Übergabe Abschied eines Ärztepaars: Ute und Frank Ahrend geben Praxis nach 29 Jahren ab
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge räumen Ute und Frank Ahrend dieser Tage ihre Gemeinschaftspraxis an der Magdeburger Straße in Schönebeck. Nachfolger sind schon gefunden.

Schönebeck/Zens - Nach 29 Jahren kamen diese Woche die Umzugswagen. Dr. med. Ute Ahrend und Dr. med. Frank Ahrend räumen ihre Praxis an der Magdeburger Straße in Schönebeck aus. „Es fällt uns schon schwer. Wir haben das ja aufgebaut“, sagt Ute Ahrend.
Gegründet haben die beiden ihre Praxis Anfang der 1990er. Und nicht nur irgendeine: Nach ihren Angaben war es die erste fachübergreifende Gemeinschaftspraxis im Land. Sie ist Chirurgin und eine der ersten Durchgangsärzte im Land. Er ist Internist und hat Schwerpunkte in der Kardiologie und Gastroenterologie. Kennengelernt hatten die beiden sich im Magdeburger Uniklinikum und arbeiteten auch erst in Magdeburg. 1992 machten sie sich in Schönebeck selbstständig.
Verständnis füreinander
„Begonnen haben wir im Container“, erzählt Frank Ahrend. Das Gebäude, in das die Praxis einziehen sollte, war nämlich noch nicht fertig. Schließlich bezogen die Ärzte ihre fertigen Räumlichkeiten auf geräumigen 470 Quadratmetern.

Am Montag war für die Ahrends die letzte Sprechstunde als Chefs ihrer eigenen Praxis. Vormittags kamen die letzten Patienten. Gegen Mittag folgte eine kleine „Auswertung“ mit den Mitarbeitern. Aber wie wertet man 29 Jahre aus?
Ein Fotoalbum, das die Mitarbeiter ihren ausscheidenden Chefs zusammengestellt haben, könnte dabei helfen. Das Buch zeugt von großer Wertschätzung und Dankbarkeit. Man sei durch Höhen und Tiefen gegangen, aber etwas sei immer erhalten geblieben: „Menschlichkeit und das Verständnis füreinander“, schreiben die Schwestern.
Gemeinschaftspraxen sind im Trend
Am Nachmittag dann kamen schließlich noch einmal allerhand Wegbegleiter zusammen, um die Ahrends gebührend zu verabschieden. Patienten, Apotheker, Softwareanbieter – in 29 Jahren hatte das Ärztepaar mit so einigen Menschen zu tun. Auch Bürgermeister Bert Knoblauch (CDU) und Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) waren gekommen.
„Wir kennen uns schon lange, seit fast 30 Jahren“, sagte Letztere über die Ahrends. Da sei es nur richtig, dass sie zum Abschied vorbeikomme. Sie freute sich außerdem, dass es gelungen sei, Nachfolger zu finden. Gemeinschaftspraxen lägen immer mehr im Trend, sagte die Ministerin. „Ärzte als Einzelkämpfer werden weniger. Gemeinschaftspraxen sind eine gute Möglichkeit, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen“, meinte sie.
Die Arbeit stand für die Ahrends aber immer ganz weit vorn. Man habe alles für die Patienten gegeben, sagen beide. Etliche von ihnen waren auch zur Verabschiedung gekommen. Sie bestätigten den Anspruch. „Man fühlte sich immer gut aufgehoben“, sagte eine Frau auf der Feier.
Noch kein ganzer Abschied
Als „gute Zeit“ fasst Frank Ahrend sein Arbeitsleben zusammen. Nun hat das Paar aber mehr von dem, was in den letzten 29 Jahren knapp war: Freizeit. „Wir haben ein Grundstück, Tiere, Hunde“, sagt Frank Ahrend. Beim Blick in den Ruhestand wirkt er etwas unsicher, was für Arbeitstiere wie ihn und seine Frau aber auch verständlich ist.
Tochter Silke Ahrend weiß, dass ihre Eltern nicht sofort von 100 auf null gehen können: „Meine Mutter hat immer gesagt: ,Ich kann doch nicht meine Patienten alleine lassen!’ Und mein Vater hat gesagt: ,Ich muss jeden Tag ein Rezept ausstellen’.“ Doch sie gönnt ihnen nun den neuen Lebensabschnitt.
Die Enkelinnen Marie und Sophie freuen sich für ihre Großeltern, dass die nun „endlich Zeit für sich und keinen Arbeitsdruck mehr“ haben. Für sie fällt damit leider auch das Taxi zur Schule weg. Jetzt heißt es Schulbus statt Oma.
Zwei Brüder übernehmen
So richtig aufhören können die Ahrends aber noch nicht. Selbst auf dem Abschied wurden noch Überweisungen klargemacht. Auch in der neuen Praxis werden die beiden weiter Sprechstunden abhalten, aber nur noch an zwei Tagen.

Der neue Chef der Ahrends, er heißt Stephan Zack, war auch zum Abschied gekommen. Für ihn ist es ein Neuanfang. Er übernimmt die Praxis mit seinem Bruder Michael Zack. „Herr Ahrend hat mich zufällig angesprochen, da musste ich erstmal drüber schlafen“, sagt Stephan Zack. Er hatte als leitender Oberarzt in der Schönebecker Klinik einen festen Stand. „Aber in der Praxis kann man selbstbestimmter arbeiten.“ Dies gab für ihn schließlich den Ausschlag.
Mitarbeiter bleiben
Stephan Zacks Fachgebiete sind Orthopädie und Unfallchirurgie. Sein Bruder Michael Zack ist Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie. Damit passen sie gut auf die bisherige Praxisstruktur – nur die Gastroenterologie fällt weg.
In den nächsten Wochen wird die Praxis umgebaut: „Es wird heller, wir legen neue Böden und bauen neue Technik ein“, kündigt Stephan Zack an. Spätestens Anfang September soll es weitergehen. Bis dahin gibt es immer am Dienstag- und Donnerstagvormittag eine Notbetreuung.
Die Mitarbeiter der alten Praxis werden auch der neuen für mindestens ein Jahr erhalten bleiben. Darauf hatten die Ahrends bestanden. Für das Ärztepaar geht es jetzt darum, nach vorne zu schauen. „Das Wichtigste ist: Es geht weiter“, sagt Ahrend. Er meint für seine Praxis, aber für ihn und seine Frau gilt das genauso.