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Reiseabenteuer Nach dem Abi nach Neuseeland

Der Neukirchner Niclas Kayatz stolperte nach dem Abitur in das Abenteuer „Work and travel“ in Neuseeland - für ihn war das genau richtig.

Von Karina Hoppe 27.06.2019, 18:00

Neukirchen l Wie hat er sich auf das deutsche Brot gefreut. Und den Lachsschinken von Oma, Spekulatius und das Frikassee, das seine Tante extra mit zum Flughafen brachte. Am vergangenen Sonntag, als der Neukirchner Niklas Kayatz nach zehn Monaten „Work and travel“ in Neuseeland in Hamburg landete. Dass er aus einem anderen „Gate“ (Tor) kam als geplant, hat seine Familie und Verwandte fast beruhigt. Er ist noch der Alte, lachten sie. Niklas Kayatz, ein bisschen planlos, so „palim, palim“. Auch nach dem Abi am Osterburger Gymnasium 2018 wusste er nicht recht, was jetzt werden soll. Was einerseits an seinem Wesen, aber andererseits auch am Abitur selbst liege. „Das bereitet einen nicht wirklich auf das praktische Leben vor“, wie er rückwirkend sagt. „Es wollen ja nicht alle Anwalt und Arzt werden.“

Zum Glück wusste eine Schulfreundin genau, was sie nach dem Abi wollte, nämlich nach Neuseeland, dort für zehn Monate arbeiten und reisen. Aber nicht alleine! Wie passend, Niklas Kayatz beschloss mitzufahren. „Und von meinen Eltern war sofort support da.“ Support heißt Unterstützung - zehn Monate Englischsprechen kann man nicht in zwei Tagen ablegen. Am 28. August 2018 hoben die beiden mit dem Flugzeug ab. Von Hamburg nach Dubai, von Dubai nach Bali, von Bali nach Auckland, der mit gut 1,5 Millionen Einwohnern größten Stadt Neuseelands. Auf der Kreditkarte 2500 Euro, die es gesetzlich braucht. Die Eltern Kathrin und Silvio Kayatz machten es möglich. Fast schon vergessen, dass Niklas‘ Reiseversicherung erst zwei Tage vor dem Abflug da war. Der junge Mann hatte das verpeilt. Schnappatmung bei den Eltern, die das Unterfangen retteten.

Aber dann musste Niklas alleine. So richtig, denn bereits zwei Wochen nach der Ankunft in Neuseeland trennten sich die Wege zwischen ihm und seiner Schulfreundin. Was so nicht geplant war, das Leben aber mit sich brachte. Niklas also allein in Neuseeland. „Erst hatte ich echt Probleme damit.“ Obwohl ein sehr offener Typ, ging er nicht gleich auf die Leute zu. Einen Job zu finden, war nicht ohne. Es brauchte eine Finanzspritze von den Eltern, aber dann lief’s. „Du merkst, jetzt musst du alleine.“

Erst verkaufte Niklas Kayatz an Haustüren Ölgemälde. In zwei Wochen waren es sieben, „und ich wollte das nicht mehr“. Der Bann aber war gebrochen, Niklas Kayatz, der während der Schulzeit in Tannenkrug als Kellner jobbte, bewarb sich bei einem Catering Service. „Flame tree“ heißt er, „die machen Catering für Hochschulen“. Und der Neukirchner hatte sich bald durch seine Arbeit empfohlen. „Sie schätzen die Deutschen dort sehr als Arbeitskräfte.“ Wenn mal Luft war, habe er sich eben Arbeit gesucht. „Ich kann nicht für nichts bezahlt werden.“

Die teils zermürbenden ersten beiden Monate in Arbeitslosigkeit im Nacken, blieb Niklas Kayatz dort. Verlängerte von Monat zu Monat, der Chef und er hätten sich fast einen Spaß daraus gemacht. „Work and travel“ bedeutete für den zu der Zeit 18-Jährigen arbeiten in Auckland und an den freien Tagen Ausflüge, zum Beispiel an Traumstrände. Längst flutschte es mit den Freunden, kannte einer immer einen, der einen kennt.“

Niklas Kayatz hat die Neuseeländer schätzen gelernt, „sie sind wie 60-jährige Teenager“. So offen und sie leben ganz und gar im Jetzt, da war nicht früher alles besser“. Als aber im März auf der Südinsel Neuseelands der schlimme Anschlag auf zwei Moscheen in Christ­church war, worauf die Eltern von Niklas Kayatz sorgenvoll angesprochen wurden, habe der Neukirchner auch gemerkt, „wie sicher sie sich dort bisher fühlten und fühlen konnten“. Auch auf der Nordinsel, auf der Niklas Kayatz die ganze Zeit war, habe riesige Bestürzung geherrscht, schwor man sich aufeinander ein.

Aufs Geld bedacht, wohnte Niklas Kayatz vor allem in Hostels, immer in der günstigsten Kategorie, was häufig acht Betten in einem Raum bedeutet. „Aber das macht mir nichts aus. Meistens waren wir darin auch nur zu viert oder so.“

Neuseeland, das fünf Millionen Einwohner hat, sei sehr europäisch, „und die Wirtschaft ist auf die Backpacker angewiesen“. Die Backpacker, die Rucksackträger, wie Niklas Kayatz einer war. Neben Europäern hatte er viel mit Asiaten zu tun. Auf die „völlig andere chinesische Kultur“ ist er dabei sehr neugierig geworden. „Sie sind auch technisch so viel weiter als wir.“ Über die Monate ist aus diesem Interesse ein Studiumwunsch geworden: Sinologie, Chinawissenschaften. „In Göttingen geht das am besten, sie haben eine Partnerschule in Shanghai“ – da hat also einer Blut geleckt, was Auslandsaufenthalte angeht. Nur was kann man mit Sinologie machen? „Import, Export, und ganz viel anderes.“ Aber erstmal will und muss der nun 19-jährige seine Fahrerlaubnis machen und einen Plan B aushecken, falls es mit dem Studium nicht klappt.

Neben der Bewerberei möchte Niklas Kayatz unbedingt mit Freunden an seiner Elbe angeln. „Man sieht ja irgendwann gar nicht mehr, wie schön es hier ist.“ Der Neukirchner sieht es jetzt wieder ganz genau. Übrigens auch, dass sein kleiner Bruder sehr gewachsen ist. „Die Welt bleibt ja hier nicht stehen, nur weil man selbst weg ist.“