Stipendium Die nächsten, bitte

Paula Gitzel und Anna Dähnrich erhalten von der Stadt ein Stipendium. Später wollen die Medizinstudentinnen in Osterburg praktizieren.

Von Karina Hoppe 23.12.2019, 23:01

Osterburg l Die Kassenärztliche Vereinigung hatte bereits unterschrieben, gestern Vormittag im Büro von Einheitsgemeindebürgermeister Nico Schulz zog selbiger nach, um schließlich die Stifte in die Hände von Paula Gitzel und Anna Dähnrich zu geben. Puh! Mit ihrer Unterschrift besiegelten die beiden 19-jährigen Absolventinnen des Osterburger Gymnasiums, dass sie nach ihrem Medizinstudium nach Osterburg zurückkehren, um hier zu praktizieren. Im Gegenzug gibt‘s bis zum Ende des Studiums 700 Euro monatlich und anschließend in der knapp nochmal so lange währenden Facharztausbildung 200 Euro monatlich, also insgesamt finanzielle Stütze über rund zwölf Jahre. Theoretisch, praktisch haben beide Frauen ihr Medizinstudium bereits begonnen. Anna Dähnrich ist im dritten Semester und Paula Gitzel im ersten Semester an der Uni Rostock. Das Stipendium greift ab jetzt.

Die Stadt Osterburg kann nun im Rahmen ihres Leitbildes zur medizinischen Versorgung einen Haken hinter den Punkt „Medizinstipendienvergabe“ machen, denn zusammen mit Lena Grünthal, deren Medizinstudium seit 2017 gefördert wird, ist die Zahl der avisierten drei Stipendiaten erreicht. „Zum jetzigen Zeitpunkt noch mehr zu vergeben, wäre auch nicht sinnvoll, vielleicht ja in fünf Jahren nochmal“, sagt Schulz.

Dass sich die Frauen so früh festlegen, sehen sie nicht als Problem. „Ja, in zehn Jahren kann viel passieren, aber für mich war schon immer klar, dass ich im Alter bei den Eltern sein möchte“, sagt Paula Gitzel. Genauso wie es zum Medizinstudium für beide keine Alternative gegeben habe. Mit einem Abi-Notendurchschnitt von 1,1 konnte Anna Dähnrich gleich loslegen, während Paula Gitzel mit 1,4 aufgrund der vielen Bewerber noch zwei Wartesemester hatte. Sie nutzte die Zeit für einen Bundesfreiwilligendienst im Krankenhaus und lernte Rostock schon mal kennen.

Die Stadt Osterburg geht kein Risiko mit den Stipendien ein. Wenn die Frauen irgendwann in Osterburg praktizieren, hat sie ihr Ziel erreicht. Wenn sie sich in einer anderen ärztlich unterversorgten Region Deutschlands ansiedeln, zahlt die Kassenärztliche Vereinigung den städtischen Anteil (die Hälfte) an den 700  Euro monatlich über die ersten sechs Jahre an die Stadt Osterburg zurück. Und wenn sich die Frauen in einem anderen Bundesland niederlassen, fließt das Stipendium ohnehin an die Stadt zurück.

Wie Nico Schulz mitteilt, reagiert die Einheitsgemeinde mit der Maßnahme auf einen Hilferuf aus der hiesigen Ärzteschaft aus dem Jahr 2016. „Insbesondere bei den Fachärzten sah es da richtig düster aus, da war der Altersdurchschnitt  60.“ Und düster ist es auch jetzt noch, hat doch gerade erst die langjährige Osterburger Gynäkologin Ilsabe Mewes nach intensivster Suche ohne Nachfolger in den Ruhestand gehen müssen, um nur ein Beispiel zu nennen.

Um so wichtiger, junge Leute an die Region zu binden. Mit ihrem Stipendien-Vorstoß sei Osterburg überregional in den Medien gewesen, „deutschlandweit sogar“, womit auch ein positiver Marketingeffekt für die Stadt einhergehe. Und vielleicht schaut ja doch mal ein externer junger Mediziner auf der Homepage perspektive-landarzt.de vorbei.

Die ärztliche Versorgung sei keine kommunale Aufgabe, aber zu wichtig, als dass man sich in Anbetracht der Lage zurücklehnen könne. Denn nach Essen, Trinken und einem Dach über dem Kopf stehe die ärztliche Versorgung als Grundbedürfnis weit vornan. Die drei Stipendien kosten die Einheitsgemeinde rund 100 000  Euro.

Für Paula Gitzel, Anna Dähnrich und Lena Grünthal bedeutet das Stipendium zuallererst, dass sie sich ohne Geldsorgen auf ihr Studium konzentrieren können. In diesem Jahr gab es vier Bewerber, einer ist wieder abgesprungen. In den Vorstellungsgesprächen, denen auch die Kassenärztiche Vereinigung beiwohnte, setzten sich die beiden durch, nicht zuletzt auch wegen ihres sozialen Engagements. So hatte Anna Dähnrich am Gymnasium den Schulsanitätsdienst mitaufgebaut und übernahm Paula Gitzel bereits als Schülersprecherin Verantwortung. Zur Vertragsunterzeichnung gestern erhielten die beiden auch zwei gefüllte Geschenketüten mit der Aufschrift „Willkommen in Osterburg.