Natur Wasservögel werden am Arendsee vermisst
Mehr Leere und Stille auf dem Arendsee: Diese Entwicklung beobachten Einheimische nicht nur im Sommer, sondern das ganze Jahr über. Das Landesamt für Umweltschutz bestätigt bei den Saat- und Blässgänsen einen rapiden Rückgang.

Arendsee - Schwäne, die ohne Nachwuchs in diesem Jahr verloren auf dem See wirken, und immer seltener zu sehende charakteristische Tiere wie Haubentaucher – dies sorgt für Gespräche in der Stadt. Einige Einwohner meldeten sich bei der Volksstimme. Sie schilderten eindrücklich ihre Sorge, die Welt der Wasservögel sei aus den Fugen geraten. Immer weniger der gefiederten Tiere lassen sich auf der Blauen Perle nieder, sind sich Altmärker sicher. Eine Nachfrage beim Landesamt für Umweltschutz, der See gehört Sachsen-Anhalt, zeigte: Dieses Gefühl trügt nicht. Allerdings haben die Experten nur für rastende Wasservogelarten verlässliche Zahlen parat. Denn der Arendsee hat für Saat- und Blässgänse eine große überregionale Bedeutung. Beziehungsweise hatte, wie die Entwicklungen zeigen. Denn die Zahl der Tiere, die sich während der kühleren Jahreszeiten in der Region aufhalten, nimmt stetig ab. Bis 2008 wurden jährlich noch bis zu 30 000 Tiere, die auf der Blauen Perle ihre Nachtruhe hielten, gezählt. „Seitdem sind die Zahlen deutlich gefallen. Im Dezember 2011 wurden noch einmal 19 000 Gänse gezählt, danach sind im Rahmen der monatlichen Wasservogelzählungen die 10 000 nicht mehr erreicht worden“, informiert Ines Wahl, Dezernentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim Landesamt.
Landesweiter Trend
Ein Trend, der landesweit zu beobachten ist. In den vergangenen Jahren sank die Zahl dieser Wasservögel. Allerdings nirgends so extrem wie am Arendsee. Immerhin sind es im Vergleich zu 2008 mehr als 20 000 Tiere weniger. Was die Ursachen angeht, gibt es Vermutungen, die mit dem klimatischen Wandel zusammen hängen. Dazu gehören geringere Bruterfolge in den arktischen Gebieten. Hinzu kommen kürzere Strecken, die die Saat- und Blässgänse inzwischen zurücklegen. Umgangssprachlich ausgedrückt: In milden Wintern sparen sich die Vögel den weiten Weg bis zum altmärkischen Arendsee.
Allerdings gibt es keine aktuellen Zahlen, was brütende Wasservögel auf dem Arendsee angeht. Diese Arten prägen das Landschaftsbild nicht nur während der kalten Jahreszeiten. Aber die Blaue Perle gilt für diesen Bereich als überregional unbedeutend. Darum gebe es auch keine Erfassungen. Im Landesamt bekannt ist aber: Haubentaucher, Blessralle und Stockente haben dort um die Jahrtausendwende in größerer Zahl gebrütet. „Ein Rückgang ist aber nicht ausgeschlossen, da viele Wasservogelarten unter dem wachsenden Druck von neozoischen Raubsäugern (Marderhund, Mink) leiden“, so Ines Wahl.
Hänsel und Gretel schwimmen auf dem See
Für Einheimische ist klar: Wasservögel gehören fest zur Blauen Perle. Dies war praktisch schon immer so. Auf älteren Postkarten sind zum Beispiel oftmals Schwäne zu sehen. Manchmal auch mit Nachwuchs im Schlepptau. Diese Tierart hat es übrigens ins Arendseer Chronikbuch geschafft. Unter der Rubrik Zeittafel ist für das Jahr 1955 folgendes vermerkt: „Am 23. Juli erhält der Rat der Stadt von Herrn Nüsse, einst wohnhaft in Genzien, später Hamburg, ein Schwanenpaar geschenkt.“ Dies sorgte in der Bevölkerung für Aufmerksamkeit, denn es gab sogar einen offiziellen Taufakt. Dabei erhielt das tierische Paar die Namen Hänsel und Gretel. Danach wurden sie in die Freiheit entlassen.
