FernbeziehungPlötzlich tauchte sie auf dem Radar auf
Transatlantische Liebesbeziehung zwischen Ralily Araujo dos Santos und Tobias Reinecke geht in die nächste Runde
Schönebeck l Ralily Araujo dos Santos absolvierte in den letzten eineinhalb Jahren ein Freiwilliges Soziales Jahr im CVJM in Bad Salzelmen (Volksstimme berichtete). In der Einrichtung, in der auch ihr Partner Tobias Reinecke einen Teil seiner Freizeit verbringt und sich im Christlichen Verein Junger Menschen im Vorstand engagiert.
Die Brasilianerin und der Schönebecker sind ein Paar. Nein – sie lernten sich nicht erst während dos Santos Zeit in Schönebeck kennen und lieben, sondern der Aufenthalt der Südamerikanerin war vielmehr ein Resultat der Liebesbeziehung.
Angefangen hat die transatlantische Liebesgeschichte – wie bei so vielen heutzutage – über eine App für Smartphones. Eine spezielle Dating-App, genauer gesagt. „Eigentlich hatte ich meinen Radius bei Tinder deutlich geringer eingestellt“, blickt Tobias Reinecke zurück. „Manchmal spinnt die App ja. Aber nein, sie kam wirklich aus über 10 000 Kilometern Entfernung.“ Die persönlichen Chatnachrichten wanderten also regelmäßig über den „großen Teich“ hin und her. Die beiden lernten sich immer besser kennen.
Klar – irgendwann wollten der Schönebecker und die junge Frau aus Südamerika mehr. Sich endlich persönlich treffen. Die 32-jährige Araujo dos Santos hatte ohnehin eine Reise nach Europa geplant. Im Sommer 2017 war es dann endlich soweit.
Das erste Treffen der beiden stand an. Sie trafen sich in der Bundeshauptstadt Berlin. Kurze Zeit später stand für sie fest, dass sie es als Paar versuchen wollten. Trotz der Entfernung. Trotz aller Unterschiede zwischen den Kulturen.
Die beiden starteten das Abenteuer Fernbeziehung. „Wir haben uns etwa alle drei Monate gesehen“, erklärt der 29-jährige Tobias Reinecke. Er selbst habe Brasilien bei insgesamt vier Besuchen kennen und schätzen gelernt. Railily Araujo dos Santos hat drei Mal den Weg nach Deutschland angetreten. In ein Land, das für die letzten eineinhalb Jahre ihr Zuhause war. So lange hat sie im CVJM in Schönebeck gearbeitet, Land, Leute und Sprache noch besser kennengelernt.
Sie vermisst ihre Heimat. Es wird Zeit, sagt sie, dass sie Familie und Freunde endlich wieder in die Arme schließen kann. „Eineinhalb Jahre sind einfach zu lang“, meint die sympathische junge Frau. „Wenn ich in Deutschland leben will, möchte ich mindestens alle sechs Monate nach Brasilien reisen“, erklärt dos Santos. Wohl wissend, dass ihr Partner Tobias Reinecke hier in der Elbestadt lebt. In der Stadt, in der sie die deutsche Kultur so lange kennengelernt hat.
Länger, als ihr eigentlich lieb war. Ursprünglich hätte das Auslandsabenteuer der Südamerikanerin schon nach zwölf Monaten beendet sein sollen. Doch die Corona-Pandemie kam auch hier dazwischen. Ralily Araujo dos Santos blieb länger. Länger im CVJM. Länger in Schönebeck. Bei ihrem Freund. Und in Sicherheit.
Sicherheit – das ist etwas, das sie aus ihrer Heimat nicht in der Art und Weise kennt, wie sie es hier erlebt hat. „In Brasilien könnte ich nicht einfach mit einem Handy in der Hand durch die Straßen laufen“, erklärt sie in inzwischen sehr passablem Deutsch. Das wird sie vermissen. Genauso wie die günstigen Preise beim Einkaufen. „Viele Sachen sind hier einfach billiger“, meint sie.
Tobias Reinecke bestätigt das. „Grundnahrungsmittel wie zum Beispiel Nudeln sind in Brasilien oft drei Mal so teuer wie hier.“ Aber das Land hat, findet der Schönebecker, auch seine schönen Seiten. Die Strände zum Beispiel: „Die sind wirklich toll und das Wetter ist hervorragend.“ Theoretisch könne er sich schon vorstellen, einmal im Flugzeug zu sitzen und im brasilianischen Sao Paolo auszusteigen – ohne Rückflugticket. „Doch in Deutschland habe ich finanzielle und körperliche Sicherheit.“
Das schätzt auch seine Partnerin. Zurück in Brasilien wird sie sich nun neu orientieren müssen. Vorbei ist der Alltag im CVJM. Sie wird nicht mehr regelmäßig mit den Kindern und Jugendlichen spielen können. Auch das Kochen – „das hat mir am meisten Spaß gemacht“ – wird ihr fehlen. Sie wird sich eine Arbeit suchen müssen. „Im Online-Shop meiner Schwester wahrscheinlich.“ Und sie wird ihren Partner Tobias nicht mehr täglich sehen können.
Das sehen die beiden als neue Herausforderung. Von einer Fernbeziehung wechselten sie zu einer „normalen“ und jetzt wieder zurück. „Wir werden erst einmal zurück in eine Fernbeziehung gehen. Ich möchte meine Familie wieder sehen“, sagt dos Santos. „Wir sehen dann weiter und machen kleine Schritte“, fügt Tobias Reinecke hinzu.
Wann er den nächsten Schritt nach Brasilien machen kann, weiß er nicht. „Eigentlich wollte ich im März fliegen.“ Ob es Corona zulässt? Jedenfalls wird die Beziehung der beiden weitergehen – Entfernung hin oder her.