Politischer Lieder auf der Kleinkunstbühne Krug legt den Finger in viele Wunden
Osterburg (fsc) l "Mit Kommen und Gehen - Lieder von und nach Deutschland" hatte der Liedermacher und Sänger Hartmut Krug aus Dresden das Programm betitelt, mit dem er am Freitagabend das politische Lied in den "Kanzler" auf die Kleinkunstbühne brachte. Es war, wie deren Vorstandsmitglied Sigrid Fischer bei der Begrüßung bemerkte, Kleinkunst auch im anderen Sinne, denn der Gitarrist Krug und seine charmante Begleitung - Maja Malysch (Cello) und Katerina Ciklova (Violine) - hatten nur einen recht kleinen Zuhörerkreis vor sich.
So kam der Sänger mit seinen Liedern und Gedichten, die er im Wechsel vortrug, schnell mit dem Publikum auf Tuchfühlung. Er, der aus der DDR stammt und an der Filmhochschule Potsdam-Babelsberg studiert hat, sei schon zu Honeckers Zeiten ein Unbequemer gewesen. "Ich habe über das geschrieben, was alle wussten, aber darüber nicht geredet haben." Der in Thüringen geborene Schauspieler und Liedermacher begann nach der Beschäftigung mit dem Sänger Wladimir Wyssozki, dem russischen Bob Dylan, und einigen Nachdichtungen seiner Lieder ab 1986 auch mit eigenen Liedern und Texten abseits der großen Podien, in den profanen und kirchlichen Einrichtungen des Ostens aufzutreten.
Nach der Wende hängte Krug die Gitarre einstweilen an den Nagel und arbeitete als Schauspieler, Regisseur und Übersetzer an deutschen und tschechischen Theatern. Er ging auf Reisen, weil ihm das, was in Deutschland passierte, zunächst auf einmal zu viel war. Er suchte unterwegs, zum Beispiel in Frankreich, Portugal, in der Ukraine und in Südamerika nach Ideen für neue Texte.
Auch am Freitagabend legte Krug seinen musikalischen Finger in viele Wunden, an denen Deutschland zu leiden hat, ob Arbeitslosigkeit oder Rechtsextremismus, ob Bildungsnotstand oder Altersarmut - viele Unzulänglichkeiten bis zur kommunalen Bürokratie nahm er aufs Korn. Er wird in seinen Liedern und Gedichten bitterböse, sarkastisch, ironisch, dabei immer nachdenklich. Und Nachdenklichkeit über diese "Zweidrittelgesellschaft" möchte er dem Publikum dringend ans Herz legen. Derb-komisch, beispielsweise, mit Hineingleiten in die Fäkalsprache, wird er in der Ballade über einen Herrn P., der seine "süß-säuerlich riechenden, braune Schleifspuren in der weißen Unterhose hinterlassenden Darmwinde" erfolgreich vermarktet. "Wir haben gelernt, uns bescheißen zu lassen!"