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Ein Menschenfreund mit Charme und Witz

Von Thomas Linßner 07.07.2015, 20:43

Wie erst jetzt bekannt wurde, verstarb der Gründer des Mirgorod-Projektes Prof. Manfred Rühmland am 26. Juni.

Barby/Berlin l 1999 hob Manfred Rühmland mit Unterstützung des ehemaligen Barbyer Reha-Klinik-Direktors Prof. Kristian Kothe und Bürgermeister Jens Strube das Mirgorod-Projekt aus der Taufe. Verschiedene Institutionen, Firmen und Privatpersonen aus dem Landkreis sponserten das Geld zur Behandlung von 15 Waisenkindern in der Ukraine. Auch Barbys Stadträte spendeten jährlich einen Teil ihres Sitzungsgeldes dafür; der städtische Kneipp-Verein zählte seit Anbeginn ebenfalls zu den Förderern.

Die Patenschaften ermöglichten eine Hilfe in Höhe von 10000 Euro pro Jahr. Davon wurden Insulin bezahlt und Fachkräfte geschult; zweimal jährlich fuhren die Kinder in ein Ferienlager. Mehrmals waren sie in der damaligen Verwaltungsgemeinschaft Elbe-Saale-Winkel zu Gast.

Manfred Rühmland - selbst seit 1983 Diabetiker - hielt sich sieben Monate im Jahr in der Ukraine auf. Hier war er verheiratet, diente sein Sohn in der Armee. Ein Schlüsselerlebnis für den Wahl-Berliner war der Kontakt zu diesen Kindern bei einem Ferienlager-Aufenthalt 1998 in Deutschland. Dabei erlebten Waisenkinder die schönsten Tage ihres Lebens, weil zum ersten Mal ihre Blutzuckerwerte auf einen medizinisch vertretbaren Stand sanken.

Tschernobyl-Katastrophe verstärkte Anfälligkeit für Infektionen

Mit Hilfe der Reha-Klinik Barby wurde eine für die Ukraine unbekannte Therapie eingeführt. "Wir hatten der Auffassung im Land `Diese Kinder braucht keiner´ den Kampf angesagt. Seit dieser Zeit haben wir fast täglich Anfragen wie: `Mein Insulin ist zu Ende; Ich habe keine Perspektive, am liebsten würde ich sterben´", erklärte Rühmland damals bewegt. Die Tschernobyl-Katastrophe verstärkte die Anfälligkeit der Kinder für Infektionen. In der Ukraine lebten zwei Drittel unter der Armutsgrenze in der Welt. Heute sind die Mirgorod-Kinder erwachsen, haben selbst schon Familien und gelten als wirtschaftlich selbständig.

Rühmland konnte man wegen seiner jahrelangen Kontakte auch als Insider der aktuellen politischen Situation in der Ukraine bezeichnen. Er begrüßte die Veränderung der Machtverhältnisse mit vorsichtigem Optimismus, warnte aber stets davor, überzogene Erwartungen zu haben. Das Leben in diesem Land ohne Korruption sei nicht vorstellbar. Auch jeder demokratisch gewählter Präsident würde es stets schwer haben, sich gegen dieses verfilzte Geflecht durchzusetzen.

Seebestattung in der Ostsee

Immer wieder war Manfred Rühmland in Barby und Umgebung unterwegs, um für sein Mirgorod-Projekt zu werben. Das tat er stets mit Witz und Charme, dem man sich kaum entziehen konnte. Sein letztes großes Hilfsprojekt galt 2011 der jungen Ukrainerin Maryna Jaishko, die infolge der Diabeteserkrankung fast erblindet war. Rühmland organisierte eine Spendenaktion, bei der über 8000 Euro für Augenoperation und Anschlussheilbehandlung in Berlin zusammen kamen. Dabei wurde die Sehkraft auf einem Auge wieder hergestellt. In der Ukraine wäre Maryna vollkommen erblindet.

Manfred Rühmland gehörte zu jenen Menschen, die nie über eigene gesundheitliche Beschwerden klagten, sich aber stets für das Wohl Anderer einbrachten. Der Satz eines vom ihm betreuten Waisenkindes machte seine Lebensleistung deutlich: "Wenn Sie mir nicht geholfen hätten, wäre ich schon tot."

Manfred Rühmland wird per Seebestattung in der Ostsee beigesetzt.