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Diakoniewerk Dem Nachwuchs Geborgenheit schenken

Mädchen und Jungen bis sechs Jahre sind unter der Obhut des Diakoniewerks in das Haus „Refugium“ in Seehausen eingezogen.

Von Ingo Gutsche 08.08.2019, 01:01

Seehausen l Einst nahmen die Mitarbeiter des Diakoniewerks in ihrem „Refugium“ minderjährige Flüchtlinge auf, um ihnen den Weg zu weisen, der sogar in vielen Fällen zu einer Ausbildung bei regionalen Unternehmen führte. Nun beherbergt das Haus am Winckelmannplatz in Seehausen Kleinkinder. „Sie sind aus verschiedensten Gründen bei uns“, sagt Hausleiter Nils Döring, der hinzufügt: „Mit Zustimmung der Eltern, die diese Form der Hilfe in Anspruch nehmen.“ Die Mitarbeiter kümmern sich nun um acht Mädchen und Jungen. Das jüngste Kind ist ein Jahr alt, das älteste fünf.

Im Mai 2016 zogen in das Haus die ersten jugendlichen Flüchtlinge, die ohne Eltern nach Deutschland kamen. „Wir haben sehr viel Hilfe von Bürgern aus Seehausen und Umgebung erfahren“, erinnert sich Döring. Beispielsweise wurde das gesamte Mobiliar in den Zimmern gespendet. Schnell war die Kapazität ausgelastet, zehn junge Ausländer fühlten sich im „Refugium“ wohl. Darunter waren Afghanen, Syrer und Somalis. Kontakt haben die Mitarbeiter des Diakoniewerks mit den nun über 18-Jährigen immer noch. Hamze aus Somalia erhielt kürzlich die Nachricht, dass er eine Lehre in der Verzinkerei bei Graepel beginnen kann. Jamal ist Auszubildender bei Ost-Bau und sein Freund Murtaza, beides Afghanen, ist Azubi bei Terraplan. Keihan unterstützt die Deichbäckerei Buchholz in Beuster. Auch für die wenigen, die noch minderjährig sind, fand das Diakoniewerk mit dem Haus in der Seehäuser Innenstadt als Wohnort eine Lösung. Da wohnt auch Mahdi (17), der nach der Sommerpause die 10. Klasse in Seehausen besuchen wird.

Anfang 2018 gab es beim Diakoniewerk Überlegungen, wie das Haus „Refugium“ weiter genutzt werden kann. Zum damaligen Zeitpunkt war absehbar, dass einerseits der Zustrom unbegleiteter minderjähriger Ausländer nachlässt und andererseits ein Großteil der im Haus betreuten Jugendlichen kurz vor dem 18. Lebensjahr stand und somit seinen eigenen Weg gehen muss. In Absprache mit dem Landesjugendamt war schnell klar, dass Plätze für Kleinkinder benötigt werden. So entschieden sich die Verantwortlichen für die Aufnahme von Mädchen und Jungen, die bei den Mitarbeitern Geborgenheit erfahren. Mit dem Einzug der Kinder haben sich natürlich auch die Räume im „Refugium“ gewandelt: Neue Betten und neue Schränke wurden angeschafft.Wobei viele Modernisierungen „auch in Eigenregie passiert sind“. Nils Döring erinnert an den Außenbereich, der ein neues Aussehen erhielt. „Auch mit Unterstützung der Ausländer“, betont er. Neue Spielgeräte mussten aufgebaut werden, um den jungen Bewohnern so schnell wie möglich eine tolle und kindgerechte Atmosphäre zu bieten. Im Landkreis sei dieses Projekt einmalig, so dass Nils Döring und Kollegen sich erst einmal bei anderen Kinderwohngruppen in Halle und Aschersleben erkundigten, welche Prioritäten gesetzt werden müssen.

Mittlerweile betreut das Team acht Mädchen und Jungen. „Die meiste Zeit sind wir zu dritt.“ Großen Wert legen die Betreuer auf feste Rituale. So sitzen am Nachmittag alle, nachdem sie von den Kindereinrichtungen aus Bretsch und Seehausen abgeholt wurden, an einem Tisch, um sich bei Kuchen und frischem Obst zu stärken. Auch am Abend: Dann „streut“ der Sandmann den Kindern noch ein wenig Sand in die Augen... Dem Hausleiter liegt es mit seinen Kolleginnen und natürlich auch mit Bereichsleiterin Birgit Neubert sehr am Herzen liegt, dem Nachwuchs einen geregelten Tagesablauf zu ermöglichen. An den Nachmittagen wird zudem versucht, individuell auf die Kinder einzugehen. Dann werden die „Großen“ von den jüngeren getrennt. „Oftmals sind wir dann mit den Fahrrädern unterwegs.“ Aber auch andere Unternehmungen, beispielsweise zum Eisessen oder ins Seehäuser Waldbad, werden gemacht

Wann die Mädchen und Jungen wieder zu ihren Eltern kommen, dafür gibt es keine Prognose und hängt in erster Linie von den Erziehungsberechtigten ab, die ihre Probleme erstmal in den Griff bekommen müssten. Aber eine Mitarbeit mit und der Kontakt zu den Eltern zählt zu den wichtigsten Aufgaben des Refugium-Teams. Einmal im Monat wird zu einem Elterncafé eingeladen. „Das Motto bestimmen die Eltern“, sagt Döring, der sich jüngst über eine große Resonanz freuen konnte.