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Ausbildungsmarkt Tatendrang und Tastenkraft

Bau oder doch ins Büro? Für viele Lehrlinge hat die Ausbildung begonnen. Doch was treibt sie in Salzwedel an und warum genau diese Lehre?

Von Alexander Rekow 03.08.2019, 04:00

Salzwedel l Helm auf, Schippe in die Hand und los. An der Kreuzung zum Chüdenwall geht es mächtig zur Sache. Der Regenwasserkanal zur Jeetze wird fertiggestellt, eine Gasleitung umverlegt und die Trinkwasserleitung angeschlossen. Zwischen großen, braungebrannten Bauarbeitern und dem mächtigen Bagger steht ein eher zierliches Mädchen. Sarah Giese (15) aus Kemnitz muss auf der Baustelle an der Altperverstraße kräftig mit anpacken. Und diese Ferienaufgabe hat sich die Schülerin der Lessing-Ganztagsschule selbst ausgesucht.

Am 1. August startete das Ausbildungsjahr auch im Altmarkkreis. Zahlreiche Lehrlinge standen erstmals bei ihrem Arbeitgeber auf der Matte. Doch wie sieht es aus mit der Lehrstellensuche? Welche Jobs sind begehrt? Und wo fehlt Firmen der Nachwuchs?

„Ich weiß noch nicht genau, was ich werden möchte“, erzählt die 15-jährige Sarah. Nach den Ferien kommt sie in die 10. Klasse. Dann muss sie Bewerbungen schreiben. Eine Vorstellung der Firma Galeiwa an ihrer Schule brachte sie auf die Idee, bei den Baufachleuten ein Praktikum zu machen. „Und es macht mir Spaß. Eigentlich bin ich kein Frühaufsteher, aber hier klappt es“, berichtet sie, dass sie um 6 Uhr auf der Baustelle sein muss. Dort erledigt sie anfallende Helfertätigkeiten und schaut zu, wie die Erdarbeiten verrichtet werden.

Die Hitze der vergangenen Tage habe ihr nicht viel ausgemacht. „Wir haben Pausen gemacht und viel getrunken“, berichtet Sarah, die sich nun auch vorstellen kann, eine Ausbildung im Baubereich zu beginnen. Auch wenn sie zugeben muss, dass sie nach der anstrengenden Arbeit ganz schön müde sei. „Aber ich mache das lieber, als den ganzen Tag in einem Büro zu sitzen.“

„Ich war auch überrascht“, sagt ihr Vorarbeiter Frank Große. „Aber ich finde es richtig gut, dass das Mädchen so ein Interesse zeigt.“ Drei Wochen ist Sarah dabei, ein Facharbeiter immer an ihrer Seite. „Das funktioniert“, ist Frank Große überzeugt.

Hendrik Galeiwa (38) ist bei der Baufirma für die Ausbildung der Lehrlinge zuständig. „Es wird schwerer“, bestätigt der 38-Jährige, dass es nicht mehr so einfach ist Auszubildende zu finden. Fünf Azubis – darunter auch ein Abiturient – lernen in seinem Betrieb Straßenbauer. „Das ist die beste Möglichkeit für uns Nachwuchs zu gewinnen“, weiß er auch vom Fachkräftemangel in seiner Branche. Und derzeit gebe es einen Bauboom. „Wir können nicht klagen“, betont Galeiwa.

Auch dem DevLabor, einer Programmierungsfirma in Salzwedel, sind Klagerufe fremd. Für ihre deutschlandweiten Aufträge brauchen die Geschäftsführer Jeffrey Reichard und Benjamin Ullrich Personal. Doch junge Fachkräfte in der Branche zieht es eher in die Metropolen. „Deshalb bilden wir selbst aus“, sagt Jeffrey Reinhard. Schließlich will nicht jeder nach Berlin oder Hamburg. Derzeit absolvieren vier Auszubildende ihre Lehre in der Firma. Einer im dritten Lehrjahr, einer im zweiten und nun zwei neue, die am 1. August ihren ersten Tag hatten. Eine davon ist die 19-jährige Johanna Raguse aus Bergen-Dumme. Sie hat ihre Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagment begonnen. Sie ist glücklich, dass sie in Salzwedel eine Lehrstelle in einem jungen aufstrebenden Unternehmen bekommen hat. „Ich bin das Bindeglied zwischen den Programmierern und dem Projektmanagment“, weiß sie.

Dafür fährt sie täglich mit dem Eltektrorad aus Niedersachsen in die Hansestadt. „Das dauert etwa 40 Minuten.“ Doch damit ist es bald vorbei, sie macht derzeit ihre Fahrerlaubnis.

Die macht auch der zweite Neu-Lehrling, Maximilian Flechtner (17). Er hat seine Ausbildung als Fachinformatiker im DevLabor begonnnen. „Ich habe mich schon immer für Computer intrressiert“, erzählt er. Vor einigen Jahren war Jeffrey Reinhardt in Arendsee an seiner damaligen Schule für ein Projekt. „Da hat er mir seine Visitenkarte gegeben.“ Es folgten mehrere Praktikas, die Maximilian in seiner Entscheidung bestätigten: „Dort wollte ich arbeiten.“ Auch er schwärmt vom jungen Team in modernen Räumen: „Hier ist es einfach cool.“ Dafür fährt er gern mit dem Bus aus Leppin nach Salzwedel. Alles in der Hoffnungs, dass er später in eine Festanstellung übernommen wird.

Das tat auch der letzte Azubi, der nun gelernter Programmierer ist und übernommen wurde. Und dadurch, dass IT-Firmen im Altmarkkreis nicht wie Sand am Meer gesät sind, fühlen sich Jeffrey Reinhard und Benjamin Ullrich in Salzwedel „konkurrenzlos glücklich.“ Genau dazu tragen ihre Auszubildenden bei.