1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Salzwedel
  6. >
  7. Vom Nachwuchs abgeschnitten

Friseurhandwerk Vom Nachwuchs abgeschnitten

Ein einst beliebter Beruf findet heute keinen Nachwuchs mehr. Nur 13 Auszubildende gibt es im Friseur-Handwerk in der gesamten Altmark.

29.09.2019, 02:00

Salzwedel l „Jetzt sind sie weg und werden auch nicht mehr wieder kommen“, ist Bernhard Brauer, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Altmark, die Resignation deutlich anzumerken. Mit dem laufenden Ausbildungsjahr konnte an den Berufsbildenden Schulen in Salzwedel (BSS) keine Klasse für angehende Friseure mehr gebildet werden. Dies bestätigte in dieser Woche Annerose Rohde, amtierende Schulleiterin der Einrichtung.

„Wenigsten zwölf Auszubildende hätten wir haben müssen“, berichtete Rohde. In der gesamten Altmark, also inklusive des Landkreises Stendal, kamen nicht einmal zehn neue Lehrlinge im Friseur-Handwerk zusammen. Die Zahlen, die Bernhard Brauer für die Region nennen kann, sind alarmierend, zeichneten sich allerdings in den vergangenen Jahren bereits ab.

Ganze 13 Frauen und Männer lernen gerade in der Altmark den Friseurberuf. Fünf im 1. Lehrjahr müssen für ihre schulische Ausbildung nun bis nach Magdeburg fahren. Jeweils vier weitere Auszubildende absolvieren in den Salons der Region ihr zweites oder drittes Lehrjahr. Insgesamt gibt es damit nur noch in zehn Betrieben überhaupt einen, manchmal auch zwei Azubis. „Wir bekommen kaum Bewerbungen mehr, nur ganz wenige“, sagt Evelin Kausche, Obermeisterin der Friseur-Innung Altmark West.

„Vor 20 Jahren hatten wir noch mindestens jeweils eine Schulklasse in beiden altmärkischen Landkreisen“, weiß Bernhard Brauer. Der Beruf war beliebt, rund 50 Lehrlinge wurden ausgebildet. Damals habe es auch noch einen Prüfungsausschuss für Salzwedel gegeben, berichtet der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. Nun gibt es an den Berufsbildenden Schulen der Hansestadt im Bereich Körperpflege nur noch die Kosmetikklasse. „Dort haben wir im 1. Jahr 19 Schüler“, teilt Annerose Rohde mit.

Um dem Mangel entgegen zu wirken, haben bisher auch große Werbekampagnen wenig Wirkung gezeigt. „Am 19. Oktober beteiligen wir uns wieder an der Ausbildungsmesse der Agentur für Arbeit in Stendal“, berichtet Bernhard Brauer. Daneben gebe es kleinere Messen an Schulen, bei denen sich Handwerksbetriebe aller Art vorstellen. Erst am Mittwoch war Brauer in Osterburg. „Da hatten wir nicht eine Anfrage wegen Friseuren“, stellt der Geschäftsführer niederschmetternd fest. Ein Problem sei derzeit auch, dass bei der geringen Menge an Auszubildenden kaum noch jemand da sei, der andere Jugendliche auf den Messen für dieses Handwerk begeistern könne.

Das Ergebnis dieses Mangels an jüngeren Arbeitskräften ist, dass die Betriebe schrumpfen. „Sie machen dann einfach mit weniger Mitarbeitern weiter“, sagt Bernhard Brauer. „Am Ende ist dann aber keiner da, um das Geschäft zu übernehmen, wenn ein Inhaber in den Ruhestand geht“, bilanziert er.

Als eine der größten Ursachen für den Azubi-Mangel, fast in allen Handwerksberufen, hat Brauer die immer weiter gestiegene Anzahl an Abiturienten ausgemacht. „Die Schüler fehlen dann in den Sekundarschulen“, meint der Geschäftsführer und wünscht sich ein Gegensteuern der Politik. Natürlich seien auch niedrige Ausbildungsvergütungen dafür verantwortlich, dass weniger junge Menschen Friseur werden wollen. Nach Tarif bekommt ein Friseur-Azubi in Sachsen-Anhalt im ersten Lehrjahr derzeit 325 Euro im Monat. Allerdings hat die Bundesregierung bereits im Mai einen Mindestlohn für Auszubildende beschlossen. 515 Euro soll ab 2020 für Lehrlinge im ersten Ausbildungsjahr gelten.