Hähnchenmast Dambeck: Einstimmiges Votum für Klage gegen Behörde "Das ist ein taffer Stadtrat"
Soll die Stadt gegen das Landesverwaltungsamt klagen oder nicht? Diese Frage stand gestern in einem Sonderstadtrat zur Hähnchenmast Dambeck zur Debatte. Die Ratsmitglieder entschieden einstimmig für die Klage.
Salzwedel l Die Stadt Salzwedel wird gegen das Landesverwaltungsamt klagen. Das ist das Ergebnis eines Sonderstadtrates gestern Abend im Salzwedeler Ratssal. Die Behörde hat das gemeindliche Einvernehmen für den Bau einer Hähnchenmastanlage in Dambeck ersetzt. Der Stadtrat hatte es zuvor versagt. Dagegen will sie nun klagen und zeigen, dass nicht die Entscheidung des Stadtrates, sondern die des Landesverwaltungsamtes rechtswidrig gewesen ist. Aber nicht nur die Stadt will sich gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsamtes wehren. Auch der Dambecker Bert Dieterich strebt eine Klage an.
Die BI sagt Danke:
Vor Beginn der Stadtratssitzung hatten Vertreter der Bürgerinitiative gegen die Hähnchenmastanlage in Dambeck protestiert. Sie warben mit Transparenten und Plakaten für eine Klage. "Wir wollen zeigen: Ihr wagt etwas, aber wir auch", erklärte BI-Sprecher Holger Thiel. Denn die Bürgerinitiativler wollen den Dambecker Bert Dieterich bei seiner Klage unterstützen. Der 39-jährige Familienvater wohnt nicht mehr als 400 Meter von der geplanten Anlage entfernt. Für die Klage sammelt die Bürgerinitiative Geld und hat schon ein Spendenkonto eingerichtet. Holger Thiel: "Es wird im ganzen Stadtgebiet stinken, von Dambeck bis Osterwohle." Grund: Der Hühnerkot werde in der Umgebung ausgebracht. Bei der BI ist der Eindruck entstanden, dass die Behörde die Dambecker Hähnchenmast "vom Tisch haben" wollte. Dieterich und BI sehen jedoch Fehler beim Brand- und Immissionsschutz, auf die sie ihre Klage aufbauen wollen. "Und wenn wir gewinnen, wird es im nächsten Jahr ein großes Dorffest in Dambeck geben", kündigte der BI-Sprecher an, der sagt, "das ist ein taffer Stadtrat."
Die Argumente der Stadt:
Die Stadtverwaltung hingegen erachtet das Ersetzen des Einvernehmens als rechtswidrig. Sie sieht gute Chancen auf Erfolg, weil aus ihrer Sicht das Landesverwaltungsamt sowohl inhaltliche als auch formelle Fehler begangen habe, geht aus der Beschlussvorlage hervor. Bei ergänzenden Gutachten zur Geruchsbelastung sei die Stadt nicht beteiligt worden, lautet einer der Vorwürfe. Außerdem würden mit dem Bau gesetzlich geregelte Grenzwerte zur Geruchsbelastung überschritten. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit gab es gestern Abend weitere Informationen, ehe öffentlich abgestimmt wurde - alle 31 anwesenden Stadträte waren für die Klage. "Danke!", tönte es danach aus den Reihen der BI-Mitglieder und betroffenen Anwohner, die die Zuschauerplätze im Ratssaal besetzten.
Das Risiko:
Nicht ausgeschlossen ist allerdings, dass die Stadt mit der Klage in die Rechte Dritter eingegreift. Daraus könnten sich Haftungsansprüche gegen die Stadt ergeben, heißt es in der Beschlussvorlage. Die Verwaltung schätzt das Prozesskostenrisiko je nach gerichtlicher Streitwertfestsetzung auf zirka 6000Euro.
Im Fall einer Putenmastanlage bei Roxförde (Gardelegen) war dem Investor Schadenersatz zugesprochen worden, weil durch jahrelange Rechtsstreitigkeiten der Bau verzögert worden war. Gewinnausfälle folgten. Dazu Holger Thiel: "Roxförde und Dambeck kann man nicht vergleichen." In Roxförde war bereits mit dem Bau begonnen worden. Ein vorzeitiger Maßnahmebeginn war in Dambeck jedoch nicht genehmigt worden.
Behörde sieht sich verpflichtet:
Das Landesverwaltungsamt sei an Gesetze gebunden, betonte gestern die Pressesprecherin der Landesbehörde, Denise Vopel, auf Volksstimme-Nachfrage. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, müsse sie genehmigen. "Dazu ist die jeweilige Genehmigungsbehörde verpflichtet", betonte Denise Vopel. Klagen gegen die Behörde habe es vereinzelt schon gegeben, erfolgreich seien Kommunen gewesen, wenn formelle Fehler nachgewiesen worden seien, etwa Fristen nicht eingehalten wurden.
Zum Hintergrund:
Die Diskussionen um die geplante Anlage gibt es bereits seit 2009 (siehe Infokasten: Chronologie). Ein Investor beabsichtigt in Dambeck eine Hähnchenmastanlage mit 160000Tierplätzen zu errichten. Dafür muss ein entsprechendes Genehmigungsverfahren durchlaufen werden, innerhalb dessen Träger öffentlicher Belange ihre Bedenken und Einwände vorbringen können. Das hat auch die Stadt Salzwedel genutzt.
Dambeck heute im Fernsehen
Auch ein mdr-Fernsehteam war gestern vor Ort. Der Beitrag wird heute ab 16Uhr in der Sendung "Hier ab vier" ausgestrahlt, hieß es.
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