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Volksstimme-Aktion "Du bist spitze!" 2012 - heute: Ralf Arndt, Abteilungsleiter Kanu des SSC Als Almöhi an der Elbe: "Ich kann mir schon gar nichts anderes mehr vorstellen"

Von Ulrich Meinhard 21.04.2012, 05:22

"Du bist spitze!" Unter diesem Motto sucht die Redaktion der Schönebecker Volksstimme den Lokalmatador. Wer hat Akzente gesetzt, sich für die Allgemeinheit engagiert oder etwas ganz Besonderes geleistet? Jeder Volksstimme-Leser kann seinen ganz persönlichen Favoriten auswählen und dabei Preise gewinnen.

Schönebeck l Ralf Arndt ist für Schönebeck so etwas wie der Almöhi für die Alpen. Zumindest was den abseits gelegenen Wohnort betrifft. Während der Großvater im Klassiker "Heidi" in seiner Hütte in den Bergen lebt, wohnt Arndt im Bootshaus Delphin, im sogenannten Schönebecker "Busch". Damit sind die Parallelen zwischen den beiden aber auch schon genannt. Ralf Arndt ist mit seinen 47 Lenzen noch weit entfernt vom Großvater-Alter. Der 1965 in Parchim (Mecklenburg) geborene Übungsleiter in Diensten des Schönebecker Sportclubs (SSC) hat schon viele Mädchen und Jungen in die Kunst des Kanufahrens eingewiesen. Seit 1980 trainiert er den Nachwuchs im Wassersport. 1980? Übungsleiter mit 15? Arndt lächelt. "Rein sportlich war ich immer Durchschnitt. Super erfolgreich war ich nicht", erklärt er seine frühzeitige Ausrichtung für den Trainerjob. Immerhin brachte es der 47-Jährige vereint mit drei anderen Vereinskameraden zum Bezirksmeister im Vierer. Als Lehrer des Wassersports ist er jedoch durchaus auf der Erfolgsspur. Doch von Anfang an.

Im noch sehr zarten Alter von gerade einmal einem Jahr kam Ralf Arndt 1965 mit seinen Eltern in die Elbestadt. Im Schönebecker Stadtteil Bad Salzelmen besuchte er die Bruno-Bürgel-Schule. Zum aktiven Sport, speziell zum Kanusport, ist er durch einen Schulfreund animiert worden. "Der hatte 14 Tage vor mir angefangen und mich gefragt, ob ich mal mitkommen wolle", erinnert sich Ralf Arndt. Nach dem Abschluss der zehnten Klasse erlernte er den Beruf des Elektrikers. Die Verbindung zwischen dem fließenden Strom, dem man mit Vorsicht begegnen sollte, und dem fließenden Strom Elbe, der so seine ganz eigenen Tücken hat, kann freilich nur künstlich hergestellt werden. Auf jeden Fall fühlt sich Arndt seit vielen Jahren in seiner Profession als Trainer wesentlich wohler in seiner Haut, als wenn er elektrische Schaltkreise nach Fehlern durchforsten müsste.

Im Jahr 1995 stellte sich für ihn die Frage, ob er im Bootshaus, das zu DDR-Zeiten als Ausflugsgaststätte betrieben wurde und damals schon fünf Jahre leer stand, einziehen wolle. Als Hüter des Hauses und als Trainer vor Ort. "Ich habe ja gesagt. Ich lebe wirklich gerne hier, kann mir schon gar nichts anderes mehr vorstellen", betont Arndt und blickt von seiner Küche hinaus in Richtung Elbe, die nur einen Steinwurf entfernt vorüberfließt.

Von den Einheimischen werde der Bereich im Grünen sehr gut angenommen, freut sich der Mann vom SSC. Er verweist etwa auf die alljährlichen Elbe-Badetage, die stets hunderte Menschen anziehen sowie auf Projektta- ge der Schulen und des Jugendamtes.

Arndt, der selbst zu jenen Menschen gehört, die sich nicht in den Vordergrund drängen, ist in Schönebeck dennoch allseits bekannt. Es gibt ja auch keine Sportlerehrung, auf der er und seine Schützlinge nicht zugegen sind. Auch SSC-Vereinschef Frank Wedekind weiß die engagierte und beharrliche Art und Arbeit seines Jugendtrainers zu schätzen. Er schlug ihn auf Volksstimme-Anfrage für die Reihe "Du bist spitze!" vor.

Diese Wertschätzung hat sicherlich mit den sportlichen Erfolgen zu tun, die auf Ralf Arndt zurückzuführen sind. Nur ein Blick in das vergangene Jahr: Unterm Strich kann die Abteilung Kanu 16 Landesmeister, neun dritte und neun zweite Plätze sowie vier ostdeutsche Meistertitel vorweisen. "Die vergangene Saison war wirklich sehr gut", blickt Ralf Arndt zufrieden zurück.

So ist denn alles gut? "Ein Wermutstropfen war der Diebstahl unseres Bootsmotors im letzten Jahr", sagt der Trainer. Eine Straftat, die übrigens bis heute nicht aufgeklärt werden konnte. Auch andere Bootsbesitzer zählten zu den Opfern der unbekannten Diebe.

Noch eine Frage zum Bootshaus Delphin: Früher war das Gebäude auch eine Betriebsgaststätte des Gummiwerkes. Warum führt der SSC diese Tradition nicht fort? "Die heutigen Auflagen für eine Gaststätte sind einfach viel zu hoch. Außerdem sollen bei und der Sport und die Sportler im Vordergrund stehen und nicht das Betreiben einer Kneipe", erläutert Arndt.

Und was macht er so im Winter, wenn das Training auf der Elbe unmöglich ist? "Alles, was im Sommer liegen geblieben ist. Schreibtischarbeiten sowie Instandhaltungen am Bootshaus. Außerdem trainieren wir auch im Winter. In der Sporthalle der Käthe-Kollwitz-Schule stehen vor allem Fitnessübungen an." Jugendliche im Alter zwischen sechs bis 16 Jahren mit Interesse am Kanusport sind jederzeit herzlich willkommen, unterstreicht Ralf Arndt. Voraussetzungen? "Nun ja, schwimmen sollten Kanuten können", setzt er vor- aus.

Ein Thema für sich sind die Hochwasser, die der Trainer in seinem Bootshaus bislang erlebt hat. Viermal trat die Elbe seit 1995 in extremer Weise über die Ufer. Viermal waren Arndt und seine Ehefrau, mit der er gemeinsam im Bootshaus lebt, von der festen Außenwelt abgeschnitten.

Ganz schön bedrohlich so nah dran. Oder? Arndt antwortet in seiner typisch unaufgeregten Art: "Das ist schon immer wieder ein Naturschauspiel. Man muss sich drauf einstellen. Wir haben in Schönebeck ja Zeit, uns auf die Flut vorzubereiten, bevor sie hier ankommt." Und die Elbe und ihre Auen sind für den Kanu-Trainer kurzgefasst was? "Ein Paradies für Mensch und Tier. Der Fluss sollte so erhalten bleiben, wie er ist." Das Plädoyer eines Trainers.