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Forum zum bundesweiten Aktionstag der Nachhaltigkeit Hilfe, damit sich Enkel noch am Wald erfreuen

Von Birgit Schulze 06.06.2012, 05:15

Vor 300 Jahren schrieb Hannß Carl von Carlowitz das erste forstliche Lehrbuch, in dem er den Begriff der "nachhaltigen Nutzung" der Wälder prägte. Sein Nachfahre, Wilhelm von Carlowitz, lud jetzt zum forstpolitischen Forum anlässlich des bundesweiten Aktionstages zur Nachhaltigkeit in Brunkau ein.

Brunkau l In einem waren sich die Referenten des Forums - darunter Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aeikens, Franz Prinz zu Salm-Salm als Vorsitzender des Waldbesitzerverbandes Sachsen-Anhalt und Forstwirtschaftsprofessor Bernhard Möhring aus Göttingen - einig: Der Begriff der Nachhaltigkeit ist heute, 300 Jahre nach Hannß Carl von Carlowitz, aktueller denn je. Der Verfasser des Werkes "Anweisung zur wilden Baumzucht" wurde zum Ende des Dreißigjährigen Krieges geboren, blickte sein Nachkomme, der selbst bis heute Forstwirtschaft in der Altmark betreibt, zurück. Hannß von Carlowitz (14. Dezember 1645 - 3. März 1714), Verwaltungsbeamter im sächsischen Staatsdienst und verantwortlich für Forst, Jagd, Flößerei und Bergbau, "würde heute wohl Wirtschaftsminister genannt werden", sagte Nachfahre Wilhelm von Carlowitz.

Auf Einladung des Brunkauer Forstunternehmers, der seinen Betrieb auf 650 Hektar 2001 in der Altmark gründete und auch Vorsitzender der Regionalgruppe Altmark des Waldbesitzerverbandes ist, waren Forstunternehmer aus ganz Sachsen-Anhalt gekommen, um den Tag der Nachhaltigkeit zu würdigen. Vor 20 Jahren wurde die Konferenz der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung in Rio de Janeiro als größte Umweltkonferenz aller Zeiten initiiert. Daraus ging der deutschlandweite Aktionstag zur Nachhaltigkeit hervor, fasste der Gastgeber zusammen.

Vom Dreiklang der Nachhaltigkeit - Ökologie, Ökonomie und Sozialer Bereich - wurde in Brunkau oft gesprochen. Dabei sei vor allem letzterer Punkt in der jüngsten Vergangenheit oft zu kurz gekommen, fand Franz Prinz zu Salm-Salm. Meist heißt es, dass "Wald sowieso da ist."

Gefährdungen des Waldes durch Schädlinge und die Politik sprach Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aeikens an. Er redete auch über die Auswirkungen des Klimawandels, die Bedeutung der Jagd für eine natürliche Forstwirtschaft, aber auch die Konkurrenz mit Landwirtschaftsflächen. Einen bereits angedachten Kalamitätsfonds für Ausfälle durch Schädlinge, Schneebruch oder Sturm befürwortete er vor Ort ausdrücklich.

Und er sprach sich für ein EU-gefördertets Parallelsystem zur staatlichen Forstberatung aus. "Wir brauchen den Wald aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen. Deshalb müssen wir Unterstützung einfordern, damit auch unsere Kinder und Enkel sich noch am Wald erfreuen können, dank der Nachhaltigkeit, die Hannß Carl von Carlowitz zum Merkmal des deutschen Waldes gemacht hat."

"Gesellschaft sollte stolz sein auf das Nachhaltigkeitskonzept."

Professor Bernhard Möring

Eine "deutliche Fehlentwicklung bei Ökosystem-Dienstleistungen" sei Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern bescheinigt worden - und das "im Land, wo die Nachhaltigkeit erfunden wurde", stellte Prinz zu Salm-Salm fest.

Er sprach auch von "Ignoranz" gegenüber dem, was die Forstwirtschaft leiste, und von Menschen, die "auf Kosten des ländlichen Raums leben". In einer zunehmend urbanisierten Gesellschaft, in der Lebensmittelversorgung und Rohstoffsicherheit gefordert werden, wolle man gleichzeitig "Heidi-mäßig" die Berge betrachten, Boot fahren und die "Rehlein bewundern", sagte er. "Wenn solche Menschen dann die Begegnung mit einem Harvester erleben, dann ist die ganze Idylle dahin."

Doch auch Professor Dr. Bernhard Möring, Direktor der Abteilung Forstökonomie und Forsteinrichtung an der Universität Göttingen, war als Gastredner geladen. Er sagte: "Die Forstbranche, aber auch die Gesellschaft, sollten stolz sein auf das Nachhaltigkeitskonzept der Forstwirtschaft, wir haben jahrhundertelang nicht dagewesene Holzvorräte in Deutschland, und eine wichtige Triebkraft dabei ist das Privateigentum am Wald." Er sprach auch davon, dass Hannß Carl von Carlowitz "zu recht sehr beeindruckt wäre, wenn er den heutigen Zustand des deutschen Waldes kennen würde".