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Bei Familie Afanasew ist fast immer etwas los / Für die Eltern ist der Nachwuchs ein großes Geschenk Ein Leben mit zehn Kindern in Buchwitz

Von Christina Bendigs 21.08.2013, 03:09

Ein Leben mit zehn Kindern - das ist Familie Afanasew aus Buchwitz vergönnt. Seit dem Jahr 2000 haben Alexander und Elena Afanasew ihren Kindern das Leben geschenkt - 2013 dem ersten Mädchen.

Salzwedel l Anton, Waldemar, August, Benjamin, Wilhelm, Friedrich, Peter, Phillip, Elias und Elisabeth - so heißen die Kinder von Alexander und Elena Afanasew aus Buchwitz, die in dieser Reihenfolge seit dem Jahr 2000 das Licht der Welt erblickten. Jedes hat seine ganz eigenen Charakterzüge. "Einer ist lebendiger, einer ruhiger, einer braucht mehr Zuwendung und Aufmerksamkeit, der andere macht alles sehr selbständig", beschreibt die 36-jährige Mutter.

Die Eltern mitgezählt, könnte die Familie eine Fußballmannschaft mit Ersatzspieler stellen. Richtig ruhig wird es im Hause Afanasew erst, wenn die Kinder im Bett liegen und schlafen - immer zwei in einem Zimmer. "Wir haben da schon unsere Erfahrungen gemacht", berichtet Alexander Afanasew. "Drei in einem Zimmer, das wäre zu viel", ergänzt seine Frau Elena, da würde einiges durcheinander kommen - Schulsachen, Kleidung, Spielzeug. Doch mit zwei Kindern je Zimmer funktioniere es gut. Auch wenn es vorkomme, dass Dinge verschwinden, bei so vielen Geschwistern. "Und dann suchen alle mit", sagt Alexander Afanasew, das Familienoberhaupt.

Dass sie einmal so viele Kinder haben würden, hatten die Eheleute wohl nicht erwartet. Aber sie nehmen die Aufgabe an, und so herrscht heiterer Trubel im Haus. Beim Volksstimme-Besuch ist die ganze Familie im Wohnzimmer versammelt. Die jüngeren Kinder spielen mit Bausteinen, die älteren haben es sich auf Couch und Stühlen bequem gemacht. Eine Metalltruhe steht mitten im Zimmer. Ob der 2008 geborene Friedrich da hineinpasst? Die Buben probieren es aus. Nein, passt nicht. "Zum Glück", kommentiert Elena Afanasew.

Mit kleinen Aufgaben ihre "Energie in die richtige Richtung lenken"

Zurzeit sind alle Kinder zu Hause. Denn es sind Ferien. Damit ihre "Energie in die richtige Richtung gelenkt wird", wie es der 37-jährige Familienvater ausdrückt, erhält jedes Kind auch in den Ferien einige Aufgaben. Und die machen den Jungen sogar Spaß - sie dürfen selbst beim Ausbau des Hauses mithelfen, und damit auch beim Ausbau ihrer Zimmer. "Für Jungs ist es doch schön, wenn sie etwas Schrauben oder Pinseln dürfen", sagt Alexander Afanasew, der 1999 als Aussiedler nach Deutschland kam. Seit 2004 bewohnt die Familie das weitläufige Haus in Buchwitz. Auch das Grundstück bietet viel Platz. "Das ist doch schön", sagen die Eltern.

Und irgendwie scheint es, als seien Afanasews vom Schicksaal nach Buchwitz geführt worden, oder von Gott. Sie sind Mennoiten - eine evangelische Freikirche, die auf die Täuferbewegungen der Reformationszeit zurückgeht. Beim Ausbau des Hauses erhielten sie viel Hilfe aus der Glaubensgemeinschaft. Bis zu 30Leute werkelten am Haus mit, an dem viel gemacht werden musste, ehe es in den heutigen schönen Zustand versetzt werden konnte. Ihr Glaube gibt Halt und Orientierung: "Wir sind froh, dass wir die Bibel als Kompass für unser Leben gewählt haben", sagt Alexander Afanasew.

Ihre Verwandten leben im Großraum Bremen, und auch viele, die in den neuen Bundesländern begonnen hatten, sind inzwischen in die Altbundesländer gezogen, berichtet Alexander Afanasew. Doch er selbst fühlt sich in Buchwitz wohl. Er mag die Menschen, fühlt sich angenommen und freut sich über das Verständnis , das im Dorf herrscht. Denn bei zehn Kindern kann es auch schon mal lauter werden. Doch vor allem die älteren Leute würden das verstehen. "Wir sind auch mit so vielen Geschwistern aufgewachsen", berichtet Alexander Afanasew, was ihm die Nachkriegsgeneration oft sagt.

In der Grundschule im Perver ist die Familie bestens bekannt. Schließlich kamen die Kinder eines nach dem anderen in diese Schule. Einige haben sie schon wieder verlassen, einige werden noch folgen. In punkto Schule haben die Eltern ihren Kindern etwas wichtiges mit auf den Weg gegeben: "Die Kindheit ist eine Zeit, in der gespielt wird, aber auch eine Zeit, um vieles zu lernen." Statt später im Berufsleben eine schwere Arbeit zu haben, sollen die Kinder lieber jetzt ein bisschen mehr tun. Das verstehen sie. "Sie lernen fleißig", sagt Elena Afanasew stolz. Die Eheleute nehmen ihre Kinder als Geschenke Gottes an. "Und wir haben gedacht, wenn der Herr uns so viele Kinder schenkt, gibt er uns auch die Energie, sie zu erziehen", sagt der Familienvater. Nicht nur in der Schule sind die Kinder fleißig. Die Ältesten, Anton und Waldemar, spielen Geige und Bratsche, haben bis vor kurzem Mandoline gespielt, der 2002 geborene August spielt Klavier und Oboe, und die jüngeren fangen gerade an, erste musikalische Erfahrungen zu sammeln. Das Proben zu Hause geht der Reihe nach, Waldemar und Anton zum Beispiel üben auch oft zusammen. Und ansonsten stehen unterschiedliche Zimmer zur Verfügung, so dass die musische Ausbildung der Kinder nicht zum wilden Durcheinander für die Ohren der Eltern wird. Ihr gewonnenes Wissen können die Jungen in der Glaubensgemeinde anwenden - dort gibt es zwei Orchester, in denen sie mitwirken.

Eltern wachsen mit ihren Aufgaben: "Die Kinder kamen ja nicht alle auf einmal."

Eines ist klar: Allein schaffen es die Eltern nicht, Haus und Hof in Ordnung zu halten. Da helfen alle mit. "Wir verteilen die Aufgaben, meistens in Teams, ein großer und kleiner zusammen, oder auch allein", sagt Elena Afanasew. Während sie das Essen zubereitet, decken die Kinder den Tisch. Wenn ein weiteres Kind geboren wird, kommt Elena Afanasews Mutter nach Buchwitz, um der Familie zu helfen. Bis August erst war sie dort, nachdem Elisabeth geboren war - "die langersehnte Tochter", wie Alexander Afanasew sagt.

Ein Einkauf für die ganze Woche, wäre bei Afanasews nicht möglich und würde wohl auch die Kapazität eines Einkaufswagens übersteigen. "Wir fahren zwei bis drei Mal pro Woche", erzählt Elena Afanasew.

Und wie ist das mit dem Verreisen? Da muss doch einiges mit. Klar, dass die Familie mit zwei Autos an die Ostsee startete, wo in diesem Jahr eine Woche Urlaub auf dem Programm stand. Elena Afanasew sieht das Packen für 12 Familienmitglieder gelassen: "Die Kinder kamen ja nicht alle auf einmal." Die Eltern sind mit der Anzahl ihrer Kinder gewachsen, ebenso wie das Haus, "an dem wir immer noch anbauen können", sagt Alexander Afanasew schmunzelnd, der als Klauenpfleger tätig ist. Dass noch weitere Kinder hinzukommen, ist für die Eltern nämlich nicht ausgeschlossen. "Die größte Familie, die wir kennen, hat 21 Kinder."