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Vor Gericht Kein Spaß bei rechten Sprüchen

Ein Brüderpaar musste sich wegen rechter Parolen vor dem Salzwedeler Amtsgericht verantworten.

18.03.2019, 18:43

Salzwedel l Weil sie am Rande einer linken Demonstration am 14. Juli 2018 in Salzwedel im betrunkenen Zustand den Hitlergruß zeigten und gemeinsam „Sieg Heil“ riefen, musste sich ein Brüderpaar aus Gardelegen und Kläden (Arendsee) am Freitag vor dem Amtsgericht verantworten. Vorgeworfen wurde ihnen die Verwendung von Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation, hieß es in der Anklageschrift.

Dass die 27 und 37 Jahre alten Männer während des Vorfalls unter beträchtlichem Alkoholeinfluss standen, wirkte sich am Ende strafmildernd aus. Richter Klaus Hüttermann stellte das Verfahren gegen eine Geldauflage jeweils in Höhe von 250 Euro vorläufig ein. Die Brüder hatten die Tat bereits bei der Polizei gestanden.

„Wenn nur ein Euro fehlt, rolle ich das Verfahren wieder auf“, wendete sich Hüttermann zum Ende der Verhandlung mahnend an die beiden Angeklagten. Die Geldsumme müssen sie innerhalb von fünf Monaten an das Salzwedeler Frauenhaus entrichten. Und Hüttermann wurde weiter deutlich: „Bei Nazisprüchen verstehe ich keinen Spaß.“

Wie es genau zu dem rechten Vorfall am Nachmittag des 14. Juli 2018 gekommen war, versuchte der Ältere der beiden Angeklagten während der Verhandlung zu erklären. Der jüngere Bruder verweigerte zunächst die Aussage. Zuvor musste er sich im Gerichtssaal noch einer Atemalkoholkontrolle unterziehen, er roch arg nach Hochprozentigem. Doch das Gerät zeigte 0,0 Promille. Somit konnte die Verhandlung nach einer kurzen Pause fortgesetzt werden.

Dann berichtete der 37-jährige Angeklagte, dass er am Nachmittag des Tattages bei seiner Ex-Frau gewesen sei. Dort habe es Streit um den Umgang mit den beiden Kindern des Paares gegeben. „Da sind mir die Sicherungen durchgebrannt“, wiederholte der Familienvater mehrfach. Danach habe er seinen Bruder getroffen und sie hätten sich auf den Weg zum Parkplatz eines Discounters an der Bahnhofstraße gemacht. Dort zog nur wenig später der Demonstrationszug vorbei. Beide sprachen wohl zuvor sehr stark dem Alkohol zu. So zeigten die Messgeräte kurz nach ihrer Festnahme Atemalkoholwerte von 2,42 Promille beim älteren Angeklagten und 3,28 Promille beim jüngeren. „Mein Bruder hat versucht, mich zu trösten“, erklärte der 37-Jährige weiter.

„Sind sie rechts eingestellt?“, wollte Richter Klaus Hüttermann wissen. Doch dieser Frage wich der ältere Bruder aus, schilderte nochmals seine Version vom Verlauf des Geschehens.

Bei der Vernehmung durch die Salzwedeler Polizei am Tattag hatte der jüngere Angeklagte noch angegeben, dass die Aktion eine Mutprobe gewesen sei. Dies brachte der Richter anschließend zur Sprache. Diese Aussage zog der 27-Jährige zurück und brach damit sein Schweigen im Gerichtssaal. „Das mit der Mutprobe war gelogen“, erklärte er und erläuterte, dass ein Freund ihm zu dieser Aussage geraten habe.

Aufgrund des starken Alkholkonsums der Angeklagten vor der Tat und den eher schlechten finanziellen Verhältnissen der beiden Brüder beriet Richter Hüttermann anschließend mit der Vertreterin der Staatsanwaltschaft, ob es zu einem Urteil kommen müsse. Die Anklagevertreterin betonte, dass den beiden Männern in Erinnerung bleiben müsse, dass es ein teures Besäufnis gewesen sei. Somit stellte Hüttermann das Verfahren vorläufig gegen die Zahlung der genannten Geldauflage ein.