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Giftschlamm Schock über zwei Jahre Ungewissheit

Die Bohrschlammdeponie bei Brüchau im Altmarkkreis war Donnerstag Thema im Wirtschaftsausschuss des Landtages.

Von Antje Mewes 08.12.2017, 11:11

Magdeburg/Brüchau l Der Sonderbetriebsplan für die „Obertagedeponie Brüchau“, wie die Giftschlammgrube offiziell genannt wird, ist Donnerstag im Wirtschaftsausschuss des Landtages vorgestellt worden. Dabei kamen umfangreich die technischen Details zur Sprache, wie Ausschuss-Mitglieder auf Anfrage der Volksstimme berichten. „Ziel der bevorstehenden Untersuchungen ist es, eine umfassende Datengrundlage zu schaffen, die geeignet ist, verschiedene Varianten zur Schließung der Deponie abschließend zu bewerten“, erklärt Silke Bender von Engie in einer Pressemitteilung. Voraussichtlich im Januar 2020 sollen Ergebnisse vorliegen.

Ein Fakt, der den altmärkischen Landtagsabgeordneten Andreas Höppner (Die Linke) schockiert und enttäuscht. „Das ist ein langer Zeitraum der Besorgnis und Ungewissheit und den Menschen in der Region nicht vermittelbar“, erklärt er. Zudem werde nicht die Beseitigung des Giftmülls geregelt, das werde erst auf Grundlage des Abschlussberichtes erfolgen. Höppner: „Es bleibt offen, was passiert und das ist das große Problem und nicht in Ordnung.“

Zudem habe er auf konkrete Nachfrage erfahren müssen, dass, wenn die Betreiberfirma von Rückbau spricht, nicht das gemeint ist, was er darunter versteht. Er schlussfolgere daraus eine komplette Beseitigung der Deponie. Rückbau könne aber mehrere Varianten, darunter die Abdeckung, bedeuten. Was ihm außerdem unverständlich ist, dass die Überprüfung der Dichtheit der Tongrube erst zum Ende der Untersuchungen vorgesehen ist. „Ich erwarte, dass diese Beprobung sofort erfolgt. Wenn festgestellt wird, dass die Grube nicht dicht ist, muss sofort gehandelt werden“, betont er.

Er befürchtet, dass wenn der Schlussbericht vorliegt, erneut eine langwierige Debatte über das weitere Verfahren anbricht. Positiv sei, dass umfangreiche Untersuchungen zum Inhalt der Grube geplant sind. Sie könnten Voraussetzung für eine fachgerechte Entsorgung der Giftstoffe sein.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Ulrich Thomas, begrüßt, dass sich Engie „klar zur Verantwortung für die Altlastenentsorgung der Deponie in Brüchau bekennt“. Dem Ausschuss sei ein konkreter Fahrplan für die weitere Vorgehensweise vorgelegt worden. „Damit ist die Zeit der Mutmaßungen und Halbwahrheiten zu Ende“, erklärt Thomas. Land und Unternehmen würden nun mittels der gesetzlichen Vorgaben entsprechende Maßnahmen zur Entsorgung einleiten. „Das ist eine gute Botschaft für die gesamte Altmark“, sagt er.

Sein Fraktionskollege Uwe Harms betont, dass auch die Politik und die Verwaltung eindeutig zu der Verantwortung stehen, „für Probleme die in der Summe in einem halben Jahrhundert entstanden sind“, so Harms. Was ihn verunsichert und stört ist eine Begrifflichkeit im Sonderbetriebsplan, und zwar das Wort Deponie. Nach seinem Kenntnisstand handele es sich laut Bergrecht bei der Betriebsstätte um ein Zwischenlager. Mit einer Deponie werde ein ganz anderer Rechtszustand beschrieben und dafür wäre auch ein anderes Ministerium zuständig, nämlich das Umweltressort, so Harms. Diese Frage sei zügig zu klären, derartige Oberflächlichkeiten, dürften in so einem wichtigen Zusammenhang nicht passieren. Außerdem hätten er und weitere Ausschussmitglieder gefordert, dass ihnen der Sonderbetriebsplan ausgehändigt wird.

Mitglieder der Bürgerinitiative (BI) Saubere Umwelt & Energie Altmark hatten sich vor Beginn der Sitzung wieder zu einer Mahnwache vor dem Landtag postiert. Teilnehmen durften sie nicht, da der Ausschuss nicht öffentlich tagte. Einige Abgeordnete informierten sie aber im Nachgang über die wichtigsten Ergebnisse. „Für uns bemerkenswert ist ein neues Datum – 2020“, sagt BI-Sprecher Christfried Lenz. Erst danach würden die Emmissionspunkt-Versuche starten. Es handele sich um die „altbekannte Verzögerungstaktik seit zwei Jahrzehnten.“ Lenz: „Uns ist schleierhaft, warum zwei Jahre nötig sind, um Erkenntnisse zu erlangen, die schon lange vorliegen.“

In absehbarer Zeit will die BI gemeinsam mit der Grünen-Landtagsabgeordneten Dorothea Frederking erneut ein Forum organisieren, um die Öffentlichkeit zu beteiligen. „Dann werden wir sehen, in welcher Form die Menschen ihre Missbilligung zum Ausdruck bringen“, sagte er.