Kaffeegarten Blasen vom Eiskugel-Schöpfen
Seit 30 Jahren gibt es die Kultkneipe Kaffeegarten in Arendsee. Sie lockt viele Besucher an, auch am Dienstag, als „Bordstein“ aufspielte.
Arendsee l Generationen von Altmärkern sind mit Charleys Kaffeegarten groß geworden und feierten so manche Nacht durch. Grund genug, um einen Blick in die Vergangenheit der Kultkneipe zu werfen.
Der Arendseer Kaffeegarten feierte im Juni dieses Jahres seinen 30. Geburtstag. In den Gemäuern der Kultkneipe ist in den vergangenen Jahrzehnten viel passiert.
Dietmar „Charley“ Schramm hatte die Immobilie, die zuvor als Café des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) geführt wurde, Mitte der 1980er Jahre übernommen. Umfangreiche Erfahrungen hatte der gelernte Koch zuvor im Bereich der Gastronomie gesammelt. Sein Weg führte ihn 1964 von Magdeburg, wo er im Restaurant Stadt Prag gearbeitet hatte, nach Arendsee. Hier war er zuerst im Berliner Hof tätig und wechselte anschließend in den Altmärker Hof. In letzterem war er dann 20 Jahre lang Küchenchef gewesen, bevor er sein berufliches Leben voll und ganz dem Kaffeegarten widmete. Mit einem Lächeln blickt er auf die Anfänge der Kultkneipe zurück und erzählt: „Als ich das Café übernommen habe, war da nichts mehr drin gewesen. Wir haben improvisiert und mussten erfinderisch sein. Den Biertresen habe ich von einem Bekannten geschenkt bekommen, der stand bei ihm in der Scheune und hatte nicht einmal eine Kühlung. Wir haben auf die Fässer Eis gelegt, damit die Trinktemperatur einigermaßen stimmte.“ Es gab auch keine Sitzmöglichkeiten. So wurden die Bänke aus Dachlatten selbst gezimmert.
Nach der Eröffnung brummte der Laden, den er gemeinsam mit seinen zwei Töchtern Sylvia und Kathrin schmiss. „Wenn wir aufgemacht haben, standen die Menschen Schlange an beiden Eingängen“, erzählt Kathrin Schramm und fügt dem noch hinzu, dass sie „Blasen an den Händen hatte vom vielen Eiskugelschöpfen für die zahlreichen Eisbecher, die im Sommer von den Gästen bestellt wurden.“ Der Kaffeegarten war zu dieser Zeit oft so voll, dass es keine Sitzplätze mehr gab und die Besucher auf dem Rasen oder auf den Müllkübeln Platz nahmen. Abends gab es meist Musik von einer kleinen Kapelle oder es wurden Platten aufgelegt. Auch war der Kaffeegarten damals noch das ganze Jahr über fast täglich geöffnet. Im Winter war es zwar etwas ruhiger, aber auch dann verweilten Kurgäste und Besucher in Arendsee, sodass sich das Geschäft lohnte.
In den vergangenen Jahren traten zahlreiche Bands wie Kirsche & Co., Nachdurst, Mother Goose, Celtic Chaos, Vehikel, Past sowie die Stammtischprolls in der Kultkneipe auf und zogen Musikliebhaber der unterschiedlichsten Genres an.
Zur Hausband zählt bis heute Bordstein, die am Dienstagnachmittag unter dem Motto „Rockt den Weihnachtsspeck weg“ ein Konzert im Kaffeegarten gegeben hat. Auch Frontmann Karsten Döpelheuer schwelgt in Erinnerungen und erzählt, dass der Band 1997 nach einem Auftritt hier der gesamte Autoanhänger, inklusive Equipment, gestohlen worden war. Einige Zeit später tauchte der Anhänger wieder in Gollensdorf, in der Nähe von Groß Garz, auf. „Es waren allerdings alle Verstärker-Boxen inklusive der zugehörigen Kabel weg. Aber die Diebe hatten zum Glück eine nagelneue Gitarre liegen lassen“, erzählt er schmunzelnd. Die Bordsteine hatten während ihrer Laufbahn mindestens 30 Auftritte im Kaffeegarten, sogar schon als Schülerband, noch unter dem Namen Dorfrock. Seit elf Jahren beteiligen sich die Betreiber des Kaffeegartens außerdem an dem Festival Rockt den See, das immer gut besucht ist.
Der Familienbetrieb wurde, nachdem Charley Schramm Anfang 2007 in Rente gegangen war, für sieben Jahre verpachtet. Seit April 2015 befindet sich der Kaffeegarten in der Hand von Tochter Kathrin Schramm, die regelmäßig Veranstaltungen und Konzerte organisiert. Und auch Charley Schramm kommt des Öfteren noch vorbei, auf einen Besuch in „seinem Kaffeegarten“.