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Leitungsleck Quecksilber im Altmarksand

In der Feldmark zwischen Kakerbeck und Winkelstedt hat es eine Havarie an einer Nassgasleitung gegeben. Dabei ist Quecksilber ausgetreten.

Von Antje Mewes 18.07.2017, 03:00

Kakerbeck/Winkelstedt l Ein riesiger Krater, Sandberge, darin ein einsamer Bagger. Leitungen ragen hervor, gearbeitet wird am Montagvormittag nicht. Die Havarie an einer Erdgasleitung bei Kakerbeck ruft die Bürgerinitiative Saubere Umwelt und Energie auf den Plan. „Es handelt sich um die dritte seit September 2016 bekannt gewordene Rohgas-Leckage im altmärkischen Erdgasfördergebiet“, erklärt deren Sprecher Christfried Lenz. Er zeigt sich vom Umfang der erforderlichen Sanierungsarbeiten beeindruckt. Die betroffene Fläche in einem Maisfeld zwischen Kakerbeck und Winkelstedt ist im Durchmesser etwa 50 Meter groß, das ausgehobene Loch geschätzt zehn Meter tief. Gleich daneben befindet sich ein Gassammelpunkt.

„Auf dem wenige hundert Meter entfernten Bohrplatz Winkelstedt 111 stehen zahlreiche abgedeckte Container neben offenen Sandbergen“, erklärt Lenz und vermutet, dass kontaminierter Boden zwischengelagert wird.

Beim Überprüfen einer Schweißnaht an der Nassgasleitung 108 habe sich im Juni herausgestellt, dass das umgebende Erdreich mit Quecksilber verunreinigt ist, erklärt Stefan Brieske, von Engie E&P, dem Betreiber der Erdgasförderung in der Altmark. „Unser Unternehmen meldete den Vorfall umgehend der zuständigen Aufsichtsbehörde und begann unter Einbeziehung eines Gutachters mit der Sanierung der betroffenen Fläche“, informiert er auf Anfrage der Volksstimme.

Die anschließende Beprobung habe nach Aushub des Bodens keine weiteren Belastungen gezeigt, so dass die Baugrube in Kürze wieder verfüllt und das betroffene Leitungsteil repariert werde. Dies sei das normale Vorgehen im Falle von Bodenverunreinigungen.

Das kontaminierte Erdreich werde fachgerecht entsorgt. Weitere Schadstoffe seien nicht ausgetreten, versichert Brieske.

Die zuständige Aufsichtsbehörde ist das Landesamt für Geologie und Bergwesen (LABG). Dessen Mitarbeiter bestätigen, über den Sprecher des Wirtschaftsministeriums, Gerhard Gunkel, auf Volksstimme-Anfrage, dass außer Quecksilber kein Schadstoff nachgewiesen worden sei: „Die Untersuchungen erbrachten keine Hinweise auf Freisetzung weiterer Schadstoffe, wie etwa Chlorid, Kohlenwasserstoffe oder BTEX (aromatischen Kohlenwasserstoffe Benzol, Toluol, Ethylbenzol und die Xylole).“ Die Quecksilberkontamination unterhalb der Rohrleitung sei bis in eine Tiefe von maximal fünf Metern festgestellt worden. Das verunreinigte Bodenmaterial werde in abgedeckten Containern gesammelt. „Das im Schadensbereich etwa acht Meter unter Gelände anstehende Grundwasser ist nicht betroffen“, erklärt Gunkel auf konkrete Nachfrage.

Die Leitungen würden sensorisch über den Druck überwacht und seinem mit kathodischem Korrosionsschutz gegen Außenkorrosion geschützt. Der Volumenstrom in den Leitungen werde vom Unternehmer so optimiert, dass die Innenkorrosion sinkt. „Da es sich um technische Einrichtungen handelt, ist ein Restrisiko nicht vollständig auszuschließen“, betont Gunkel auf die Frage, ob mit weiteren derartigen Vorfällen am Leitungsnetz in der Region zu rechnen ist. Über weitergehende Maßnahmen sei nach Vorliegen des endgültigen Schadensberichtes im LABG zu entscheiden.

Aussagen, die die BI in Frage stellt. Stahlrohre würden von den im Rohgas enthaltenen aggressiven Stoffen angegriffen. Das etwa 40 Jahre alte Rohrsystem sei entsprechend marode. „Mit weiteren Leckagen und entsprechenden Kontaminierungen muss gerechnet werden“, schätzt Lenz ein.

Auch was die Schadstoffe anbelangt, ist er skeptisch: „Das altmärkische Roh-Erdgas und Lagerstättenwasser enthält üblicherweise außer Schwermetallen wie Quecksilber, Blei, Lithium, giftigen Kohlenwasserstoffen, wassergefährdenden Stoffen und Luftschadstoffen auch krebsauslösende Radionuklide wie Radium 226 und Radon 222“, erklärt er. Die BI gehe davon aus, „dass all die genannten Stoffe in den Boden, das Grundwasser und in die Luft gelangt sind“. Dieses „verantwortungslose und inakzeptabe Verhalten“ entspreche nicht der vom Bundesberggesetz geforderten Zuverlässigkeit des Förderunternehmens. Für die BI wäre ein Entzug der Betriebserlaubnis die Konsequenz.

Die Aktivisten kritisieren zudem die aus ihrer Sicht zurückhaltende Informationspolitik von Engie und LBAG. Das Unternehmen hatte am 15. Juni auf seiner Internetseite mitgeteilt, dass „während Reparaturarbeiten an einer Erdgasleitung in der Altmark (Sachsen-Anhalt) im umgebenden Erdreich freigesetztes Quecksilber entdeckt wurde“.