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Amtsgericht Einbruch beim Reichsbürger

Zwei Salzwedeler brachen in die Wohnung eines im Gefängnis sitzenden Reichsbürger ein und wollten die Waschmaschine mitnehmen.

Von Alexander Rekow 03.12.2019, 14:00

Salzwededel l Wohnungseinbruch, damit muss sich das Salzwedeler Amtsgericht hin und wieder beschäftigen. Dass bei einem Reichsbürger eingebrochen wird, hingegen nicht. Doch genau darum ging es kürzlich in einer von Richter Klaus Hüttermann geführten Verhandlung.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft warf einem 30- und einem 34-jährigen Salzwedeler vor, am 4. November vergangenen Jahres nachts um halb eins die Wohnungstür eines verurteilten Reichsbürgers in einem Mehrfamilienhaus eingetreten zu haben um dessen Waschmaschine zu stehlen. Der Bestohlene gehört mutmaßlich zur Salzwedeler Reichsbürgerszene, der im Oktober 2016 ein Beil auf SEK-Beamte geworfen hatte, die seine Wohnung wegen des Verdachts auf Rauschgiftbesitz stürmten. Der verurteilte Mann sitzt seit Mai 2018 in Haft.

Etwas lax gekleidet nahmen die beiden Männer auf der Anklagebank Platz und hörten sich den Vorwurf der Anklage an, um anschließend ihre Erklärung für die Tat zu liefern. „Das ist alles richtig, aber wir wollten nichts rauben“, versicherte der 30-Jährige. Denn er kenne den Wohnungsinhaber und habe einen Schlüssel zu dessen Wohnung bekommen, um Pflanzen zu gießen. Und genau dieser Schlüssel habe an der Wohnungstür nicht mehr funktioniert. Deshalb habe der 30-Jährige die Tür eingetreten. „Ich wollte die Waschmaschine vor Räubern schützen“, erklärte er. Deshalb wollte er diese in seinen Keller transportieren. Außerdem sei das Gerät dass einzige, was in der Wohnung noch gestanden hätte. „Ich wollte nichts Böses“, bekräftigte er mehrmals. Er habe Panik gehabt, dass eventuell eingebrochen worden sei.

Doch die Wohnung war durch das SEK gestürmt worden, machte Richter Klaus Hüttermann klar. Inklusive des Aufbohrens des Schlosses. „Wenn die Wohnung versiegelt war, sieht es böse für Sie aus“, sagte der Richter.

Ob der 30-Jährige einen Auftrag dafür vom inhaftierten Reichsbürger bekam, wollte die Amtsanwältin wissen. „Ja, da war wichtiger Kram von ihm“, meinte der 30-Jährige: „Ich dachte, die, die die Wohnung aufgebohrt haben, sind nicht fertig geworden.“

„Seitdem ist ein halbes Jahr vergangen“, erinnerte der Richter. Einen möglichen Einbruchsversuch, wie ihn der 30-Jährige erklärte, hielt Hüttermann für „kindisch“.

Um Klarheit in das Geschehen zu bringen, war ein Polizist als Zeuge geladen. Er erinnerte sich gut daran, dass er auf die Täter stieß. „Was soll das um die Uhrzeit?“, fragte er sich, als die beiden Männer die Treppe vom Wohnblock mit der Maschine herunter kamen. Die beiden hätten ihm gesagt, dass sie im Auftrag des Wohnungsinhabers handeln, da dieser in der Justizvollzugsanstalt sitze. Der Schlüssel zur Tür des Mehrfamilienhauses habe auch gepasst. An der Wohnungstür aber nicht, da diese aufgebohrt wurde. Also mussten die beiden die Waschmaschine wieder nach oben in die Wohnung bugsieren. Zudem wurde das Ordnungsamt angefordert.

In der Wohnung selbst habe die Polizei noch Schriftverkehr und Bekleidung des Mieters gefunden. Möbel waren keine mehr da.

Unterdessen fiel Richter Klaus Hüttermann auf, dass mit den Augen des entspannt dasitzenden 34-jährigen Angeklagten etwas nicht stimme. Der als Zeuge geladene Polizist bestätigte den Verdacht: „Die Pupillen sehen merkwürdig aus.“ Da der 34-Jährige sich schon mehrfach wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verantworten musste, fürchtete der Richter, dass der Angeklagte unter Drogen stehe und der Verhandlung eventuell nicht folgen könne. Doch dieser hatte eine Erklärung parat: „Ich nehme Schmerztabletten.“ Er habe er sein Drogenproblem erkannt, befinde sich in Therapie und sei zudem nur durch Zufall vor Ort gewesen und hätte beim Tragen mit angefasst, wie der 30-Jährige beteuerte.

Da beide Angeklagten keiner Arbeit nachgehen, – „da ist nichts zu holen“, so der Richter – und obendrein nicht zweifelsfrei feststellbar war, ob sie wirklich etwas stehlen wollten oder im Auftrag handelten, stellte Klaus Hüttermann das Verfahren „wegen geringer Schuld“ ein. Nicht aber ohne dem 34-Jährigen ins Gewissen zu reden, da diesem noch eine Verhandlung im nordrhein-westfälischen Hagen bevorstehe: „Sie stehen mit dem Rücken zur Wand.“ Die Tat in Hagen wiege schwerer. Dieses mal sei es noch „glücklich“ ausgegangen, so Richter Klaus Hüttermann.