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Gericht Hochzeitspläne brutal zerstört

Nasenbruch, Frakturen, Zähne ausgeschlagen: Für häusliche Gewalt gegen seine Verlobte, hat sich ein Mann in Salzwedel verantworten müssen.

Von Alexander Rekow 17.12.2019, 11:00

Salzwedel l Die Anklageschrift der Vertreterin der Staatsanwaltschaft am Salzwedeler Amtsgericht klang wie aus einem brutalen Thriller: Am Nikolaustag 2018 um 23.30 Uhr soll ein Mann (50) seine Verlobte (43) im Raum Beetzendorf/Diesdorf geschubst und mit Faustschlägen traktiert haben. Dabei kniete er auf ihren Armen. Die Gewalt war derart brutal, dass die Frau nach eigenen Angaben noch heute Schmerztabletten nehme und keine 50 Prozent Sehkraft mehr auf ihrem linken Auge habe.

Die Anklageschrift sei zutreffend, gestand der 50-jährige, der seinen Wohnsitz nach Magdeburg verlagerte. So etwas sei ihm noch nie passiert. Wie es dazu gekommen war, wisse er nicht.

Richter Klaus Hüttermann zeigte Fotos des zugerichteten Opfers: „Ich habe Bilder von Toten gesehen, die nicht so schlimm aussahen.“

Die 43-jährige sei Rentnerin, nehme bis heute Schmerztabletten und befinde sich in psychologischer Behandlung, erklärte sie mit leiser Stimme und begann ihr Martyrium zu schildern. An dem Abend sei eine Freundin bei den beiden zu Besuch gewesen. „Es wurde viel getrunken“. Dann hätte sich die Freundin von ihrem Verlobten massieren lassen. „Sie sagte, sie hat Rückenschmerzen.“ Wenig später habe der Kopf der Freundin schon im Schritt ihres Verlobten gelegen und die Hände im Intimbereich, erinnerte sie sich. Daraufhin sollte die Freundin die Wohnung sofort verlassen.

Als ihr Verlobter eine Kiste Bier mitnehmen und mitgehen wollte, eskalierte die Situation. Der 50-Jährige habe sie mit der Kiste Bier gegen den Türrahmen gestoßen, wobei sie sich den Kopf gestoßen habe und zu Boden fiel. „Ich bring dich um, du Schlampe“, soll er gebrüllt haben und sich mit den Knien auf ihre Arme gesetzt haben. Fortan habe er wechselseitig mit den Fäusten ihr Gesicht traktiert. „Ich habe geschrien; ich dachte, er bringt mich um.“ Mit ihren eigenen Zähnen in der Hand habe sie die Polizei verständigt; ihr ganzer Körper sei von der Gewalteinwirkung angeschwollen.

Dann sei sie ins Krankenhaus nach Wittingen gebracht worden. „Ich wollte, dass sie die Zähne wieder einsetzen.“ Auf der Fahrt dorthin merkte sie bereits, dass sie auf einem Auge nichts mehr sah.

Im Krankenhaus liegend, habe sie wieder Kontakt zu ihrem Verlobten aufgenommen. „Ich habe ihm alles erzählt; was passiert war.“ Er aber soll gesagt haben, dass er es nicht gewesen sei. Neben dem Aufenthalt in Wittingen wurde die Frau auch in Gifhorn und Braunschweig medizinisch behandelt. Dabei wurde diagnostiziert, dass sie nur noch maximal 40 Prozent ihres Augenlichts auf dem linken Auge habe. Rechts nur noch 50.

Der 50-Jährige aber bestreitet den Auslöser. Er habe nichts mit der Freundin an dem Abend gehabt: „Nur massiert, mehr nicht“.

Dann wurde es kurios im Gerichtssaal: Ursprünglich wollten beide im Oktober 2019 heiraten. Daraus sei aus Termingründen nichts geworden. „Das machen wir 2020 am gleichen Tag“, war sich der Angeklagte sicher, der mit dem Opfer zusammen aus Magdeburg anreiste und noch heute seine Wohnung mit ihr teilt. Doch daraus wird wohl nichts. Denn was die Frau ihm verschwieg: „Ich möchte ihn nicht heiraten.“ Stattdessen habe sie ihn auf Schmerzensgeld verklagt, wie der Richter zu Beginn der Verhandlung erklärte. Außerdem soll es nach der Gewaltorgie in der Altmark in der Landeshauptstadt erneut ausgeartet sein. Er habe ihr T-Shirt im Streit zerrissen. Vor drei Wochen habe sie sich dann „einweisen lassen“, Suizidgedanken hätten dazu geführt.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hatte genug gehört. Sie forderte von dem Arbeitslosen eine Geldstrafe in Höhe von 1560 Euro. Dem kam der Richter nach: „Ich mache mir große Sorgen, ob sie nicht mit schweren Verletzungen irgendwann aufgefunden werden.“ Dem Angeklagten, der 19 Eintragungen – vorwiegend Verkehrsdelikte – in seinem Strafregister führt, machte er klar, dass eine weitere Tat nicht mit einer Geldstrafe beglichen sei. Aus steht noch die Schmerzensgeldforderung des Opfers.

Hilfe für betroffene Frauen gibt es Tag und Nacht im Frauen- und Kinderhaus Salzwedel .