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Computersucht Süchtig am Bildschirm in Schönebeck

Videospiele und soziale Medien nehmen immer mehr Zeit im Leben, vor allem junger Menschen, ein. Doch wann wird das zum Problem?

Von Paul Schulz 16.10.2020, 01:01

Schönebeck l Kontrollverlust – das haben nahezu alle Süchte miteinander gemeinsam. Auch Medien- beziehungsweise Videospielsucht bildet da keine Ausnahme. Wenn die Kontrolle über Beginn, Häufigkeit, Intensität, Dauer, Beendigung und Kontext des Spielens beeinträchtigt wird, kann das ein Anzeichen für eine Mediensucht sein, teilt Katrin Bock, Leiterin der Suchtberatung bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) im Salzlandkreis, mit. Auch wenn das Spielen oder „Online-sein“ immer mehr in den Vordergrund rückt und andere Lebensinteressen und die täglichen Aktivitäten verdrängt, kann das ein Anzeichen für Mediensucht sein.

Laut Untersuchungen des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) ist die Sucht nach Medien unter Kindern und Jugendlichen weit verbreitet. Etwa jedes achte Kind im Alter zwischen zehn und 17 Jahren würde Computerspiele in riskanter oder gar krankhafter Weise nutzen. In Sachsen-Anhalt würden hochgerechnet also 17.900 Jungen und Mädchen betroffen sein. Die Corona-Pandemie verschärft diese Entwicklung sogar noch. Im Vergleich zum Herbst 2019 nehmen die Spiel- zeiten unter dem Corona-Lockdown werktags um bis zu 75 Prozent zu, so ein Zwischenergebnis der UKE-Studie.

Bei den Suchtberatungsstellen der Awo im Salzlandkreis spielt Mediensucht derzeit noch eine eher untergeordnete Rolle. „Bisher sind Klienten, die von einer Mediensucht betroffen sind und zu uns kommen, eher die Ausnahme“, informiert Katrin Bock. Jedoch würden immer häufiger Drogenkonsumenten neben ihrer Drogensucht auch Symptome einer Mediensucht aufzeigen. „Vor allem die Crystal-Konsumenten, die bei uns vorstellig werden, zocken dann massiv unter dem Einfluss von Drogen. Jedoch sehen diese Betroffenen ihr Gamingverhalten meist nicht als Problem an.“

Obwohl bislang nur wenige Menschen mit einer Mediensucht in der Beratungsstelle der Awo Hilfe suchten, so bestätigen die Beobachtungen von Katrin Bock dennoch, dass vor allem junge Menschen anfällig dafür sind. „Meist waren die Personen mit Symptomen einer Mediensucht im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren. Hier haben die Betroffenen selbst kaum Problembewusstsein, es sind eher die besorgten Eltern, die ihre Kinder schicken“, informiert Bock. Interessanterweise handelte es sich bei der Awo-Suchtberatung ausschließlich um männliche Klienten.

Doch wie kann Menschen mit einer Mediensucht geholfen werden? Katrin Bock: „Kommt jemand mit dieser Problematik zu uns, werden die Mitarbeiterinnen beratend tätig. Sie informieren über diese Suchtart, über Anzeichen und Auswirkungen und prüfen, ob Symptome für Mediensucht vorhanden sind.“

Anschließend besprechen sie mit den Klienten die verschiedenen Hilfsmöglichkeiten. Das können zum Beispiel Einzel- und Gruppengespräche in der Beratungsstelle sein, aber auch die Beantragung einer stationären Therapie in einer spezialisierten Fachklinik. Eine anschließende Nachbetreuung zählt ebenso dazu. „Bei Bedarf werden auch die Angehörigen in Form von Angehörigengesprächen mit einbezogen“, ergänzt die Leiterin der Awo-Suchtberatung.

Um Mediensucht möglichst früh zu erkennen, haben der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte und die Krankenkasse DAK ein Frühwarnsystem entwickelt. Das Projekt startete im Oktober in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. In dessen Rahmen wurde eine Website als Anlaufstelle geschaffen. Unter www. computersuchthilfe.info werden potenziell Suchtbetroffene und Angehörige aufgeklärt und finden Hilfe und Tipps rund um die Problematik Mediensucht.