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Kampagne Harter Brocken gleich zu Beginn

Werbematerial hat das Innenministerium an freiwillige Feuerwehren verschickt. In der Stadt Barby kam die Aktion weniger gut an.

Von Thomas Höfs 06.04.2018, 00:00

Barby l Vor einigen Wochen erhielten die Wehrleiter Post aus dem Innenministerium. Um mehr Bürger für den ehrenamtlichen Dienst in einer der Feuerwehren zu begeistern, hatte das Ministerium eine Werbeagentur beauftragt, Werbematerial zu entwerfen und an die Wehren zu schicken. Neben Plakaten waren auch Bierdeckel darunter.

Das in der Feuerwehr auch mal ein Bier getrunken werde, sei kein Geheimnis, sagt Stadtwehrleiter Detlef August. Nur haben die Kameraden zuvor eine Ausbildung absolviert. Ob Bierdeckel das geeignete Mittel sei, um Menschen für eine Mitarbeit anzusprechen, sei für ihn zweifelhaft, sagt er.

„Das Geld für die Werbekampagne hätte an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden können“, sagt er auch. „Davon hätten wir ein Gerätehaus bauen können.“

In diesem Jahr ist die Zahl der aktiven Einsatzkräfte auf 198 gefallen, schildert die zuständige Hauptamtsleiterin Karin Knopf. Die angespannte Personalsituation ist ein Dauerbrenner für sie. Allerdings steht Barby mit dem Problem nicht allein. Vor allem in den Orten, in denen die Bevölkerung zur Arbeit morgens aus dem Ort pendelt, ist eine Einsatzbereitschaft kaum noch realisierbar. Wenn die Bürger im dienstfähigen Alter nicht mehr in den Orten verfügbar sind, könne die Stadt die Wehr auch nicht mehr einsatzbereit vorhalten.

Wird die Feuerwehr dann gerufen, werden gleich die Wehren in mehreren Orten alarmiert, damit sich die Mindestanzahl von Feuerwehrleuten an der Einsatzstelle einfindet.

Seit Jahren mühen sich die Wehren in der Öffentlichkeitsarbeit und veranstalten immer wieder Tage der offenen Tür, um den Bürgern nicht nur die Technik, sondern auch die Arbeit in der Feuerwehr zu zeigen. Die Erfolge seien aber überschaubar, schätzt Detlef August ein. Jahrelang konzentrierten sich die Wehren vor allem mit der Jugendarbeit auf Kinder und Jugendliche. Wer als Kind die Gemeinschaft der Feuerwehr schätzen gelernt hat, so das Kalkül, bleibe auch später mit hoher Wahrscheinlichkeit dabei. Die Grundannahme war richtig. Nur gingen die jungen Feuerwehrleute aus Gründen der Berufswahl meist weg und kehrten auch nach der Ausbildung nicht zurück. In ihrer neuen Heimat blieben viele bei der Feuerwehr. Die dortigen Wehren freuten sich über die gut ausgebildeten jungen Kameraden.

Inzwischen sehen viele Feuerwehren ihre Zielgruppe neben der Kinder- und Jugendarbeit vor allem bei den Quereinsteigern. So werden die Feuerwehrleute bezeichnet, die ohne Erfahrungen in der Jugendfeuerwehr zu der Truppe gestoßen sind. Familienväter, die sich in den Orten niedergelassen haben, seien die bevorzugten Ansprechpartner, sagt Detlef August. Damit haben die Feuerwehren bereits positive Erfahrungen gemacht, schildert er.

Die Quereinsteiger müssten neben der Begeisterung für das Ehrenamt aber zu Beginn vor allem sehr viel Geduld mitbringen, gibt er zu. Denn die Grundausbildung sei schon „ein harter Brocken“. Viele Stunden müssen die angehenden Feuerwehrleute an Ausbildung absolvieren, ehe sie überhaupt an einem Einsatz teilnehmen können. Neben der Ausbildung in der Feuerwehr seien dies vor allem Ausbildungen, die der Landkreis organisiere. Mehrere Wochenenden hintereinander müssen die angehenden Feuerwehrleute die Schulbank drücken oder praktische Erfahrungen sammeln. Nach mehr als 100 Ausbildungsstunden stehen die Feuerwehrleute dann auch erst am Anfang.

In den Wehren wird aktuell viel über die Anforderungen diskutiert. Mit einer schnellen Überarbeitung der Feuerwehrdienstvorschriften sei aber nicht zu rechnen, sagt er weiter. Sicherlich sei eine kürzere Ausbildung nicht schlecht, die Feuerwehrleute müssten aber sehr viel wissen, weil sie für immer mehr Aufgaben gerufen werden, meint er.