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Orpensdorf Auf dem Weg zur Hochzeitskirche

Nach den Plänen des Gladigauer Pfarrers soll die Orpensdorfer Kirche zur „Hochzeitskirche“ werden. Nach weiterer Innensanierung.

Von Astrid Mathis 10.02.2021, 16:59

Orpensdorf l Das Projekt „Hochzeitskirche in Orpensdorf“ geht in die nächste Runde und für Pfarrer Norbert Lazay ein Stück Geschichte weiter. Wie geschaffen ist der Rokokobau für so ein freudiges Ereignis wie eine Heirat seit jeher. Doch Frost und Feuchtigkeit hatten so viel Schaden angerichtet, dass der Dachstuhl erneuert werden musste. Diese Arbeiten sind mittlerweile abgeschlossen.

„Der zweite Schritt ist die nächste Förderphase. Wir hoffen auf finanzielle Unterstützung durch Leader. Von März bis jetzt wurde viel geschafft, aber es liegen noch Restarbeiten an – der Innenbereich der Kirche!“, stellt Norbert Lazay klar. „In der kommenden Förderphase sollen die Arbeiten beendet werden. 2022 kann es hoffentlich losgehen.“

In Weiß und Gold eingetaucht, 78 Sitzplätze um den Altar angeordnet, gibt die Rokokokirche ein Idealbild für Hochzeitsgesellschaften ab. „Weil sie ihre Entstehung ja auch einer Hochzeit verdankt!“, verrät der Pfarrer begeistert. Seit Jahren bemüht er sich, die Rokokokirche wieder ihrer Bestimmung zuzuführen und damit eine „In-Wert-Setzung“ für mindestens 50 Jahre anzustreben.

Bis jetzt fanden dort ausschließlich kirchliche Hochzeiten statt. Aus gutem Grund. „Mit Krevese und Krumke als Außenstellen hat beziehungsweise hatte das Osterburger Standesamt genügend Ausweichmöglichkeiten. Wir bleiben bei den kirchlichen Trauungen in Orpensdorf“, merkt Lazay an. Darüber freuen sich auch Paare „von woandersher“. Aus Niedersachsen zum Beispiel.

Um die Kirche publik zu machen, hat Norbert Lazay eine besondere Idee: „Hochzeitsmessen! Ich habe Flyer gesehen und beo­bachtet, von Pediküre bis Parfum gibt es auf Hochzeitsmessen alles, Drehleiter, Tauben, nur keinen Pfarrer!“ Da sieht der Gladigauer Handlungsmöglichkeiten. Er hatte schon vor, Kontakt zum Hochzeitsausstatter aufzunehmen, aber nach Schließung des Geschäfts legte er die Pläne auf Eis. Bis zur Rente will er sein Vorhaben, auf Hochzeitsmessen Werbung für Orpensdorf zu machen, aber noch in die Tat umsetzen. „Wenn es wieder Messen gibt, kann man mit mir rechnen“, verspricht der Pfarrer gut gelaunt.

Die Geschichte, wie Orpensdorf zu einer Hochzeitskirche kam, erzählt er sicher auch gern auf der nächsten Messe: Der Baudirektor Friedrich des Großen habe „dahingeheiratet“, so Norbert Lazay schmunzelnd. Friedrich Wilhelm Diterichs, ursprünglich aus Uelzen stammend, schloss mit Anna Catharina Kraatz (Bürgermeister-Tochter aus Osterburg) 1744 den Bund der Ehe und kam so auf das Rittergut nach Orpensdorf. Wie die beiden zueinanderfanden, kann der Pfarrer nur mutmaßen. „Diterichs hatte als Baubeamter in der Altmark zu tun und lernte Anna Catharina Kraatz vermutlich auf beruflichem Wege kennen. In erster Ehe war sie mit Gustav Falcke verheiratet und inzwischen verwitwet.“

1747 baute Diterichs in Orpensdorf die Kirche, inklusive Gruft, was sie zur Guts- und Gruftkirche macht. „Noch heute gibt es die Gruft“, bemerkt Norbert Lazay und fügt hinzu: „Diterichs baute in Potsdam auch die Gruft Friedrichs des Großen, inklusive der sieben Terrassen im Park Sanssouci in Potsdam.“ Die kleine baufällige Orpensdorfer Fachwerkkirche von einst wich einem imposanten Bau, dessen Wappen noch heute auf die Geschichte verweisen. „Wenn ich bei Führungen davon erzähle, wandern die Köpfe der Besucher immer staunend zu den Wappen: von links nach rechts: Falcke, Kraatz und Diterichs selber. Dabei kann jeder von außen auf den Epitaph sehen“, berichtet Lazay. Ein beachtenswerter Hingucker ist außerdem die Spitze der Turmkugel. Sie zeigt eine Taube mit Ölblatt im Schnabel, das Wappentier von Anna Catharina, der als Patronatsherrin die Kirche übergeben wurde. „Vor der Einführung des Euros haben wir 1987 bei einem Salzwedeler Fotografen eine Bilderserie mit der Taube in Auftrag gegeben, um durch den Fotoverkauf Geld zusammenzubekommen. Einige habe ich noch im Archiv“, erinnert sich der Pfarrer.

Und eine zweite Heirat zeichnet das Orpensdorfer Gotteshaus als Hochzeitskirche aus: 1767 heiratete Friedrich Wilhelm Diterichs Patentochter und Nichte Catharina Jacobina Diterichs (1796 verstorben) den Pfarrer Johann Benjamin Visbeck – natürlich in der Orpensdorfer Kirche. Von 1763 bis zu seinem Tod 1772 war dieser in Gladigau in Amt und Würden und bewohnte mit der Familie das Pfarrhaus, wo die Hochzeitsfeier mit Catharina stattfand und in dem auch heute Pfarrer Norbert Lazay mit seiner Familie zu Hause ist. 2014 blickte Lazay auf das 250-jährige Bestehen des Pfarrhauses zurück. Im Jubiläumsjahr entstand aufgrund seiner Recherchen in Zusammenarbeit mit dem Altmärkischen Heimatbund, dessen Vorsitz er innehat, der Sonderdruck „Die Altmark in Geschichte und Gegenwart 12: Das Pfarrhaus zu Gladigau. „Ein barockes Kleinod in der Altmark“.

Catharina wiederum benannte ihren ersten von zwei Söhnen nach ihrem Onkel Friedrich Wilhelm, dem berühmten Baudirektor aus Potsdam, der mit der Orpensdorfer Rokokokirche in der Altmark sein Meisterstück schuf. „Die Namensgebung macht zum einen die enge Verbindung und zum anderen die Dankbarkeit deutlich“, betont Lazay.

Es war die letzte Kirche, die Friedrich Wilhelm Diterichs baute. Gleichzeitig war es das bedeutendste der sieben Gotteshäuser, das in der Altmark seine Handschrift trägt. „Danach hat er keine Kirchen mehr gebaut. Für ihn war die Orpensdorfer Kirche nicht zu übertreffen“, sagt Norbert Lazay. Ein Grund mehr für ihn, dem Gotteshaus Aufmerksamkeit zu schenken.