Altmarkweite Aktionen sollen populären Tanzlehrer vor Entzug der Arbeitserlaubnis bewahren Weit über 1000 Unterschriften, damit Eddy bleibt
So langsam wird es eng für Karim Abdul Adnan. Dem libanesischen Tanzlehrer, den alle nur Eddy nennen, droht am 20. März der Entzug der Arbeitserlaubnis. Zahlreiche Aktionen sollen das verhindern.
Stendal/Salzwedel l Die Unterschriftenlisten werden immer voller. Hunderte Altmärker haben sich mit ihrem Namen bereits dafür ausgesprochen, dass Tanzlehrer Eddy seine Arbeitserlaubnis behalten darf. Überall in der Region liegen Listen aus, ob in Stendal oder Salzwedel, Gardelegen oder Osterburg. Unterschrieben wird in Geschäften und an Schulen; Jugendliche klingeln an Wohnungstüren und werben für ihre Aktion. In rund einer Woche sind so schon weit über 1000 Unterschriften zusammengekommen.
"Alle wollen etwas tun, denn es geht um die Menschlichkeit, schließlich ist Eddy kein Mensch zweiter Klasse", sagt Sandra Kuhle (35), die sich zusammen mit ihrer Schwester Nicole (28) für den populären Libanesen engagiert. Die Suche nach Menschlichkeit war es auch, die ihn Ende 2002 nach Stendal führte. "Ich wollte an einen Ort, wo ich als Mensch leben kann und die Menschenrechte geachtet werden", erzählt er.
Aus Angst vor Abschiebung gab er sich einen anderen Namen, behauptete aus dem Irak zu stammen. Mitbewohner aus dem Asylbewerberheim hatten ihm dazu geraten. Papiere hatte er ja keine. Aber Karim Abdul Adnan, so sein richtiger Name, hatte kein gutes Gefühl dabei. "2003 klärte ich auf, dass ich gelogen hatte", schildert er. So wurde von ihm verlangt, sich einen Reisepass zu besorgen.
Zunächst aber leistete er wie die anderen Asylbewerber drei Monate Sozialarbeit. Eddy war in der Zeit als Assistent des Hausmeisters am Stendaler Hildebrand-Gymnasium tätig. Das machte ihm so viel Spaß, dass er freiwillig noch ein halbes Jahr dranhängte. Doch dann gab es dort für ihn nichts mehr zu tun. "Über einen Kumpel fand ich dann Arbeit in einem Eiscafé", bot sich eine Alternative. Anders als für die Sozialstunden oder Ein-Euro-Jobs brauchte er dafür allerdings eine Arbeitserlaubnis. Mit der Unterstützung von Sabine Krause von der Integrations- und Migrationshilfe des DRK bekam er sie auch. Nach einiger Zeit war im Eiscafé jedoch Schluss, die Geschäfte dort liefen nicht so gut.
Zwischen 2005 und 2007 fand sich für den gelernten Koch kein Job. Er beschäftigte sich in dieser Zeit mit Hip-Hop, feilte an Choreographien. Dann stieß Sabine Krause vom DRK auf die Salzwedeler Tanzschule Müller, die nach einem Lehrer Ausschau hielt. Zunächst absolvierte Eddy dort ein Praktikum und stieg 2008 richtig ein. Mittlerweile gibt er rund 20 Kurse, nicht nur am Hauptstandort, sondern auch in den Außenstellen wie Gardelegen und Tangermünde.
"Ich will in der Altmark bleiben, denn hier werde ich gebraucht"
Karim Abdul Adnan alias Eddy
Eddy hatte die Hoffnung, nun aus dem Asylbewerberheim am Möringer Weg in Stendal, das er "Wüste" nennt, ausziehen zu können. "Party ist für mich auf der Arbeit, aber sonst brauche ich Ruhe", erläutert er. Ruhe, die er in dem Heim mit den dünnen Wänden schlecht finden kann. Manche Bewohner hören zur Entspannung laute Musik, andere schnarchen. Doch wiederum wurde er an den fehlenden Pass erinnert. Und ohne den wurde ihm verwehrt, sich eine Wohnung in Stendal als kreativen Rückzugsort zu suchen. "Ich habe mich ja um einen Pass bemüht", beteuert der Anfang 30-Jährige. Viermal sei er bei der libanesischen Botschaft gewesen, habe aber keinen Termin bekommen, weil er keine Aufenthaltsgenehmigung, sondern nur eine Duldung besaß. Die Ausländerbehörde warf ihm wiederum mangelnde Mitwirkung vor, was zunächst noch ohne Konsequenzen blieb. Sein Anwalt erließ eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Mitarbeiterin der Ausländerbehörde, weil der Umgang mit seinem Mandanten nicht korrekt gewesen sei.
Zwischenzeitlich wurden auch andere Tanzschulen auf den talentierten Libanesen aufmerksam. "Ich hätte nach Hamburg gehen können, das ist eine sehr schöne Stadt", nennt er ein Beispiel. In Bünde/Westfalen wollte ihm eine Tanzagentur einen festen Vertrag geben. Den aber wollte Eddy nicht. "Ich will in der Altmark bleiben, denn hier werde ich gebraucht", meint er.
Er sei ein Multikultimensch, und viele seiner Schüler hätten nie zuvor mit einem Farbigen überhaupt nur gesprochen. So könne er ganz persönlich um Toleranz und Verständnis füreinander werben.
Und das sehen auch die beiden Kuhle-Schwestern so, die sein Engagement nicht nur als Tanzlehrer, sondern auch als Teil des Future-Camps in Arendsee loben. "Er erzieht dabei auch die Kinder ein Stück und ist ihnen ein gutes Beispiel", findet Sandra. "Wenn er nicht mehr da wäre, müsste eine wahnsinnig große Lücke geschlossen werden, denn was er den jungen Menschen mit auf den Weg gibt, ist immens", hatte zuvor schon eine Mutter, deren zwei Söhne am Camp teilnahmen, gegenüber der Volksstimme geäußert.
Um diese Lücke zu verhindern, sind zahlreiche Altmärker seit der vergangenen Woche auf den Beinen. "Schon bei der Frauentagsfeier im Adler hätten wir Unterschriften sammeln können, aber erst am Freitag ging es so richtig los", sagt Sandra Kuhle.
Alles Menschenmögliche werde versucht, um ein Arbeitsverbot von Eddy zu verhindern, "sonst haben wir keinen Seelensport und keine Freude mehr", ergänzt ihre Schwester.
Nicht nur Kollegen und Tanzschüler setzen alle Hebel in Bewegung, auch Eddys Chef Thomas-Ansgar Müller engagiert sich für seinen Mitarbeiter. So hat er mit Landrat Jörg Hellmuth ein Gespräch über die Problematik geführt.
"Weil er immer noch keinen Pass hat, könnte es sein, dass ihm die Arbeitserlaubnis entzogen wird", beschrieb Pressesprecherin Angela Vogel zurückhaltend die Lage. Im Landratsamt werde derzeit allerdings geprüft, ob das verhindert werden kann.
Und auch der SPD-Landtagsabgeordnete Ralf Bergmann hat sich in die Angelegenheit eingeschaltet. In den kommenden Tagen will er mit dem zweiten Beigeordneten Carsten Wulfänger und der sachsen-anhaltinischen Integrationsbeauftragten Susi Möbbeck sprechen. Sein Ziel: nicht nur den Entzug der Arbeitserlaubnis verhindern, sondern die Aufenthaltsgenehmigung erreichen.