Abfanggraben, Siel, Grundwasserhaltung und Pflanzungen - Experten begründen Empfehlungen gegen Vernässungserscheinungen Bei Wasser-Projekten Investitions- und Folgekosten im Blick haben
Schönebeck l Der geplante Abfanggraben für Oberflächenwasser entlang der B 246a-Ortsumgehung bei Schönebeck ist nach Ansicht der Experten eine gute Maßnahme, um den erhöhten Grundwasserstand in der Elbestadt zu entlasten. Das sagt Professor Frido Reinstorf von der Hochschule Magdeburg-Stendal. Der Hydrologe und Geoinformatiker hat das Pilotprojekt Vernässung des Landes Sachsen-Anhalt in Schönebeck wissenschaftlich begleitet. Während einer Informationsveranstaltung fasste Frido Reinstorf die Ergebnisse des Pilotprojekts zusammen und leitete daraus mögliche Projekte ab, mit denen in Schönebeck hohen Grundwasserständen oder Vernässungserscheinungen begegnet werden kann.
Randel- und Solgraben entlasten
Auf Platz 1 liegt dabei der Graben. "Von diesem Graben profitieren die Stadt und das Umland, das Wasser macht nicht an Stadt- oder Verwaltungsgrenzen halt."
Der Graben entlang der Umgehungsstraße mit gleichzeitiger Tiefendrainage (Volksstimme berichtete) würde zum einen das Oberflächenwasser aus dem Elbe-Saale-Winkel, aus Calbe und Bördeland vor den Stadttoren abfangen und direkt in die Elbe führen. Die Orte könnten also ihr Wasser Richtung Schönebeck ableiten, was in eigenen Maßnahmen so auch vorgesehen ist. Das hätte zum anderen zur Folge, dass die Gräben in der Stadt - Solgraben und Randel - mehr Kapazität hätten, um hier als Vorfluter zu dienen, was insgesamt wiederum den Grundwasserspiegel entlaste.
Randel- und Solgraben in Gänze auszubauen und zu vertiefen zeige den Untersuchungen Frido Reinstorfs und seiner Studenten zufolge wenig Effizienz und sei zu teuer.
Als zweite Maßnahme schlägt der Experte Grundwasserhaltung vor, etwa durch Brunnen. Das wäre, so Frido Reinstorf, in Bad Salzelmen denkbar.
Kosten und Folgekosten sind berücksichtigt
Ein dritter Schritt wäre der Bau eines Siels an den Bullenwiesen in Frohse. Dort mündet der Solgraben in die Elbe. Bei Hochwasser würde so vermieden werden, dass der Fluss in den Graben zurückdrückt und damit auch den Grundwasserspiegel in der Stadt beeinflusst. Schließlich, und als vierter Punkt, müsse es Anpassungsstrategien landschaftlicher Flächenutzungen geben. Denkbar seien, so der Experte, Aufforstungen am Stadtrand und im Umland, oder Gewässerrandstreifen. Dem Wasser müsse Fläche geboten werden, um verdunsten zu können und nicht einfach abzufließen.
Bei allen Varianten haben Frido Reinstorf und die Studenten sowohl den Investitionsaufwand berücksichtigt, als auch die Folgekosten, die für Unterhaltung oder Energiekosten entstehen würden. Das setzte man in den Vergleich zu denkbaren Alternativen wie Vertikalfilterbrunnen für bestimmte Stadtbereiche oder Einzelobjektschutz. Dabei zeigte sich, dass zwar zum Teil erhebliche Investitionskosten jetzt für die vorgeschlagenen Maßnahmen zusammenkämen, allerdings die Folgekosten geringer ausfallen. "Bedenkt man, dass die Bürger sicherlich über Umlagen oder Beiträge in irgendeiner Form belastet werden, ist das kein unerheblicher Aspekt", so der Wissenschaftler.
Eine klare Absage erteilen die Experten der Idee, das Pretziener Wehr nicht erst bei einem Hochwasser-Pegel von 5,95 Meter zu ziehen, sondern eher. Die Effekte bleiben aus, denn die Reichweite des bedingt schnelleren Grundwasserabflusses sei eher gering.