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Behelfsbrücke im Bereich Rajoch kurzfristig nicht machbar Befürchtung wird wahr: Landesstraße bis 2015 dicht

Die Taubebrücke im Zuge der Landesstraße 63 zwischen Lödderitz und
Sachsendorf ist seit dem Hochwasser akut einsturzgefährdet. Der Verkehr
wird seit Wochen umgeleitet. Und das soll bis Ende 2015 so bleiben.

Von Tilman Treue 14.09.2013, 01:10

Lödderitz l Donnerstag, 9 Uhr, am Ortsrand von Lödderitz. Es nieselt und ist kühl geworden. Dunkle Wolken ziehen tief über die Auwälder, während sich auf der schmalen Straße Laster, Traktoren und Personenkraftwagen den wenigen Raum streitig machen. Ein 40-Tonner, beladen mit schweren Betonteilen, biegt aus Richtung Kühren kommend auf die Straße ein, braucht dazu fast die gesamte Straßenbreite. Ein entgegenkommender Kieslaster mit Köthener Kennzeichen weicht auf den Randstreifen aus, trotzdem ist es Zentimeterarbeit, aneinander vorbeizukommen. Das Bankett ist nicht nur an dieser Stelle völlig zerfahren, tiefe Reifenspuren links und rechts neben der einstreifigen Fahrbahn. Die Asphaltkante ist stellenweise so hoch, dass sich ein Autofahrer gar nicht mehr traut auszuweichen. Die Lasterfahrer nehmen das Tempo dennoch nicht zurück, ein Autofahrer schüttelt den Kopf, als er den Fotografen stehen sieht.

Was hier beschrieben wird, passiert nicht auf irgendeinem Feldweg, sondern auf der ausgeschilderte Umleitung der Landesstraße 63, die Dessau und Aken mit Calbe und der Bundesautobahn 14 verbindet.

Zwischen dem 240-Seelen-Ort Lödderitz und dem noch viel kleineren Rajoch zerstörte das Hochwasser die Brücke über die Taube irreparabel. "Die Landesstraßenbaubehörde musste gemeinsam mit der Straßenverkehrsbehörde des Salzlandkreises eine Umleitungsstrecke suchen", berichtet Harald Müller, Fachbereichsleiter Betrieb und Verwaltung der Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt. Als kürzestmögliche Strecke wurde eine Umleitung über Groß Rosenburg gefunden, die nur etwa drei Kilometer länger ist als der direkte Weg. Die Umleitungsschilder wurden aufgestellt und gut.

Nicht ganz, denn die marode Ortsdurchfahrt von Lödderitz, hier liegt noch Kopfsteinpflaster, das zudem durch das Hochwasser beschädigt wurde, hätte nie mit Schwerverkehr befahren werden dürfen. "Um diese Straße nicht noch weiter zu schädigen, wurde gemeinsam mit dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und dem WWF (World Wide Fund of Natur - Anmerkung der Redaktion) nach einem Ausweg gesucht", so Müller. Als Ausweichstrecke wurde also die Teerpiste gefunden, die für die Baustelle der Deichrückverlegung die Landesstraßen 149 und 63 verbindet und den Lödderitzer Ortskern vom Lastwagenverkehr freihält. Zeitgleich hat die Landesstraßenbaubehörde die Unterhaltung übernommen.

Das Problem dabei: Die Straße hat nur eine Fahrspur, ungefähr in der Mitte eine Ausweichstelle. Bisher reichte das aus. Die Laster von und zur Baustelle rollten zwar ununterbrochen, aber es lief, man wurde sich einig. Doch nun hat der Verkehr zugenommen, der gesamte Umleitungsverkehr rollt ebenfalls hier entlang. Da wird es eng, ein Warten in der Ausweichstelle ist nicht möglich und so wird einfach drauflos gefahren. Schlamm hin oder her.

"Fertige Planungs- und Bauunterlagen für eine neue Taubebrücke lagen nicht in der Schublade." - Harald Müller, Fachbereichsleiter Betrieb und Verwaltung der Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt, Regionalbereich West

Die Situation treibt Ortsbügermeister Michael Kromer Sorgenfalten ins Gesicht. Die Einwohner in seinem durch das Hochwasser schwer getroffenen Ort sehen der Situation am Ortsrand teils kopfschütteln teils aufgebracht zu. Was sie viel mehr verunsichert, ist jedoch die Tatsache, dass ihnen noch niemand sagen konnte, wann die Brücke neugebaut wird. Gerüchte von einer zweijährigen Bauzeit machten die Runde. Und tatsächliche bestätigen sich diese auf Volksstimme-Nachfrage. "Fertige Planungs- und Bauunterlagen für eine neue Taubebrücke lagen nicht der Schublade. Wir mussten bei Null beginnen", erklärt der Fachbereichsleiter. Er bestätigte zugleich, dass die entsprechenden Arbeiten sofort und mit höchster Priorität aufgenommen worden seien. "Dennoch wird vor Ende 2015 keine neue Taubebrücke für den Verkehr zur Verfügung stehen", rechnete Müller vor.

Eine Katastrophe, meint der Ortsbürgermeister, denn die Umwege für seine Einwohner in Richtung Sachsendorf, Calbe oder Nienburg sind groß. Dazu kommt, dass sowohl die Kreisstraße zwischen Groß Rosenburg und Sachsendorf als auch der Abschnitt zwischen dem Rosenburger Ortsausgang und dem Abzweig nach Lödderitz schon jetzt in einem schlechten Zustand sind. "Pioniere überbrücken in kürzester Zeit die Elbe, und wir kriegen es nicht hin, eine Brücke über einen Bach zu bauen?", fragte er ungläubig. Im Dorf kommen derweil Gedanken nach einer Behelfsbrücke auf, wie man sie von ähnlichen Baustellen her kennt.

Derlei Ideen erteilt die Behörde jedoch eine Absage: "Der Bau einer Behelfsbrücke unmittelbar neben der Taubebrücke erscheint zwar zunächst einfach und als die bessere Umleitungsvariante, ist es wegen der hohen Kosten und des zeitlichen Ablaufes aber nicht." Die Gründe dafür liegen vielfältig. Planerische Vorbereitungen, Genehmigungsverfahren, sowie umfangreiche bauliche Maßnahmen auf fremden Grund und Boden brauchen neben dem Geld auch Zeit. "Bis zur Verkehrsfreigabe einer Behelfsbrücke würden auch bei problemloser Vorbereitung etwa 12 bis 15 Monate vergehen."

Die Befürchtungen der Lödderitzer gehen zudem in eine weitere Richtung. "Noch ist die Straße zwischen Calbe und Brumby gesperrt", so Kromer, aber wenn die erst wieder frei ist, wird auch der Verkehr von Aken und Dessau zur Autobahn wieder zunehmen.

Die Landesstraßenbaubehörde reagiert auf die Hinweise: Die Seitenstreifen sollen noch in diesem Monat instandgesetzt werden. "Darüberhinaus werden gegenwärtig Mittel und Wege gesucht, diese Straße für den Umleitungsverkehr soweit zu verbreitern und zu ertüchtigen, dass hier ein besserer und ordnungsgemäßer Verkehrsfluss möglich ist", verspricht der Fachbereichsleiter zumindest Linderung.