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Friedhof Wo die Pfänner sich bestatten ließen

Hans-Jürgen Koch führt über den historischen Gertraudenfriedhof in Bad Salzelmen und ermöglicht einen historischen Blick.

Von Bianca Oldekamp 11.05.2020, 12:48

Bad Salzelmen l Es scheint fast so, als würden die historischen Mauern den Verkehrslärm der Chausseestraße schlucken. Denn hinter ihnen ist es ruhig. Vögel zwitschern zwar, dennoch wirkt das von mächtigen Mauern eingefriedete Areal durch die vielen von Efeu überzogenen alten Grabsteine mystisch. Es scheint, als habe man eine andere Welt betreten, eine andere Zeit. Eine Zeit, in der in Schönebeck, besser gesagt im heutigen Stadtteil Bad Salzelmen, der einstigen Stadt Groß Salze, die Pfänner noch wandeln würden. Doch diese Zeit ist längst vorbei. Aber auf dem Schönebecker Gertraudenfriedhof erinnert noch so einiges an die Pfänner, von denen viele Bürgermeister oder Ratsherren waren, die Stadt also leiteten. Denn ihre Grabplatten und Gruften gibt es noch heute.

Eintauchen in diese Geschichte können Interessierte einmal im Monat mit Hans-Jürgen Koch vom Kirchbauverein Schönebeck-Salzelmen. Denn er bietet Führungen über den historischen Friedhof an. Die müssen aufgrund der Corona-Krise aktuell aber ausfallen.

So weiß Hans-Jürgen Koch zu berichten, dass die Gertraudenkirche, die einst anstelle der heutigen Kapelle (erbaut 1884) zu finden war, erstmals im Jahr 1380 erwähnt wurde. Als der Friedhof immer voller wurde, so erzählt er, plante man, einen Friedhof direkt an der von den Pfännern erbauten St.-Johannis-Kirche (Bauzeit: 1430 bis 1550 mit Unterbrechungen) anzulegen. Doch der Grundwasserstand rund um die Kirche war dafür einfach zu hoch. Deshalb wurde das Areal des Gertraudenfriedhofs erweitert, eine neue Mauer gezogen.

Und in genau diese Mauer, die abseits der Wege zwischen den alten Gräbern liegt, wurden historische Grabplatten eingelassen – mit wenigen Ausnahmen beginnend mit der ältesten Grabplatte bis zur „jüngsten“. Dabei stammen die ältesten dieser insgesamt 70 Platten aus dem 15. Jahrhundert, die „jüngsten“ aus der Barockzeit. Zu erkennen ist das unter anderem an der unterschiedlichen Verzierung der Grabplatten. Während die ganz alten Platten „nur“ Einmeißelungen in Schrift und Bild aufweisen, sind die aus der Barockzeit deutlich plastischer.

In diesem Teil des Rundgangs zitiert Hans-Jürgen Koch gern Inschriften der Platten, hat diese nummeriert und nutzt dafür die Aufzeichnungen des Lehrers Wilhelm Schulze aus Groß Salze. Denn lesen kann man manche der teils sehr verwitterten Inschriften nicht mehr.

Bestattungen finden auf dem kirchlichen Friedhof der St-Johannis-Gemeinde seit 1945 nicht mehr statt – außer in Ausnahmefällen. So wurde Kurt Seiler (1913–1979), Pfarrer in St. Johannis von 1954 bis zu seinem Tode bei einem Verkehrsunfall im Harz, auf dem Gertraudenfriedhof bestattet. Auch St.-Johannis-Oberpfarrer Hugo Waerlich wurde 1940 auf dem Gertraudenfriedhof bestattet.

Beigesetzt sind auf dem Friedhof auch die Schönebecker Künstlerin Katharina Heise (1891–1964) und ihre Schwester Annemarie (1886–1937). Einst befand sich auf ihrem Grab eine Keramik aus gebranntem Ton. Bei dieser handelt es sich um die Darstellung des Todes mit Sense in der Hand. „Das Gesicht der Skulptur soll angeblich dem ihres Vaters ähnlich sehen“, berichtet Hans-Jürgen Koch. Nachdem der Kopf des Kunstwerks auf dem Gertraudenfriedhof aber abgeschlagen wurde, wurde das Kunstwerk repariert und ist heute in der St.-Johannis-Kirche zu sehen.