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Wölfe Im geschnürten Trab am Grünen Band

Julia Kamp vom Wolfskompetenzzentrum Iden beantwortete bei einer Wanderung an der Wirler Spitze bei Ziemendorf viele Fragen zum Thema Wolf.

11.02.2019, 10:25

Ziemendorf l Klare Ansage, aber bei der großen, lauten Besucherschar auch nicht verwunderlich: „Wir werden heute keinen Wolf sehen“, erklärte Julia Kamp am Sonnabendmittag den rund 100 Teilnehmern einer Exkursion des BUND Sachsen-Anhalt ins Wolfsterritorium an der Wirler Spitze bei Ziemendorf. Die Mitarbeiterin des Wolfskompetenzzentrums Iden (WZI) führte die interessierte Gruppe gemeinsam mit den BUND-Mitarbeiterinnen Ine Pentz und Ute Machel rund fünf Kilometer entlang des Grünen Bandes am nördlichsten Zipfel des Altmarkkreises.

„Ich bin von der Resonanz überwältigt. Ich hoffe, sie kommen alle auf ihre Kosten“, begrüßte Ine Pentz die Mitwanderer an der Binnendüne. Nach einigen Erläuterungen zur ehemaligen innerdeutschten Grenze und dem heutigen Biotopverbund Grünes Band übernahm Julia Kamp das Zepter und entführte die Gruppe in die Welt der Wölfe.

Die Waldfläche sowie der schmale Streifen an der Grenze zu Niedersachsen sind Wolfsterritorium. „Ich sage aber absichtlich nicht Rudel“, eröffnete die WZI-Mitarbeiterin ihren ersten Vortrag. Denn: Im Monitoringjahr 2017/18 gab es nach ihren Angaben keinen Nachweis mehr für das sogenannte Gartow-Rudel, dessen Bereich vom Wendland bis in die Altmark reichte. Das aktuelle Monitoringjahr 2018/19 werde noch ausgewertet.

Kamp erklärte die unterschiedlichen Status-Kategorien für Gebiete in denen Wölfe leben. Sie zählte die Ansiedelung mit wenigen Hinweisen, das territoriale Einzeltier über sechs Monate vor Ort nachgewiesen, das territoriale Paar, zum Beispiel nachgewiesen über DNA-Proben oder frische Losung (Kot) sowie das Rudel auf. Beim Rudel ist die Reproduktion durch Welpensichtungen bestätigt. Genau diese fehlten zuletzt bei Gartow, weshalb die Wölfe dort im Monitoringbericht als Territoriales Paar geführt werden.

Julia Kamp nahm sich im Verlauf der anschließenden Wanderung viel Zeit für die Fragen der Teilnehmer. „Wie erkennt man eine Wolfsspur?“, war eine davon. „Das ist sehr schwierig“, erklärte die WZI-Mitarbeiterin. Generell sei die Unterscheidung zwischen einer Hunde- und einer Wolfsspur „an einem Einzelabdruck unmöglich“.

Nach internationalen Monitoringstandards ist eine Wolfsspur nur im sogenannten geschnürten Trab nachzuweisen. „Dabei tritt das Tier mit der etwas kleineren Hinterpfote exakt in den Abdruck der größeren Vorderpfote“, erläuterte Kamp, an einem Abdruck im Sandboden eines Weges nahe der Wirler Spitze. Ob dieser Pfotenabdruck von einem Wolf stamme, konnte sie vor Ort aber nicht sagen. Auch andere Wildtiere laufen in dieser Art. Dabei entsteht ein Spurverlauf mit Doppelabdrücken, die schnurgerade, wie an einer Perlenkette aufgereiht sind. Um den Nachweis für das Vorkommen eines Wolfes in einem Gebiet zu erbringen, müssen die Biologen mindestens einen Spurverlauf von 150 Metern finden, erklärte Kamp weiter.

Weiter interessierten sich die Mitwanderer für die Größe von nachgewiesenen Wolfsrudeln. Julia Kamp erklärte, dass es in Sachsen-Anhalt im Durchschnitt etwa drei bis vier Welpen pro Wurf gebe. Eine Fähe, der weibliche Wolf, bei Altengrabow sei allerdings Rekordhalterin mit elf Welpen. Dies sei aber eine absolute Ausnahme. „Und dabei ist auch die Welpensterblichkeit zu beachten. Diese liegt bei rund 70 Prozent“, betonte Kamp. Sie ergänzte, dass der heiße Sommer des Vorjahres auch dem Wolf sehr zu schaffen gemacht habe.

Weiter ging es auf einem ehemaligen Kolonnenweg. Nach ein paar Minuten stoppte die Wolfsexpertin die Gruppe und zeigte auf eine Losung, also den Kot eines Wildtieres in der Mitte des Weges. „Wölfe laufen wie wir Menschen auch gern auf Wegen entlang“, berichtete Julia Kamp. Darauf hinterlassen diese dann auch ihre Losungen, erklärte sie weiter. Das aufgefunden Stück Kot untersuchte Kamp genau, nahm mit einem Zollstock Maß, schaute nach Fellresten und Knochenstücken darin und sie roch daran. „Eine Wolfslosung riecht man eher, als das man sie sieht wenn sie frisch ist“, erklärte Kamp. „Wer das einmal gerochen hat, vergisst das nicht“, erklärte sie und sorgte für ein Schmunzeln bei einigen Teilnehmern. Daher sei die Geruchsprobe sehr ausschlaggebend für die Unterscheidung zum Hund.

Farblich sei der Wolfskot sehr dunkel. Für die Nachweisführung müsse eine Losung zudem mindestens 20 Zentimeter lang und etwa 2,5 Zentimeter dick sein. In diesem Fall vermutete die WZI-Mitarbeiterin daher einen Fuchs als Verursacher.

Ein großes Anliegen des Wolfskompetenzzentrums erklärte Kamp im weiteren Verlauf der Wanderung. „Melden sie uns jede Sichtung oder Spur“, sagte die Expertin. Oft komme es vor, dass die Mitarbeiter des WZI in Dörfer der Altmark kommen und die Anwohner, Jäger oder Förster von regelmäßigen Wolfssichtungen berichten. „Nur bei uns sind die Hinweise noch nicht angekommen“, merkte Kamp an. Für ein flächendeckendes Monitoring seien die Hinweise aber unverzichtbar.

Einige Wanderer wollten dann noch wissen, wie sie sich verhalten sollen, wenn sie im Wald auf einen Wolf treffen. „Wie bei jedem anderen Wildtier auch“, sagte Julia Kamp. „Stehen bleiben, beobachten und nicht an sich heranlassen. Klatschen sie in die Hände“, erklärte die Expertin und schob nach: „Die machen dann sicher die Biege.“

Der BUND Sachsen-Anhalt wiederholt die Wolfsexkursion an der Wirler Spitze bei Ziemendorf am Sonnabend, 9. März. Um eine Anmeldung unter Telefon 03901/3939758 oder per E-Mail an ine.pentz@bund-sachsen-anhalt.de wird gebeten.