Felgeleben: Linearantrieb eingebaut / Erleichterung für Otto Westphal und Leopold Endemann Die Glocken läuten jetzt auf Knopfdruck
Von einem "denkwürdigen Ereignis" hat gestern Pfarrer Johannes Beyer in Felgeleben gesprochen. Er lud die Kirchengemeinde zu einem ganz besonderen Moment ein: dem ersten elektrischen Anläuten der Glocken im Kirchturm.
Felgeleben l "Das ist eigentlich unvorstellbar", sagte gestern Vormittag Otto Westphal sichtlich gerührt. Er stand vor dem Kirchturm in Felgeleben, in der Hand die Fernbedienung, mit der er Glocke für Glocke in Bewegung setzen konnte. Wo bislang Körperkraft von ihm gefordert war, reicht nun ein Knopfdruck. Für ihn, der 15 Jahre hauptsächlich für das Läuten verantwortlich zeichnete, "unvorstellbar". Kein Aufstieg der steilen Turmtreppe mehr, kein kräftiges Ziehen am Glockenseil.
Es sei ein "denkwürdiges Ereignis", sagte Pfarrer Johannes Beyer, zu dem sich die Kirchengemeinde Martin Luther am Sonntagmorgen am Kirchturm zusammenfand. Eine ungewöhnliche Stelle für Gebet und Lieder, jedenfalls in den vergangenen Jahren. Früher hingegen sei dieser Treffpunkt ganz normal gewesen.
"Es ist ja nun nicht so, dass die Glocken nicht geläutet hätten. Aber dafür musste derjenige kräftig am Strick ziehen", erklärte Johannes Beyer. Das hätten bis dato Otto Westphal und Leopold Endemann geleistet. "Und die Treppe ist auch immer steiler geworden. Stimmt\'s Herr Westphal?", sagte der Pfarrer und schmunzelte.
Die Kirchengemeinde hatte lange für das Elektrifizieren des Glockenantriebes gesammelt. Anträge wurden gestellt, auf Zuschüsse gehofft. Doch die zugesagten Mittel seien immer sehr spärlich gewesen. "Immer mal ein Tröpfchen, aber nie ein Regen", formulierte Johannes Beyer es passend. "Aber ihr Felgeleber seid ja ungeduldig. Und deshalb habt ihr nun gesagt: Jetzt machen wir es alleine."
Rund 10 000 Euro Eigenmittel seien investiert worden. Hausanschluss und Leitungen mussten gelegt, alle Etagen im Turm mit Strom versorgt werden. Ein Glockenbauer baute die nötige Technik für einen Linearantrieb ein. In diesem Zuge passierten auch notwendige Holzarbeiten: der Glockenboden erhielt neue Bohlen. Für den Hausanschluss kam vom Kirchenkreis ein Zuschuss. "Weil es keine Verschleißteile wie Ketten und Gestänge mehr gibt, können die drei Glocken viel schonender geläutet werden", erklärt Beyer. Dies kann per Knopfdruck mit einer Fernbedienung geschehen oder per Schaltuhr. Der Pfarrer ist begeistert: "Ich finde das ganz prima. Jetzt können wir läuten, wann wir wollen und so oft wir wollen. Herr Westphal könnte das sogar vom Bett aus machen." Ein herzliches Lachen machte die Runde, und Johannes Beyer fügte hinzu: "Mir ist es natürlich am liebsten, wenn Sie vor Ort sind."
Das erste elektrische Anläuten der drei Glocken lag dann - natürlich - in der Hand von Otto Westphal. Nach der Erkundung des verschönerten Kirchturms gab es im Pfarrhaus noch einen Empfang. Immerhin hatten alle einen guten Grund anzustoßen. Und um darüber nachzudenken, was als nächstes in Angriff genommen werden könnte. "Die Schallluken müssen noch erneuert werden", regte Beyer an.
Mit der Glocken-Fernbedienung in der Tasche ist sicherlich Otto Westphal dann heim gefahren. Er freue sich über diese Neuerung, betont aber, dass er das Läuten nicht als Arbeit empfunden habe. Eher als eine schöne Aufgabe, die er von seinen Vater übernommen habe, der dies zuvor gemacht hat.