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Klostergeschichte Marienstuhl Egeln birgt Schätze

Die Stadt Egeln hat kulturhistorisch eine Menge zu bieten. Wahre Schätze stammen aus dem Kloster Marienstuhl.

24.11.2016, 23:01

Egeln l Seine Anfänge gehen bis in das Jahr 1259 zurück. Am 14. März stiftete der damalige Edelherr Otto von Hadmersleben auf Veranlassung seiner Gemahlin Jutta von Blankenburg das Kloster Marienstuhl, damit dort gottgeweihte Jungfrauen nach der Regel des heiligen Bernhard von Clairvaux im Orden von Zisterz dienen sollen. Die erste Äbtissin war Mechthild von Blankenburg, die Schwester der Gräfin Jutta, verraten die spärlichen Überlieferungen aus dieser Zeit.

Durch umfangreiche Stiftungen erlangte das Kloster bald wirtschaftliche Unabhängigkeit. Neben Andacht und Gebet betrieb das Kloster Ackerbau und auch Viehzucht. Hinzu kamen noch eine Heilkräuterzucht, eine Apotheke, ein Siechenhaus, eine Paramentenstickerei, eine Schule sowie Fischerei, Brauerei, Meierei und Bäckerei.

Mit Einführung der Reformation 1547 wurde die Stadt Egeln evangelisch, die Pröpste und ein Teil der Nonnen neigten dem Luthertum zu, das Kloster selbst hielt jedoch am alten Glauben fest. In den Jahren 1577 bis 1730 wurde die katholische Klosterkirche von der evangelischen Altemarkt-Gemeinde Egeln mitbenutzt. Für sie errichtete das Kloster unter der Äbtissin Katharina Musäus eine neue Kirche auf dem Friedhof. Sie verkam bis zur Wende zur Ruine, wurde dann aber umfangreich saniert und wird heute als Friedhofskapelle der Stadt genutzt.

Als Zögling lebte hier von 1630 bis 1633 Anna Margareta von Haugwitz, die durch ein Massaker der kaiserlichen Truppen in Calbe mit acht Jahren zur Vollwaise geworden war. Als der schwedische Feldherr Johann Banér einige Zeit seit 1632 auf der Wasserburg Egeln residierte, erfuhr eine Dame aus seinem Gefolge, die verwitwete Gräfin Elisabeth Juliane von Löwenstein-Scharfeneck, geborene Gräfin von Erbach, von dem Schicksal des Kindes, nahm das Mädchen aus dem Kloster und als eigene Pflegetochter an. Im Alter von 18 Jahren heiratete Anna Margareta einen Unterführer Banérs, den 27-jährigen schwedischen General, späteren Reichsmarschall und Grafen von Salmis, Karl Gustav Wrangel.

Unter Äbtissin Maria Zeiseler und Propst Christoph Jordan war von 1696 bis 1719 der gesamte Klosterkomplex in Egeln einschließlich Wirtschaftsgebäuden und der heute noch vorhandenen Klostermauer neu errichtet worden. Danach wurde der Neubau der Klosterkirche begonnen. Hierzu wurde die alte gotische Kirche bis auf die Grundmauern abgetragen, und um ein Drittel vergrößert wieder aufgebaut, so dass sie nach Osten hin aus dem Klausurquadrum herausragte. Der 1732 unter der Äbtissin Katharina Musäus begonnene Bau wurde 1734 unter der Äbtissin Anna Margaretha Müller vollendet. Bis 1738 hatten die Künstler zu tun, um die noch heute erhaltene einzigartige barocke Inneneinrichtung fertigzustellen. 1769 erhielt das Kloster für seine Bereitwilligkeit, 30 Häuser für aus Frankreich vertriebene Hugenotten zu erbauen, vom König Friedrich II. endgültig die Erlaubnis der freien Propstwahl und der katholischen Seelsorgetätigkeit für die Stadt Egeln und deren Umgebung.

Nach den Befreiungskriegen Napoleons waren die Stunden des Klosters Marienstuhl in Egeln gezählt. Per Dekret von Napoleons Bruder, Jérôme Bonaparte, Königs von Westphalen vom 13. Mai 1809 wurde die Auflösung angeordnet. So erging es übrigens auch Kloster Wöltingerode bei Vienenburg, St. Burchardi in Halberstadt, Adersleben bei Wegeleben, Teistungenburg im Eichsfeld und Hadmersleben. Sie wurden zur Füllung seiner Kriegskasse verkauft. Zugleich wurde festgelegt, dass die Konventualinnen und Laienschwestern in die übrigen, noch bestehenden Nonnenklöster versetzt werden.

An das Kloster erinnert heute neben dem großen Gelände in der Innenstadt eine von außen sehr schlichte Kirche, die in der Zeit von 1732 bis 1734 im feinsten Barock errichtet wurde und über eine sehr prachtvolle Ausstattung verfügt. Dabei handelt es sich bereits um das dritte Gotteshaus an gleicher Stelle.

Pfarrer Erwin Willner und die Gemeindereferentin Karin Reichmann, die seit August 2001 in der Gemeinde tätig waren, entdeckten auf dem Pfarrboden, in der Kirche hinter dem Altar und in der Küsterkammer hinter der Nonnenempore immer wieder neue, wertvolle Gegenstände. Dazu gehörten, wie aus der Festschrift „750 Jahre Kloster Marienstuhl Egeln“ von 2009 hervor geht, unter anderem die Johannesschüssel aus dem 14. Jahrhundert, Messgewänder, Monstranzen, Bücher und Urkunden. Da lag es nahe, ein Klostermuseum zu gründen. Die Umsetzung dieser Pläne wurde auch dadurch befördert, dass das ganze Jahr über Interessenten und Pilger aus dem In- und Ausland die prachtvoll ausgestattete Klosterkirche in Egeln besuchen. Hinzu kam, dass sich die damalige Wohnung hinter der Küsterkammer im Besitz der Gemeinde befand. Männer aus der Gemeinde opferten 2004 mehr als 1000 Stunden ihrer Freizeit, um die stark renovierungsbedürftigen Räume auf Vordermann zu bringen.

Friederike Ebner von Eschenbach, Leiterin der Paramentenwerkstatt in Helmstedt, machte die Gemeinde darauf aufmerksam, welch wertvolle Gewänder sich in Egeln befinden. Einige davon wurden inzwischen restauriert. Auf der Nonnenempore befindet sich eine gotische Marienstatue aus der Zeit um 1450, die als Gnaden- und Wallfahrtsmadonna für Pilger ihre Bedeutung hat. In der Unterkirche sind ein gotisches Altarkreuz aus der Zeit um 1330, eine spätromanische Sandsteinmadonna um 1260, eine Pietà um 1450 und ein Renaissance-Taufstein von 1605.

„Wir reichen ein kleines bisschen an Halberstadt heran“, sagte die Kathechetin im Ruhestand Angela Wendt.