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Barrierefreie Internetseiten Unternehmer fürchten zusätzlichen Aufwand zur E-Rechnung

Die Barrierefreiheit von Internetseiten wird ab Mitte 2025 für alle Unternehmen Pflicht. Was das für Salzwedels IT-Dienstleister und lokale Kleinunternehmer bedeutet.

Von Beate Achilles 11.12.2024, 06:15
Die Hände liegen an einer Braillezeile, mit deren Hilfe Blinde am Computer lesen können.
Die Hände liegen an einer Braillezeile, mit deren Hilfe Blinde am Computer lesen können. Symbolfoto: picture alliance/dpa

Salzwedel. - Noch sieben Monate haben Selbstständige und Unternehmer in Deutschland Zeit, ihre Internetauftritte barrierefrei zu gestalten. Denn am 28. Juni 2025 tritt des sogenannte „Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)“ in Kraft, das allen Menschen die Teilhabe am Wirtschaftsleben ermöglichen soll. Der digitale Raum soll durch das Gesetz für alle zugänglicher werden und Menschen mit Behinderungen besser in die Lage versetzen, am Arbeitsleben teilzuhaben, Informationen zu beschaffen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

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Webseiten einschließlich Online-Shops und Apps müssen dann für Menschen mit Behinderungen, ältere Personen und Menschen mit wenig Erfahrung im Umgang mit digitalen Medien verständlich und nutzbar sein. Öffentliche Einrichtungen wie Behörden unterliegen schon länger der Pflicht, ihre Internet-Seiten barrierefrei zu gestalten. Für private Unternehmen ist das neu.

Nachfragen häufen sich

Die Salzwedeler IT-Firma DevLabor hat viele Webseiten für Unternehmen aus der Region programmiert. Häufen sich dort nun die Nachfragen von Kunden nach einer Umstellung auf Barrierefreiheit? „Das Thema tritt bei uns bereits seit ungefähr drei Jahren vermehrt auf“, berichtet Co-Geschäftsführer Benjamin Ullrich, der DevLabor gemeinsam mit Jeffrey Reichardt leitet. Durch das neue Gesetz gebe es aktuell noch „keine Riesenwelle“. Ullrich erklärt sich das zum Teil damit, dass DevLabor ohnehin immer erstmal eine Bestandsaufnahme zur Barrierefreiheit macht, wenn ein Neukunde anfragt, ob die Firma die Seite umgestalten und die Wartung dafür übernehmen könnte.

„Wir haben dafür zwei Spezialisten, die mittels spezieller Software bestehende Webseiten sehr schnell auf Barrierefreiheit untersuchen können.“ Doch was bedeutet eigentlich Barrierefreiheit bei einer Internetseite? Laut BFSG sind Produkte und Dienstleistungen „barrierefrei, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind“.

Gesetz schwammig formuliert

Das Gesetz sei „sehr schwammig“ formuliert, findet Ullrich. „Meistens geht es dabei um Farben und Schriftgrößen“, erklärt der IT-Experte. Nutzer mit Sehschwäche könnten beispielsweise eine zu kleine Schrift nicht lesen oder hätten Probleme mit zu wenig Kontrast – beispielsweise weiße Schrift auf hellgrauem Hintergrund. Auch eine Rot-Grün-Schwäche sei verbreitet und könne für Betroffene das Lesen und richtige Verstehen von Internetseiten schwierig machen.

Allerdings verfügen die Browser inzwischen meist über eine integrierte Vorlesefunktion, die die Inhalte von Internetseiten sogar in beliebigen Sprachen akustisch wiedergeben können. So sind optische Probleme relativ unproblematisch überwindbar. „Unsere Programmierer müssen dem Browser lediglich sagen, welche Sprache und welches Schriftset die Webseite nutzt. Dann ist sie für den Browser interpretierbar“, so Ullrich.

Alternative Inhalte

Doch die Anforderungen gehen noch darüber hinaus. So müssen dem Gesetz zufolge beispielsweise alternative Inhalte zur Verfügung stehen, etwa beschreibende Texte zu Bildern und Videos. Websites und Apps sind außerdem so zu gestalten, dass sie auch ohne Mouse mit einer Tastatur oder einem sogenannten „Screenreader“, einem Bildschirmleseprogramm für Blinde und Sehbehinderte, bedient werden können. Verstöße gegen das neue Gesetz können Bußgelder von bis zu 100.000 Euro nach sich ziehen.

Wie blicken kleine Unternehmen in Salzwedel auf die neue Vorschrift und wie setzen sie sie um? Karsten Wiedemann vom Fotostudio Wiedemann in der Breite Straße wusste davon bislang noch gar nichts. „Für mich sind momentan andere Dinge wichtig“, sagt er. Zum Jahreswechsel müsse er sich zunächst auf die Einführung der e-Rechnung und des Lieferkettengesetzes vorbereiten. Da seine Internetseite nur wenig Umfang hat, erwartet er hinsichtlich der Barrierefreiheit keinen allzu großen Aufwand.

Silona Klopp, die Kleidung und andere Importartikel in ihrem Laden „Spunk“ in der Burgstraße sowie über Online-Shops auf den Plattformen ebay und etsy verkauft, hat zunächst auch das Lieferkettengesetz auf dem Schirm. „Im Januar werden wir hier wohl sitzen und für jeden unserer 500 Artikel einarbeiten, woher wir diese beziehen.“ Hinsichtlich der Barrierefreiheit vertraut sie auf ebay und etsy. „Diese großen Player unterstützen ihre Händler bei der Umsetzung neuer Vorschriften gut“, so Klopp. „Aber hätte ich einen kleinen privaten Onlineshop, hätte ich jetzt wohl ein Problem.“