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Giftmülldeponie Weiter Skepsis in Brüchau

Abdecken oder den giftigen Müll entsorgen, das ist die entscheidende Frage, wenn es um die Sanierung der Bohrschlammdeponie in Brüchau geht.

Von Antje Mewes 02.09.2017, 03:00

Kalbe/Brüchau l Fast wäre es im Saal des Rathauses der Stadt Kalbe am Donnerstagnachmittag eng geworden. Vertreter der Stadt, von Behörden wie dem Landesamt für Geologie und Bergwesen (LAGB), Politiker, Bürger und die Mitglieder der Bürgeriniative (BI) „Saubere Umwelt und Energie“ waren zur zweiten Beratung über mögliche Schließungsvarianten für die Bohrschlammdeponie Brüchau zusammengekommen. Eingeladen hatten Kalbes Bürgermeister Karsten Ruth und die Landtagsabgeordnete der Grünen, Dorothea Frederking. Hintergrund sei, Transparenz zu schaffen. „Besonders in Richtung Bürgerschaft“, erklärte Ruth. Das betroffene Unternehmen Engie E&P Deutschland hatte eine Teilnahme an den Gesprächen abgesagt und dies mit dem laufenden Verfahren begründet.

Thema waren weitere Schritte bei der Umsetzung des Sonderbetriebsplans, den die Betreiberfirma beim LAGB zur Genehmigung eingereicht hat. Er beinhaltet Untersuchungen, die sich in erster Linie auf die Dichtheit und Beschaffenheit der Grube und deren hochgiftigen Inhalt beziehen, darunter mehrere 100 Tonnen Quecksilber.

Diese Untersuchungen sollen erweitert werden, führte Maria Pak vom LAGB aus. Vor allem hinsichtlich sogenannter Emissionspunkte und der Grundwasserleiter. Sie schlug vor, für den Betriebsplan zunächst eine Teilgenehmigung zum Oktober zu erteilen. Dann könnte bereits mit der Erkundung des Deponiekörpers und der Geologie des Areals begonnen werden. Dabei seien die geforderte Messnetzerweiterung und Auflagen, wie zusätzliche Bohrungen, umzusetzen.

Auch der Grubeninhalt könnte bereits untersucht und Einlagerungslisten ausgewertet, sowie die geoelektrische Erkundung ausgeweitet werden. Die geplante Untersuchung des Grundwassers auch direkt unterhalb der Grube und das Netz der Emissionspunkte seien überarbeitungsbedürftig. Unter anderem müsse eine wasserrechtliche Erlaubnis eingeholt werden.

Die erhobenen Daten seien Grundlage des abschließenden Betriebsplans und für die Entscheidung über das Wie der Sanierung. „Ergebnisoffen“, wie der Präsident des LAGB, Kurt Schnieber, betonte. Und genau das nahmen ihm die betroffenen Bürger und Mitglieder der BI nicht ab. Sie warfen dem Bergamt und dem Unternehmen Verzögerungstaktik vor. „Es kommt mir so vor, dass alles getan wird, um die billige Methode der Abdeckung umzusetzen“, sagte BI-Sprecher Christfried Lenz. Das schlussfolgert er daraus, dass der Sonderbetriebsplan zu großen Teilen auf einem Gutachten basiert, dass die Dichtheit der Grube nachweisen soll.

Zudem sei bereits mehrfach deutlich worden, dass das Grundwasser im Umfeld der Deponie verunreinigt und radioaktiv belastet ist. Engie habe 2012 kein Sickerwassergutachten vorgelegt, nachdem dies aufgrund der neuen EU-Verordnung eingefordert worden war und stattdessen die Schließung der Deponie angekündigt. „Warum haben Sie nicht darauf bestanden? Es hätte ja sein können, dass das Wasser hätte gereinigt werden müssen“, fragte Lenz den LAGB-Präsidenten. Eine klare Antwort gab es nicht.

Unverständlich war den Kritikern, warum nicht zumindest seit 1990 bekannt ist, was in Brüchau eingelagert wurde. „Es ist nicht nachvollziehbar, dass daraus ein Betriebsgeheimnis gemacht wird“, betonte BI-Mitglied Lothar Lehmann. Misstrauen kam auch auf, weil Engie selbst für die Untersuchungen und Gutachten zuständig ist. Darauf antwortete Schnieber: „Das Unternehmen muss den Nachweis erbringen, nur dann können wir zustimmen.“

Hoffnung macht eine neue EU-Verordnung, die vorschreibt, dass ab 2018 Quecksilber nicht mehr oberirdisch gelagert werden darf. Unter anderem seien Salzstöcke dafür vorgesehen. Die Verordnung müsse aber erst in nationales Recht umgesetzt werden und das könne dauern, sagte Uwe Schaar vom LAGB. Zudem wurde in der Beratung nicht klar, ob sie nur für ab 2018 anfallendes oder bereits gelagertes Quecksilber gilt. Dies herauszufinden ist eine der Aufgaben bis zum nächsten Treffen.

Steffen Lötge aus Kakerbeck verdeutlichte, was die Anwohner in den Orten fühlen: „Wenn der Giftmüll nicht entfernt wird, hängt immer ein Damoklesschwert über uns.“