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Grundschule Diskussion ums Lesen lernen

Fibel oder "Lesen durch Schreiben"? Wenn man sich im Altkreis Schönebeck umhört, gehen die Meinungen auseinander.

Von Emily Engels 29.10.2018, 03:00

Schönebeck l Auf der Tafel im Klassenzimmer der Erstklässler der Freien Waldschule Elbenau ist ein großer Baum aufgemalt. „Weiß jemand wie das hier heißt?“, fragt Schulleiter und Klassenlehrer Frank Faust. Zahlreiche Kinderhände gehen in die Luft. „Eine Wurzel“, sagt eines der Erstklässler. Dann nehmen die jungen Schüler ein buntes Glassteinchen und legen es im „Buchstabenhaus“ auf den Buchstaben „W“ und schreiben den Buchstaben nach.

"Ich halte die ‚Lesen durch Schreiben‘-Methode für ganzheitlicher“, erklärt Frank Faust. Das Unterrichten mit der Fibel kennt der Lehrer noch aus anderen Schulen, an denen er unterrichtet hat. „Mein Problem damit ist, dass die Schüler die Wörter oft eher auswendig lernen, als sie wirklich zu lesen.“ Die Methode, die er an der Waldschule Elbenau unterrichtet, sei individueller und lasse mehr Raum für verschiedene Geschwindigkeiten, in denen die Schüler das Lesen und Schreiben lernen, so seine Meinung.

Wie sieht es in anderen Schulen aus? Kerstin Arndt, Leiterin der Grundschule Dr. Tolberg, sagt: „Wir machen eher eine Mischform. Wir arbeiten mit einem Lehrwerk, in dem zwar Elemente der Fibel vorkommen, aber arbeiten auch ein Stückweit mit der „Lesen durch Schreiben“-Methode. Um das zu entscheiden, habe man mit den Kollegen lange Gespräche geführt. Man habe sich in der Schule für die Mischform entschieden, weil Lesen nach Schreiben nicht wirklich für Kinder geeignet sei, deren kognitive Fähigkeiten nicht ausgeprägt sind. „Wir haben diese Mischform erst in diesem Schuljahr neu eingeführt und werten nach dem Schuljahr aus, ob sie gut funktioniert“, so Kerstin Arndt.

Mit einer Mischform lernen auch die Grundschüler „Am Lerchenfeld“. So arbeiten die Lernkräfte unter anderem mit der Fresch-Methode, bei der mit Silbenschwingen und Sprechschreiben gearbeitet wird.

Ergänzend dazu arbeiten die Grundschullehrer hier in den ersten Klassen auch mit der Gebärdensprache. „Die erleichtert es den Kindern, sich die Wortlaute zu merken“, so Klassenlehrerin Gabriela Brehmeier. Damit auch die Kinder gefördert werden, die schon zu Schulbeginn Lesen können, gibt es hier viele Zusatzhefte, mit denen die Lehrer arbeiten. „Die Schüler können dann auch ein Lesediplom absolvieren“, so Gabriela Brehmeier. Den Nachteil an dem reinen Lesenlernen mit der Fibel sehen sie und ihre Kollegin Franziska Ilgenstein – genau wie Frank Faust von der Waldschule Elbenau – darin, dass diese zum Auswendiglernen verleitet.

Doch es gibt noch mehrere Schulen im Altkreis, die auf diese Methode schwören. So heißt es von der stellvertretenden Schulleitung der Grundschule „Ludwig Schneider“ in Schönebeck: „Bei uns lernen die Schüler mit einer analytischen und synthetischen Lese-lehrmethode. Im Volksmund ist das die Fibelmethode. Bei der Fibel-Methode sind wir uns sicher, dass sie auch funktioniert.“ Laut Auskunft eines Elternteils lernen auch an der Grundschule in Welsleben die Kinder noch nach Fibel.

Und Henry Melle, Leiter der Grundschule Calbe sagt: „Unsere Schüler lernen das Lesen nicht durch das Schreiben. Unsere Lehrmethode ist analytisch und silbentechnisch.“ Auch die Grundschule Barby baut auf altbewährte Methoden. Lehrerin Jutta Bach sagt: „Bei uns lernen die Schüler das Buchstabe für Buchstabe – wie zu DDR-Zeiten.“