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Manchem Betrieb in der Altmark droht angesichts Nachwuchsmangels und Preisdrucks langfristig das Aus Düstere Aussichten für traditionelle Bäcker

Von Alexander Walter 27.09.2013, 03:09

Die traditionellen Bäcker in der Altmark haben es immer schwerer, gegen die industrielle Konkurrenz zu bestehen. Bäcker Matthias Bock gewährt einen Blick hinter die Kulissen.

Salzwedel l Wenn Matthias Bock morgens die Türen seiner Bäckerläden öffnet, dann scheint die Welt wenigstens hier noch in Ordnung. Ein Glöckchen über der Tür begrüßt die Kunden. Im Verkaufsraum nimmt der schwere Duft selbstgebackener Brote die Gäste in Empfang. Man kennt den Verkäufer und natürlich kennt er auch die Menschen, Zeit für ein nettes Wort gehört da selbstverständlich zum Geschäft. Es ist ein Stück heile Welt, das es zum Glück immer geben wird - so möchte man jedenfalls glauben.

Doch das Bild der heilen Welt, das viele Kunden heute noch in den Läden ihrer traditionellen Bäcker antreffen, hat Risse bekommen. Längst ist das Handwerk auch in der Altmark in Bewegung geraten und die Richtung weist eindeutig nach unten.

"Für die Zukunft sehe ich schwarz", sagt auch Matthias Bock, selbstständiger Bäcker aus Winterfeld mit Filialen in Salzwedel, Beetzendorf und Kuhfelde. Das habe gleich mehrere Gründe. Zum einen fehle dem Handwerk in der Region zunehmend der Nachwuchs: 2006, im ersten Jahr als eigenständiger Bäcker, habe er sich aus drei Probearbeiten noch den besten Kandidaten heraussuchen können, so der gebürtige Mahlsdorfer. "Inzwischen bin ich froh, wenn sich überhaupt jemand bewirbt." Den Kollegen geht es genauso: Er kenne allein zwei Bäcker in der Region, die in fünf bis zehn Jahren aufhören wollen und wohl keinen Nachfolger finden werden, sagt der 37-Jährige. Für die Bäckergeschäfte bedeute das im Zweifelsfall das Aus.

100 Brötchen für 7 Euro

Doch was steht hinter dem Nachwuchsmangel? Die nächtliche Arbeitszeit und die geringen Verdienstmöglichkeiten seien die Hauptgründe für die schwindenden Bewerberzahlen, glaubt Bock. Die Tatsache etwa, dass ein Gerüstbaulehrling fast doppelt so viel verdient wie einer im Bäckerhandwerk, locke mögliche Interessenten für den Beruf in andere Branchen. Lohnfestlegungen wie diese seien für ihn deshalb nicht nachvollziehbar, sagt Bock. Für die Bäcker in der Altmark komme erschwerend hinzu, dass nur wenige junge Leute bereit seien, auf das Land zu ziehen oder dort zu bleiben. Und nicht zuletzt stünden durch den demografischen Wandel auch insgesamt immer weniger potentielle Bewerber zur Verfügung.

Der Nachwuchs ist allerdings nicht das einzige Problem. Die andere große Herausforderung sei der Preisdruck durch die industrielle Konkurrenz, erzählt Bock. 100 Brötchen für 7 Euro würden derzeit von einem großen Produzenten geboten. "Da können wir nicht mithalten. Deshalb müssen wir versuchen, es über die Qualität hinzukriegen", sagt der zweifache Familienvater.

Die Bäckerei von Matthias Bock und seiner Frau Sylvia hat in dieser schwierigen Gesamtlage Glück. "Wir liegen relativ weit weg von den Anbietern der Billigprodukte", sagt Bock. Vor allem Stammkunden, darunter viele Pendler, würden die Qualität seiner Brote, Brötchen und die mehrfach prämierten Kuchen seiner Frau schätzen, so der Bäcker.

Doch auch an der vergleichsweise erfolgreichen Winterfelder Bäckerei - seit 2006 hat sich der Umsatz verdoppelt - ist der zunehmende Wettbewerb um Kunden und Fachkräfte nicht spurlos vorübergegangen. "Wir sind technischer geworden", sagt Matthias Bock und legt Wert darauf, das positiv verstanden zu wissen. Denn erst das erlaube marktfähige Preise bei gleichzeitiger Abwechslung in der Produktpalette.

Um neben Großproduzenten auch die alten Backgeschäfte künftig zu erhalten, rät Bock: "Die Leute sollten bei ihrem traditionellen Bäcker kaufen." Für seinen Betrieb wünscht er sich im Moment vor allem eines: einen neuen Lehrling.