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Notarzt rettete dem Opfer das Leben

05.11.2013, 01:11

Von Wolfgang Biermann

Stendal/Gardelegen l "Ich bin dabei, die ganze Sache zu vergessen." Das Opfer einer nur knapp überlebten brutalen Prügelattacke im April 2011 in einem Gardelegener Mehrfamilienhaus hatte bei seiner Aussage als Zeuge vor dem Landgericht in Stendal große Probleme mit seinem Erinnerungsvermögen.

Der 41-Jährige war laut Anklage nach einem gemeinsamen Zechgelage von drei Männern und einer Frau aus nichtigem Anlass mit einer Hundeleine, mit Quarzsand gefüllten Handschuhen sowie mit Fäusten und Fußtritten traktiert worden. Auch eine Bierflasche soll verwendet worden sein. Ob die Gedächtnislücken von den bei der Attacke erlittenen schweren Kopfverletzungen oder vom jahrelangen Alkoholkonsum herrühren, wird wohl ungeklärt bleiben. Wie berichtet sind drei der Angeklagten schon im Oktober 2011 wegen gefährlicher Körperverletzung vom Landgericht Stendal zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Nur ein mehrfach Vorbestrafter sollte für etwas mehr als zwei Jahre ins Gefängnis.

Das Urteil war im April 2012 auf Revision der Staatsanwaltschaft, die das Urteil als zu mild bemängelte, vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe aufgehoben und an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen worden. So soll unter anderem versuchter Totschlag alternativ zur Körperverletzung nicht ausreichend geprüft worden sein.

Auf die Frage von Richterin Simone Henze-von Staden, wie er denn heute zu den Angeklagten stehe, antwortete der 41-Jährige jetzt, dass er ein "relativ gutes Verhältnis" zu ihnen" habe. Gleichwohl hätte er den ehemaligen Zechkumpanen "noch nicht ganz verziehen".

Vom Tatabend wisse er so gut wie nichts mehr, nurdass er die Polizei vom Bad der Wohnung der angeklagten Frau, in der er sich mit den vier Angeklagten und weiteren Personen befunden hatte, gerufen hat.

Als Zeuge sagte am Donnerstag auch der Notarzt aus, dem das Opfer offensichtlich sein Leben zu verdanken hat. Aufgrund seiner schnellen Diagnose - schwere Gehirnblutung - kam das Opfer noch in der Nacht in die Universitätsklinik Halle, wo eine Notoperation erfolgte. Der Mediziner hatte einen Schuhabdruck im Gesicht des Opfers und einen Augenhöhlenbruch festgestellt. Den Schuhabdruck bestätigte auch einer der Polizisten, die zuerst am Tatort waren. Mit der Bemerkung er störe sie beim Sex mit ihrem Mann, hatte die Wohnungsinhaberin dem Beamten zunächst die Tür vor der Nase zugeschlagen.

Mit der angerückten Verstärkung gelang den Polizisten dann der Zutritt zur Wohnung, wo sie das am Boden liegende Opfer vorfanden. "Der ist gestürzt und mit dem Kopf gegen die Schrankwand geknallt", bekamen die Beamten als Erklärung zu hören.

In späteren Vernehmungen hatten alle Angeklagten Schläge oder Tritte eingeräumt. Inzwischen haben sie nach eigenem Bekunden über den sogenannten Täter-Opfer-Ausgleich dem 41-Jährigen freiwillig jeweils mehr als 500 Euro Schmerzensgeld gezahlt. Das Landgericht hat weitere Prozesstermine festgelegt.