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Hundetraining Mit dem richtigen Riecher

Im Salzlandkreis trainieren Hunde das Auffinden von Personen. Diese Vierbeiner nennt man Mantrailer.

Von Bianca Oldekamp 21.05.2020, 07:00

Schönebeck/Magdeburg l Für Hündin Erna sind es gekochte Linsen gemischt mit Kokosflocken, Pudel Ginger mag lieber Leberwurst oder zur Abwechslung mal ein Quietschetier, auf Hündin Plötze warten Wiener Würstchen während Labrador-Mix Fiete es gar nicht erwarten kann, sein Kuscheltier im Maul zu halten. So unterschiedlich wie ihre Belohnungen, so unterschiedlich sind auch die vier Hunde, die immer donnerstags zusammen mit ihren Herrchen und Frauchen trainieren. Doch eines haben sie alle – Mensch und Tier – gemeinsam: Sie trainieren Mantrailing.

Der Begriff Mantrailing stammt aus dem englischen (engl. man „Mensch“ und trail „verfolgen“) und bezeichnet frei übersetzt entsprechend so viel wie Menschen verfolgen – genauer gesagt einen Menschen. Und das ausschließlich mit dem Geruchssinn von Hunden. Denn der ist bei den Vierbeiner bekanntlich besonders ausgeprägt. Fünf Millionen Riechzellen beim Menschen stehen bis zu 2020 Millionen bei manchen Hunderassen gegenüber.

„Mantrailing betreiben kann theoretisch jeder Hund“, sagt René Pittner. Der Schönebecker ist ausgebildeter Mantrailing Instructor. Diese Ausbildung hat er bei Mantrailing International, einem Ausbildung- und Trainingszentrum unter anderem für Mantrailing, absolviert und trainiert jetzt andere Hund-Mensch-Teams. Er selbst übt diesen Teamsport mit seiner zweijährigen Welsh-Springer-Spaniel-Hündin Plötze aus, die er für den späteren Realeinsatz als Personenspürhund beispielsweise für Polizeieinsätze ausbilden lassen möchte. Doch bis zu einem echten Einsatz stehen René Pittner und Plötze noch so einige Prüfungen und Trainingseinheiten bevor.

Sportliche Trainingseinheiten. Denn das Training ist nicht nur eine Herausforderung für den Geruchssinn der Vierbeiner, sondern auch für die Laufkondition der Zweibeiner. Schließlich sind die Hunde bei ihrer Suche durchgängig angeleint. Zwar an einer sogenannten Schleppleine, also einer Leine, an der das Tier einen großen Radius erkunden kann, doch diesen Suchen beziehungsweise erriechen die Tiere so schnell, dass der Hundeführer auch schon mal in den Dauerlauf verfallen muss, um das Tier beim Folgen einer Geruchsspur nicht zurückzuhalten. Denn das ist beim Mantrailing nicht gewollt.

„90 Prozent der Arbeit verrichtet das Tier, nur zehn Prozent der Hundeführer“, erklärt René Pittner. Zu diesen zehn Prozent gehöre es, die lange Leine richtig zu halten und vor allem die Signale des Hundes zu erkennen und richtig auf diese zu reagieren. Das allerdings nie mit mehr als zwei Kommandos. „Riech“ und „Such“ sind die einzigen beiden Kommandos, deren Verwendung auch die Mantrailing-Anwärterinnen Karin Siska (Fiete), Anke Maasberg (Ginger) und Jette Rienow (Erna) bereits verinnerlicht haben und verwendeten die Kommandos beim ersten Training nach mehrwöchiger coronabedingter Trainingspause auf einem ehemaligen LPG-Gelände im Süden Magdeburgs sofort wieder richtig – immer unter dem aufmerksamen Blick von René Pittner.

Trainiert werden in der Donnerstagsgruppe verschiedene Übungen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, die aber im Grundsatz ähnliche Abläufe haben. So soll das Tier vor der eigentlichen Suche zunächst die unmittelbare Umgebung erschnüffeln. Erst ein großer Radius, dann ein kleiner wird erkundet und erst dann das Suchgeschirr angelegt. Denn das signalisiert dem Hund: „Jetzt geht es gleich los.“

Sobald der Geruch des Gesuchten beispielsweise anhand eines Schals nach dem Kommando „Riech“ sozusagen vom Hund verinnerlicht wurde, startet das Tier die Suche, sobald das Kommando „Such“ vom Hundeführer gesagt wurde. Während ihrer Suche verfolgen die Hunde immer nur die aktuellste Geruchsspur eines Menschen, auch wenn ältere in der Luft liegen, berichtet René Pittner.

Die Trails seiner Donnerstagsgruppe sind noch nicht allzu lang. Die zu findende Person – die Gruppenmitglieder wechseln sich ab – befinden sich nicht mehr als 150 Meter entfernt. „Bevor die Basics nicht sitzen, braucht man keinen längeren Trail machen“, erklärt René Pittner. Längere Trails können dann schon mal mehrere Hundert Meter lang sein.

Ist der Trail, also die Suche, erfolgreich beendet und die Person zu ihren vorab erschnüffelten Individualgeruch gefunden, zeigt das Tier dies dem Menschen an und es gibt eine Belohnung für den Hund. Und die kann wie eingangs beschrieben eben ganz unterschiedlich ausfallen – und muss nicht immer was leckeres zum Essen sein.

Dass es in der Region mittlerweile die Möglichkeit gibt, Mantrailing zu trainieren, freut Anke Maasberg aus Calbe: „Ich hatte lange gesucht jemanden zu finden, der Mantrailing anbietet.“ Die Treffpunkte für die Trainingsseinheiten sind immer unterschiedlich. Dieses Mal war es eben das ehemalige LPG-Gelände im Magdeburger Süden, an anderen Tagen wird auf weitläufigen Parkplätzen in der Öffentlichkeit trainiert. Schließlich sind die Hunde – die auch nur getrennt voneinander aus den Autos der Besitzer gelassen werden und trainieren – immer angeleint.

Drei bis vier Übungen schaffen die vier Hunde in so einer Trainingseinheit, die in der Regel drei Stunden dauert. Und zwischen ihren einzelnen Trails brauchen die Tiere auch die Ruhepausen, erklärt René Pittner.

Selbst bei Sturm oder Orkan können die Hunde Gerüche verfolgen. „Es gibt keinen Nachbau, der an so eine Hundenase rankommt“, sagt der Schönebecker und verleiht so seiner Faszination für den Geruchssinn der Vierbeiner Ausdruck und hofft in zwei bis drei Jahren mit seiner Hündin Plötze so weit zu sein, dass er und Plötze nach erfolgreicher Sichtung der Polizei bei entsprechenden Fällen helfen können.