Helmut Bach führt Buch über die Adebare im Ort Der Storchenvater von Hagenau
In wenigen Tagen ist es wieder soweit - die Störche machen sich auf den Weg von der Altmark in ihr Winterlager im Süden. Für Helmut Bach immer ein besonderer Moment, beobachtet er doch seit 20 Jahren die Vögel vor seiner Haustür.
Hagenau. "Ich bin sehr zufrieden mit diesem Jahr", sagt Helmut Bach beim Blick auf das Storchennest. Drei Jungvögel sind in diesem Jahr in Hagenau geschlüpft. "Ein Küken ist auf der Strecke geblieben, aber drei ist immer noch ein guter Schnitt im Vergleich mit den vergangenen Jahren", erzählt Bach. Seit 20 Jahren beobachtet der gebürtige Osterburger den Horst im Ort. Ende der 1980er Jahre landete der erste Storch auf dem Strommast mitten im Ort. "Störche suchen die Nähe zu Menschen", erklärt der Hagenauer Storchenvater. Doch gerade in den ersten Jahren wurde die Standortwahl des Vogels zu einem Problem. Immer wieder fielen Äste aus dem Nest in die Stromleitungen und sorgten damit für Dunkelheit im ganzen Ort. "Auch für das Tier selbst war das natürlich gefährlich", erzählt Helmut Bach. Doch statt den Storch zu vertreiben, entschied man sich in Hagenau, die Leitungen kurzerhand in die Erde zu legen und den zehn Meter hohen Mast als Nisthilfe stehen zu lassen. Lediglich eine zusätzliche Stütze wurde am Mast befestigt, um die Nest zu stabilisieren und ein Abstürzen zu verhindern.
Streit um das Nest
Für die Vögel sicher eine gute Entscheidung, denn im Gegensatz zu vielen anderen Nestern der Umgebung ist der Hagenauer Horst in jedem Jahr belegt. "Im Frühjahr streiten sich oft bis zu fünf Tiere um das Nest. Da geht es manchmal richtig heftig zur Sache." Warum ausgerechnet dieser Standort so beliebt bei den Tieren ist, weiß Helmut Bach auch nicht genau. "Vermutlich liegt es daran, dass die Vögel dort zu allen Seiten die Möglichkeit zum Abflug haben, ohne Bäumen ausweichen zu müssen", sagt Helmut Bach, dessen Haus direkt neben dem Nest steht. Sorgfältig führt er Buch darüber, wann die Störche kommen, wie viele Jungen sie bekommen und wann der Abflug Richtung Süden beginnt. "Meist kommen sie in der ersten Aprilwoche." Es kam aber auch schon mal vor, dass die Störche erst im Mai einflogen. "Dann fangen sie aber gar nicht erst mit dem Brüten an, weil die Zeit einfach nicht reicht", erzählt Bach. In diesem Jahr aber lief alles gut.
In wenigen Tagen werden die Störche Hagenau verlassen um in ihr Winterquartiere nach Israel und Afrika zu ziehen. "Jetzt, wo die Jungtiere fliegen können, sind sie den ganzen Tag auf den Wiesen, um sich dort für die lange Reise zu stärken." Mit dabei in Hagenau ist in diesem Jahr auch erstmals ein beringter Storch. Normalerweise könne man die Tiere nicht unterscheiden, doch der Ring mache das möglich. "Ich habe in der Beringungszentrale auf Hiddensee angerufen und die haben mir gesagt, dass der Storch 2007 in Rhinow im Havelland gekennzeichnet wurde. Das ist schon interessant, so etwas mal herauszufinden", erzählt Helmut Bach. Die Vögel kehren demnach nicht jedes Jahr an den gleichen Ort zurück. Unterstützung erhält der Storchenvater auch vom Naturschutzbund. Jedes Jahr kommen Helfer zum Zählen der Eier und zum Reinigen des Nestes. "Die Störche bauen in jedem Jahr etwas am Nest dazu und benutzen dafür auch schon mal Plastikbecher oder anderen Müll ", sagt Bach.
Guter Sommer
Vor einigen Jahren musste deshalb auch das komplette Nest abgenommen werden. Der Horst hatte einen Durchmesser von zweieinhalb Metern, war einen Meter hoch und wog 400 Kilogramm - so viel wie acht volle Getreidesäcke. "Wir brauchten einen Kran, um das Nest zu bewegen", erinnert sich Helmut Bach.
Auch der aus menschlicher Sicht eher mäßige Sommer scheint den Störchen gefallen zu haben. "Im Juni, als die Küken noch sehr klein waren, war es mild und durch die Feuchte jetzt gibt es genug Nahrung auf den Wiesen", erklärt der Storchenvater. Für die erfolgreiche Aufzucht der Jungvögel dürfe es weder zu kalt noch zu warm sein. In den vergangenen 20 Jahren gab es nur fünf Mal keinen Nachwuchs in Hagenau. "Eine gute Bilanz", findet Helmut Bach. Dennoch sei der Storchenbestand noch immer nicht groß. 2007 starb beispielsweise ein großes Männchen, nachdem es in eine Hochspannungsleitung geflogen war. Zudem überstehen bis zu 30 Prozent den Flug ins Winterquartier nicht.
Um in der Bevölkerung für Aufmerksamkeit für die Vögel zu sorgen, hat Bach unterhalb des Nestes auch Informationstafeln angebracht. Dort ist die genaue Auflistung der Störche aus den vergangenen Jahren zu sehen sowie Information über die Lebensweise und Flugrouten der Tiere. "Viele Radfahrer halten hier extra an, um die Tiere zu sehen und sich die Tafeln durchzulesen." Seit einigen Jahren gibt es an der alten Mühle auch noch einen zweiten hergerichteten Nistplatz in Hagenau. Doch die Störche sind offenbar wählerisch und haben den neuen Standort noch nicht akzeptiert. "Um dieses Nest streiten sie sich und das andere lassen sie links liegen. Vielleicht ist den Tieren dort einfach zu wenig los", sagt Bach grinsend. Vielleicht klappt das ja im neuen Jahr, wenn sich der diesjährige Nachwuchs selber einen Platz zum Nisten suchen muss.