Rechtsanwalt Ulrich Wegener aus einer Magdeburger Kanzlei vertreten wird, beim OVG liegen. Wegener weiß durch Erfahrungswerte, dass "schon mal ein Jahr vergehen kann", ehe es zu einer Entscheidung kommt. Er versucht mit seiner Begründung das Gericht davon zu überzeugen, dass die Fehler keine andere Sitzverteilung im Rat bewirkt hätten. Er rechne nicht vor Sommer mit einer Antwort. Die Gegenseite ist sich dagegen sicher: "Wir gehen nicht davon aus, dass die Berufung zugelassen wird", war gestern von der Stendaler Kanzlei zu erfahren. "Das Urteil ist nicht angreifbar." Manstetten vermutet indes taktische Gründe, gewollte Verzögerungen. "Ich hätte gehofft, dass das Oberverwaltungsgericht ein Zeichen setzt. Ansonsten ist es ein Freibrief für jede Verwaltung", mutmaßt der 55-Jährige. Fehler würden nicht bestraft; Prozesse in die Länge gezogen. "Allein ein fehlendes Kennwort hätte für eine ungültige Wahl gereicht", sagt der ehemalige Hindenburger Bürgermeister und meint damit den fehlenden regionalen Bezug zweier Wählergruppen bei der damaligen Wahl des Verbandsgemeinderates. Auch die Anzahl der geforderten Unterstützungsunterschriften (83) war 2009 fehlerhaft, eine Folge, da erstmals in zwei Wahlgebieten gewählt wurde. 40 hätten genügt. Das Verwaltungsgericht hatte deshalb die Wahl für ungültig erklärt. "Wenn die Verwaltung erkennt, dass Fehler gemacht wurden, die natürlich auch passieren können, ist sie angehalten, die Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen." Dass die VG in Berufung gegangen ist, hält Manstetten für äußerst fragwürdig und moralisch bedenklich.

"Urteile am Oberverwaltungsgericht dauern immer lange", weiß Verbandsgemeinde-Bürgermeister Eike Trumpf. Er nannte das Beispiel Hassel. Die Gemeinde erhielt nach jahrelangem Rechtsstreit erst vor dem Bundesverwaltungsgericht Recht. Das Bundesvermögensamt wollte im Nachhinein finanziell an den bereits 1999 erfolgten Grundstücksverkäufen in der Bungalow-Siedlung in der Ortslage Wischer beteiligt werden.

Trumpf geht davon aus, dass wie im vorigen Jahr Gelder für die Kosten einer möglichen Wiederholungswahl im Etat der VG eingestellt werden. Der Haushalt ist in Vorbereitung und in der Diskussion, aber noch nicht beschlossene Sache. Der Verbandsgemeinde-Bürgermeister bleibt ob der Vielzahl an Fällen, die in der Vergangenheit in zweiter oder anderen Instanzen revidiert wurden, gelassen. "Wir sollten das Verfahrensende abwarten."