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Knöllchen Hier wiehert der Amtsschimmel

Nur rasch das Auto ausladen, schon ist das Knöllchen am Fahrzeug: Das passierte einem Salzwedeler.

Von Cornelius Bischoff 04.05.2020, 10:18

Salzwedel l Es klingt wie ein Schildbürger-Streich: „Horst, sag mal, was ist denn das?“ Mit diesen Worten hatte der Mechaniker den Strafzettel hinter dem Scheibenwischer des Autos von Horst Eckstein hervorgezogen. Der 60-Jährige war aus allen Wolken gefallen. Offenbar hatte eine Mitarbeiterin des Ordnungsamtes Horst Eckstein beim regelwidrigen Abstellen seines Autos ertappt.

„Das ist lächerlich“, sagt Eckstein. Kaum 30 Meter von seiner Wohnung, an der Ecke von „Ziegeleistraße“ und „Am Kronsberg“, hat der Salzwedeler einen Parkplatz gemietet, um dem stetig kreisenden Auge des Gesetzes in den Straßen der Hansestadt zu entgehen. Für zusätzliche Sicherheit sorge, davon war Horst Eckstein überzeugt, eine Genehmigung für Kurzstopps zum Ein- und Ausladen im Halteverbot. Dass das Ordnungsamt trotz allem einen Weg finden würde, Horst Eckstein zur Kasse zu bitten, quittiert dieser mit Kopfschütteln. Was war geschehen?

Durch die Dauerbaustelle im Südbockhorn am Halt vor der Haustür gehindert und nicht willens, Mineralwasserkisten durch Schotter und Steine zwischen Parkplatz und Wohnung zu schleppen, hatte der 60-Jährige einen Umweg in Kauf genommen: Am Ende der Straße „An der Reitbahn“ findet sich die Hintertür zum Garten der Ecksteins. Zwar gibt es auch dort ein Halteverbot, dagegen aber fühlte sich Eckstein durch seine Ausnahmegenehmigung gewappnet. Am Dienstag, 24. März, kurz nach 10 Uhr, hatte Eckstein sein Auto abgestellt und begonnen, die Einkäufe zwischen Keller und Kühlschrank zu verteilen. „Wissen Sie“, sagt Horst Eckstein, „ich bin nicht der Jüngste. Da braucht jeder Weg seine Zeit.“ Letztere, genauer die Zeit zwischen 10.17 Uhr und 10.21 Uhr, hatte die Mitarbeiterin des Ordnungsamtes genutzt, um das Vergehen von Horst Eckstein zu dokumentieren. So steht es auf der „Schriftlichen Verwarnung“ der Stadt, die sich prompt mit einem Bußgeld von 15 Euro verbindet.

„Ich habe gleich angerufen“, erinnert sich Eckstein. Die Mitarbeiterin habe ihm geraten, abzuwarten, bis sich die Post der Stadt im Briefkasten findet. Das sei der richtige Zeitpunkt, um einen Widerspruch einzulegen. Gesagt, getan. Eckstein: „Ich habe dann noch einmal angerufen und die Situation auch schriftlich erklärt.“ In seiner Reaktion habe das Ordnungsamt die Rechtmäßigkeit des Strafzettels damit begründet, dass das Ein- und Ausladen des Fahrzeugs für die Mitarbeiterin nicht zu erkennen gewesen sei.

Horst Eckstein ist fassungslos: „Was soll ich machen?“ Es sei wohl keine Lösung, ein hochwertiges Fahrzeug mit einem offenen Kofferraum voller Einkäufe an der Straße stehen zu lassen. Ob die Stadt Salzwedel für den Schaden aus entwendeten Einkäufen und einem gestohlenen Auto aufkommt, ist nicht bekannt. Horst Eckstein hat die 15 Euro bezahlt und sich eine eigene Meinung über die Arbeit des Ordnungsamtes und seiner Mitarbeiter gebildet. Eine Anfrage der Volksstimme bei der Stadt blieb, mit dem Hinweis, dass in laufenden Verfahren keine Auskunft erteilt werde, unbeantwortet.