Sogenannte Model sind mehrere hundert Jahre alt/In Barby gibt es noch einige davon Einst funktionale Lebkuchen-Backformen sind heute begehrte Sammlerstücke
Wie sehr Kunsthandwerk und der ästhetische Anspruch der Backwarenkundschaft beieinander lagen, beweisen sogenannte Honigkuchen-Model. Die Holzformen für Teig wurden einst kunstvoll aus Lindenholz geschnitzt.
Von Thomas Linßner
Barby l Es war 1992, als das Haus einer ehemaligen Bäckerei in der Ludwig-Fuchs-Straße den Besitzer wechselte, der dann kräftig entrümpelte. Dabei wurde jede Menge Plunder, wie sich später herausstellte, aber auch etwas sehr Wertvolles auf die Kippe an der Fährstraße gefahren.
Model gelten heute als Antiquitäten
Es handelte sich um sogenannte Model oder Pfefferkuchenformen, die rund 200 Jahre alt waren. Ihr wurmstichiger Zustand wird den neuen Besitzern vermutlich Unbehagen zugefügt haben: "Die ollen Holzbretter müssen weg, wir holen uns sonst die Holzwürmer in den Dachstuhl."
Die Zeugen einstiger Bäckerkunst, die als Antiquitäten begehrt sind, liegen heute etwa zehn Meter unter dem neuen Schützenplatz und sind längst verrottet. In der Barbyer Chronik von 1913 werden sie bereits erwähnt. Damals wusste man besser um ihren Wert.
Dort steht zu lesen: In verschiedenen alten Barbyer Bäckereien, zum Beispiel der Meister Lehmann und Brabant, besonders aber in reicher Auswahl bei dem Bäckermeister Traute finden sich Pfefferkuchenformen, die in früheren Jahrhunderten bei der Verbreitung dieses Kuchens häufig gebraucht wurden.
Der Deutsche aß nicht nur gern süßes Gebäck, dasselbe musste auch eine gewisse künstlerische Form haben, oder Beziehungen zu den Festtagen ausdrücken, an denen es verspeist oder zu den Gelegenheiten, bei denen es verschenkt wurde. So zeigen die Model Weihnachts-, Oster- oder Pfingstsymboliken. Aber auch stolze Husaren hoch zu Ross waren begehrte Formen.
Schon unsere heidnischen Vorfahren pflegten den Brauch, heilige Tiere oder Götterbilder aus Teig zu formen und zu backen.
Im Mittelalter besann sich auch die christliche Gemeinschaft auf diese Ausdrucksweise. Man konnte Kunst anschließend aufessen.
Es sind Fälle bekannt, da wurde der Pfefferkuchenmann über viele Jahre aufbewahrt, bis ihn der Zahn der Zeit zernagte.
Der zähe, plastische Pfefferkuchenteig lud geradezu zum Modellieren ein. Der große Verbrauch gestattete aber nicht in jedem Fall das Formen aus freier Hand. Also bedienten sich auch die Barbyer Bäckermeister vor mehr als 200 Jahren den in Holz gestochenen Formen zur Herstellung des Kuchenreliefs.
Liebende Pärchen und christliche Symbolik
Der Chronist Karl Höse vermutet, dass in der ersten Zeit die Bäcker ihre Formen selbst herstellten. Später bezog man sie von professionellen Bildschnitzern. Jede Form stellt dadurch ein Unikat dar, weil ja jedes Lindenholzbrett einzeln geschnitzt werden musste.
Im 16. und 17. Jahrhundert waren die Wappen von Städten bevorzugte Motive.
Höse schreibt: "So findet man in der reichen Sammlung des Bäckermeisters Traute die Wappen von Barby, Berlin und Magdeburg, Fabelwesen, liebende Pärchen, Fische, Reiter usw."
Von Paul Trautes einst 40 Model sind nur noch ganz wenige erhalten, die sich bei den Nachkommen beziehungsweise in einem Barbyer Privathaushalt befinden. Trautes älteste Pfefferkuchenform stammte von 1650! Erstaunlich, wie sie die Zeit überdauerte.