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  7. Biogasanlagen pauschal verteufeln? "Nicht wenn das Gesamtkonzept stimmt"

Geschäftsführer Henning Köcher gewährt einen Blick in sein Hecklinger Unternehmen Biogasanlagen pauschal verteufeln? "Nicht wenn das Gesamtkonzept stimmt"

Von Kathleen Radunsky-Neumann 12.01.2012, 05:22

Biogasanlagen stehen nicht selten wegen des Geruchs und der Nutzung von Feldfrüchten in der Kritik. Die pauschale Verurteilung kann Henning Köcher, Geschäftsführer der Biogas Hecklingen Gmbh und Co. KG, nicht uneingeschränkt teilen. Stimmt das Konzept, kann eine solche Anlage das Firmenkonzept ideal erweitern.

Hecklingen l Wo Tiere leben, dort riecht es unweigerlich danach. Das ist nicht von der Hand zu weisen, das weiß auch Henning Köcher. Doch den Kritikpunkt, dass Biogasanlagen stinken, lässt der Geschäftsführer der Biogas Hecklingen GmbH Co. KG nicht zu. "Das System ist geschlossen, da kann nichts riechen", sagt er überzeugt. So muss ein Besucher am Firmensitz in Hecklingen tatsächlich nur die Nase rümpfen, wenn er den Geruch der 9000 Schweine nicht mag, die hier gehalten werden.

Seit zehn Jahren betreibt der Landwirt hier Ackerbau und Viehhaltung. 2007 hat sich Henning Köcher dafür entschieden, sein Unternehmen um ein weiteres Standbein zu erweitern. "Dadurch ist der Kreislauf geschlossen", sagt der Geschäftsführer, der ausschließlich Vorteile für sein Unternehmen verbuchen kann, geht es um den Einsatz der Biogasanlage. Schließlich sind es auch die Synergieeffekte gewesen, die ihn veranlasst haben, insgesamt vier Millionen Euro in die Anlage, die 2009 um einen Fermenter erweitert wurde, zu investieren. "Bereut habe ich diesen Kapitalaufwand noch nicht eine Sekunde", betont Köcher, dass sich seine Vorstellungen erfüllt haben. Demnach habe sich die Biogasanlage inzwischen zum Kernstück seines Firmenkonzeptes entwickelt.

Denn: Grob umschrieben wird die Gülle der Tiere in der Biogasanlage zu natürlichem Dünger umgewandelt, der dann den Ackerbau beflügelt, woraus schließlich mitunter Pflanzen für die Biogasanlage wachsen. "Das Biogas ist ein gutes Zwischenglied im Nährstoffkreislauf", sagt Henning Köcher, der kein Problem damit hat, der Öffentlichkeit seine Biogasanlage vorzustellen. Schließlich habe er nichts zu verbergen.

"Und mit Kritik in welcher Form auch immer habe ich hier am Standort in Hecklingen auch nie kämpfen müssen", sagt er frei heraus. Deshalb biete er auf Nachfrage zum Beispiel auch Rundgänge für Schulklassen durch seinen Betriebssitz an. Dabei erklärt er verständlich, worin er die angepriesenen Synergieeffekte sieht und was überhaupt in einer Biogasanlage passiert.

Einsparung von Heizöl durch das Biogas

Technisch gesehen wird eine organische Masse aus Mais, Futterresten und Schweinegülle im Fermenter auf 40 Grad Celsius erhitzt. "Dadurch vergärt das Produkt", erklärt Henning Köcher, "und dabei entsteht das Biogas." Dieses wiederum wird in der Biogas Hecklingen GmbH Co. KG für den Betrieb eines Generators genutzt. Zu 80 Prozent wird das Biogas in dem Unternehmen verwertet. Einerseits zum Beheizen der Schweineställe, andererseits für die Futtermittelherstellung. "So können wir die Kartoffeln für unsere Schweine zu warmer Kartoffelsuppe dämpfen", erklärt Köcher. Auf die Art spart das Unternehmen insgesamt rund 300000 Liter Heizöl pro Jahr. "Das ist schon enorm", versucht der Geschäftsführer einzuordnen, der nun überhaupt keine fossilen Brennstoffe mehr zukaufen muss.

Kostenersparnis und Effizienz sieht Henning Köcher auch in den Resten, die die Biogasanlage sozusagen wieder ausspuckt. "Diese organischen Stoffe nutzen wir als Dünger für unseren Ackerbau", erzählt der 41-Jährige, der gleichzeitig zwei Vorteile dieser Masse aufzählt. "Erstens riecht sie 50 bis 70 Prozent weniger", sagt Köcher. Und zweitens, so der Firmenchef, können die Pflanzen die Nährstoffe dieser vergorenen Masse besser aufnehmen. Deshalb nutzt das Unternehmen die Biogasreste als Volldünger.

Ein weiterer Vorteil ergibt sich für den Ackerbau. Circa 20 Prozent nimmt der Silomais ein. "Das ist eine lukrative Frucht, die wir ausschließlich für die Biogasanlage nutzen", erläutert der 41-Jährige. Der Mais, den der Firmenchef erst seit der Installation der Biogasanlage anbaut, führe für das Unternehmen zu einer starken Risikostreuung und Erweiterung der Fruchfolge auf dem Acker.

Wesentlich für Henning Köcher ist des Weiteren der wirtschaftliche Faktor. "Mit dem Biogas haben wir ein weiteres Standbein, das losgelöst vom Acker und der Tierhaltung funktioniert", macht er deutlich. Denn nicht 100 Prozent der erzeugten Energie werden für die Firma gebraucht. Ein Teil wird in das örtliche Stromnetz eingespeist. "Das ist für uns eine feste Kalkulationsgröße, weil wir durch das Erneuerbare-Energie-Gesetz eine Preisgarantie für 20 Jahre erhalten haben", nennt Köcher einen wesentlichen Nutzen. "So kann ich besser für die Zukunft planen", schätzt der Firmenchef ein.

Einen Vorzug sieht er indes auch für seine Mitarbeiter. "Gerade bei der Tierhaltung sind wir auf gut ausgebildete Arbeitskräfte angewiesen", sagt er. Mit der Biogasanlage bietet er seinen Angestellten auch eine moderne Anlage, die das Aufgabenspektrum erweitert. Das ergebe seiner Ansicht nach einen attraktiven Arbeitsort. Derzeit sind 12 Mitarbeiter bei der Biogas Hecklingen GmbH Co. KG beschäftigt.

Obwohl Köcher sein Unternehmen mit dem Einsatz der Biogasanlage erweitert hat und demzufolge mehr Mitarbeiter beschäftigt, schließt er im Volksstimme-Gespräch eine Erweiterung in naher Zukunft aus. "Die Synergien sind ausgeschöpft", sagt er. Der Unternehmer sieht er Chancen in der Weiterentwicklung der Technik. "Damit wird das gesamte System effizienter", ist er überzeugt.

Energie als Standbein neben Acker und Vieh

Grundsätzlich sieht er positiv in die Zukunft. Vor allem deshalb weil Biogas im Gegensatz zu Energie aus Windrädern und Solaranlagen unabhängig vom Wetter erzeugt werden kann. Trotzdem sieht er den Bau von manch übergroßen Biogasanlagen anderswo in Deutschland als bedenklich an. "Wenn die Transporte Überhand nehmen oder das Wärmekonzept fehlt, macht das keinen Sinn", gibt er zu. Nicht zu verantworten ist aus seiner Sicht außerdem, wenn die Wertschöpfung den Landwirten aus der Hand genommen werde. Ähnlich wie bei den meisten Photovoltaikanlagen, wo der Betreiber die Gewerbesteuer an seinem eigentlichen Standort abführt, jedoch nicht an die Kommune, wo die Solaranlage steht. Sein Fazit bleibt: "Man kann Biogasanlagen nicht pauschal verurteilen", fasst Henning Köcher zusammen.