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Trick 17 Tropisch muss es sein: Gärtner aus Werben fährt Gurkenernte seines Lebens ein

Einst als Gartenbauingenieur bei der LPG Wischeobst beschäftigt, ist Werner Eifrig heute Rentner, der das Tüfteln nicht lassen kann. Mit 73 Jahren fährt der Werbener die wohl beste private Gurkenernte ein, die er je hatte. Das hat mit vielen Eimern, Noppenfolie und „Saladin“ zu tun.

Von Karina Hoppe 15.06.2021, 15:49
„Gewächshaus im Gewächshaus“: Jetzt stimmt die Konstruktion und Werner Eifrig aus Werben kann den Salatgurken fast beim Wachsen zusehen.
„Gewächshaus im Gewächshaus“: Jetzt stimmt die Konstruktion und Werner Eifrig aus Werben kann den Salatgurken fast beim Wachsen zusehen. Foto: Karina Hoppe

Werben - Das Gewächshaus hat etwas von einem dieser vergessenen Orte. „Lost Places“ werden sie genannt. Orte, die mit morbidem Charme davon zeugen, dass sie früher mal voller Leben waren. In Bezug auf die ehemalige LPG-Gärtnerei Werben war Werner Eifrig sogar Teil dieses Lebens. „Wir waren im Kreis Osterburg der größte Treibgemüseanbauer.“ Es schwingt auch etwas Wehmut mit, wenn Eifrig das sagt. Aber nicht viel, nicht bei der Gurkenernte, die er gerade einfährt.

Nichts geht über „Saladin“

Ehrensache, dass Eifrig die Pflanzen selber groß zog. „Ich habe wirklich viel ausprobiert, aber ich komme immer wieder auf die alte DDR-Sorte Saladin zurück, sie ist robust, sie ist die beste.“ Die Saat muss also stimmen und es brauche eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit. „Es muss richtig tropisch sein für Salatgurken.“ Doch wie diese Tropen herstellen in einem nicht mehr genutzten Gewächshaus mit 1500 Quadratmetern Fläche? Ein Gewächshaus im Gewächshaus bauen! Eifrig machte sich ran und trennte mit großer Noppenfolie noch mal ein Zelt im Gewächshaus ab. Den Eingang muss man fast suchen, so gut ist die Gurkenbude verschlossen. Gestern Vormittag war es darin aushaltbar. „Wenn es aber draußen heiß ist, bist du einmal komplett nass, wenn du wieder raus bist.“ Genauso soll es sein.

Die Gurkenpflanzen wachsen auf Dämmen aus Komposterde und Pferdemist. Eifrig friemelte ein Band um jede Pflanze und fixierte es an mannshoch gezogenen Drähten. „Und dann, immer wenn die Pflanze wieder zehn Zentimeter gewachsen ist, muss man sie um das Band herumlegen, das macht sie nicht von selbst“, erklärt Eifrig. Sind die Pflanzen 30 Zentimeter über Drahthöhe gewachsen, werden sie drei Mal horizontal um selbigen gewickelt. „Ab dann bildet die Pflanze vermehrt Seitentriebe.“ Zig volle Wassereimer stehen zu Füßen der Gurken. „Das ist ein alter Trick.“ Wenn es kalt wird, gibt das Wasser Wärme ins Zelt ab. Wenn es heiß ist, verdunstet das Wasser und erhöht die Luftfeuchtigkeit. Dazu gießt Eifrig noch eifrigst. „Aber ich spritze überhaupt nichts. Kommt ein Pilz oder die Rote Spinne, fällt die Ernte eben aus. Was nicht wächst, muss ich nicht ernten.“ Als Hobby-Gärtner setze sich Eifrig ganz sicher keinem Druck mehr aus. Um so schöner, wenn’s dann trotzdem klappt. Im Moment gibt’s quasi jeden Tag Gurkensalat, nicht nur bei ihm. „Wir verschenken auch viel.“ Und ein Teil geht ins Blumengeschäft der Tochter.

Eifrig stammt aus dem Raum Grimma, „von zu Hause kenne ich Gurkensalat mit Milch oder Sahne“. Seine Frau Ingrid bereite ihn meist mit Zwiebeln zu, dazu wohl Essig, Zucker, Salz, Petersilie. „Was da eben alles so rankommt, Dill haben wir gerade nicht.“

Einmal Gärtner, immer Gärtner. Dabei war der Beruf für Werner Eifrig so etwas wie ein Notnagel. Da seine Eltern in der Landwirtschaft waren, in einer Schweinezuchtanlage arbeiteten, sollte auch er sich von Staats wegen einen landwirtschaftlichen Beruf wählen. „Aber mit Tieren kann ich gar nicht umgehen, ich hab auch Angst vor Pferden und so.“ Die Gärtnerausbildung kam ihm deswegen gerade recht. „Es war eine tolle Lehre in einem wunderbaren kleinen Betrieb.“ Zu klein, hat der Meister gesagt. „Du musst in die Welt, wenn was aus Dir werden soll.“ So arbeitete Eifrig zunächst in der Baumschule eines Erfurter Samenzuchtbetriebs, das Studium an der Fachschule für Gartenbau schloss sich an. Eifrig lernte seine spätere Frau aus Biesenthal (Bismark) kennen und sie wollte wieder in die Heimat zurück. „Ich wäre auch gerne in Erfurt geblieben.“ Mit dem Job in Werben war auch ein „Wohnungsversprechen“ verbunden. „Das waren ja damals noch ganz andere Zeiten.“

Immer mal wieder Kaufinteresse

Bald nach der Wende konnte Eifrig die alte Gärtnerei kaufen, viele Jahre bewirtschaftete er sie noch privat, zog und verkaufte Jungpflanzen an Gärtnereien. Stiefmütterchen, Primeln, Geranien, Tomaten, Gurken, Sellerie, Porree, „alles, was dazu gehört“. Doch das ist lange her.

Heute ist Werner Eifrig ein Hobbygärtner mit einem riesengroßen Gewächshaus. Es frage immer mal wieder jemand nach, ob er das Objekt kaufen kann, aber Werner Eifrig lehnt ab. So lange wie er gesund ist, behalte er die Scholle. Aktuell probiert sich auch die Werbener Initiative „Zukunft pflanzen“ darauf aus. „Wenn Leute engagiert sind, muss man das fördern, finde ich.“

Zig Wassereimer unter den Gurkenpflanzen sorgen für Luftfeuchte.
Zig Wassereimer unter den Gurkenpflanzen sorgen für Luftfeuchte.
Foto: Karina Hoppe
Der Mittelgang des Werbener Gewächshauses, das in den 1980 Jahren mit verzinktem Stahl rekonstruiert wurde und  grundsätzlich gut in Schuss ist.
Der Mittelgang des Werbener Gewächshauses, das in den 1980 Jahren mit verzinktem Stahl rekonstruiert wurde und grundsätzlich gut in Schuss ist.
Foto: Karina Hoppe
„Töppe satt“: Wenn Werner Eifrig eines hat, dann Pflanzentöpfe.
„Töppe satt“: Wenn Werner Eifrig eines hat, dann Pflanzentöpfe.
Foto: Karina Hoppe