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FahrerlaubnisAls Autofahrer aufs Motorrad

Ohne Prüfung Motorrad fahren? Fahrlehrer in Schönebeck sind dazu geteilter Meinung.

Von Paul Schulz 31.03.2020, 01:01

Schönebeck l So mancher Autofahrer guckt vielleicht etwas neidisch durch die Windschutzscheibe, wenn ihm bei schönem Wetter ein Motorradfahrer entgegenkommt. Dazu gibt es aber gar keinen Grund mehr, denn auch Pkw-Fahrer dürfen sich seit dem 31. Dezember vergangenen Jahres auf die zweirädrigen Vehikel schwingen – und das ganz ohne Prüfung. Auch in Schönebeck gibt es bereits erste Interessenten, wie die Fahrlehrer Jens Anders und Günther Köcher mitteilen.

Möglich macht das die 14. Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften. Demnach dürfen nämlich Personen, die mindestens 25 Jahre alt sind und seit mindestens fünf Jahren einen Führerschein der Klasse B besitzen (Autoführerschein), auch Leichtkrafträder fahren. Dabei handelt es sich um Motorräder, Roller und Mopeds mit einem Hubraum von maximal 125 Kubikzentimetern und einer Leistung von höchstens 11 kW (15 PS). Für solche Maschinen brauchte man bisher einen Führerschein der Klasse A1 – den „kleinen“ Motorradführerschein.

Doch ganz so schnell darf sich nun doch nicht jeder auf das motorisierte Zweirad setzen. Vorher müssen die Fahrer nämlich theoretische und praktische Schulungen in einer Fahrschule absolvieren. Laut Verordnung müssen mindestens vier theoretische und fünf praktische Unterrichtseinheiten zu jeweils 90 Minuten nachgewiesen werden. Erst danach wird die Führerscheinklasse B mit der Schlüsselziffer 196 versehen, die zum Fahren der Leichtkrafträder berechtigt. Allerdings ausschließlich in Deutschland.

Die Schulungen für die Erweiterung der Führerscheinklasse werden auch in den Fahrschulen Schönebecks angeboten. Die Fahrschulbetreiber Jens Anders und Günther Köcher haben bereits Interessenten.

Köcher begrüßt die neue Regelung. „Der A1-Führerschein ist ohnehin kaum gefragt. So überlegen es sich vielleicht doch noch ein paar mehr“, sagt er. Somit würden die Fahrschulen – ökonomisch betrachtet – davon profitieren, meint Köcher. Zudem hält der Fahrlehrer die vorgeschriebenen Schulungen für ausreichend, um solide fahren zu können. „Und wenn man merkt, dass jemand noch unsicher fährt, kann man ihm ja ans Herz legen weitere Übungsstunden zu absolvieren.“

Jens Anders hält nicht „allzu viel“ von der Erweiterung der Führerscheinklasse B. Er sagt: „Motorradfahren will gelernt sein.“ Anders betont, dass es bei Leichtkrafträdern keine Knautschzone gibt und dass Fahrfehler gravierende Folgen haben können. „Und wir Fahrlehrer bekommen dann den ‚Schwarzen Peter‘ zugeschoben, weil wir die Person geschult haben.“ Der Schönebecker Fahrlehrer ist der Meinung, dass ein Prüfer die Fähigkeiten des Fahrer abnehmen sollte – zur Sicherheit aller.

Um die angehenden Motorradfahrer möglichst gut vorzubereiten, würde er vor allem die Grundfahraufgaben üben lassen. Dazu zählen beispielsweise Brems- und Ausweichmanöver oder Slalomfahrten, wie sie auch bei den Prüfungen für die Motorradfahrerlaubnis vorgeschrieben sind.

Übrigens: Für Fahrer, die durch die Neuregelung „auf den Geschmack“ gekommen sind und auch größere Maschinen fahren wollen, ist ein sogenannter „Stufenführerschein“ nicht möglich. Zur Erklärung: Wer den Führerschein für Leichtkrafträder (A1) mindestens zwei Jahre besitzt, der muss lediglich eine praktische Prüfung absolvieren, um in die Klasse A2 „aufzusteigen“. Damit dürfen dann Motorräder mit einer Leistung bis zu 35 kW (48 PS) gefahren werden. Dieser Aufstieg ist durch die Erweiterung der Führerscheinklasse B nicht möglich. Das bedeutet, dass diese Personen ganz regulär und in vollen Umfang eine Fahrschule besuchen und Fahrstunden nehmen müssen, um die Fahrerlaubnis A2 zu erwerben.