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Kultur Kulturpass: Ein Reinfall in Schönebeck?

Der Kulturpass stellt 18-Jährigen ein Budget von100 bis 200 Euro für kulturelle Zwecke zur Verfügung. Wie ist das Angebot bei den Jugendlichen in Schönebeck angekommen?

Von Lisa-Marie Tschoeltsch Aktualisiert: 06.03.2024, 10:10
Mithilfe der Kulturpass-App können die 18-Jährigen das Budget freischalten und für kulturelle Zwecke ausgeben. Wie wurde das Angebot in Schönebeck genutzt?
Mithilfe der Kulturpass-App können die 18-Jährigen das Budget freischalten und für kulturelle Zwecke ausgeben. Wie wurde das Angebot in Schönebeck genutzt? (Symbolbild: Jörg Carstensen/dpa)

Schönebeck - Seit Juni 2023 gibt es den sogenannten Kulturpass. Dabei handelt es sich um ein Angebot des Bundestages für die Jahrgänge 2005 und 2006. Seit Juni letzten Jahres konnten die Jugendlichen ab ihrem 18. Geburtstag den Pass freischalten und 200 Euro für kulturelle Zwecke ausgeben. Das Angebot wurde für 2024 verlängert. Seit dem 1. März können wieder alle, die dieses Jahr ihre Volljährigkeit erreichen den Pass nutzen. Diesmal aber nur mit 100 Euro. Ziel ist es, die Kulturbranche zu unterstützen und junge Menschen stärker für Kultur vor Ort zu begeistern. Zusätzlich soll es als „Corona-Ausgleich“ für beide Seiten dienen.

Zugang per App

Um das Budget überhaupt erstmal zu erhalten, muss man sich online registrieren. Dafür braucht man einen Online-Ausweis und die Kulturpass-App. Das Geld kann dann beispielsweise für Eintrittskarten für Kinos, Konzerte, Opern, Theater oder Museen, aber auch für Bücher, CDs, Schallplatten, Musikinstrumente und Musiknoten genutzt werden. Das geht aber nicht überall. Der Kulturanbieter muss sich selbst für das Programm registrieren, um daran teilnehmen zu können. Sonst kann der Kulturpass dort nicht genutzt werden. Grundsätzlich ausgeschlossen vom Angebot sind Computerspiele, DVDs, Aufnahmetechnik, Abonnements bei Streaming-Anbietern, Bestellungen bei Onlineversandhändlern sowie kulturelle Veranstaltungen im Rahmen von Jahrmärkten, Stadtfesten oder Clubs.

Mehrere Kritikpunkte

Mit der Zeit sammelten sich immer mehr Kritikpunkte über die Aktion, auch hier in Schönebeck. „Die Hürden der Anmeldung sind recht hoch, dadurch ist die Listung der Angebote in der App zu gering“ erklärt Claudia Sopart, Geschäftsführerin der Buchhandlung „Am Rathaus“ in Schönebeck. Die Buchhandlung ist aufgrund von Problemen mit dem Finanzamt selbst erst seit Oktober für das Angebot registriert. Die Idee wurde dort trotzdem begrüßt und der Laden hätte laut Sopart davon profitiert. Die 18-Jährgen scheinen das Angebot also anzunehmen, zumindest wenn es um Bücher geht. Diese waren im letzten Jahr nämlich die beliebteste Nutzung des Kulturpasses. Knapp die Hälfte des Geldes wurde für Bücher ausgegeben.

Unbefriedigendes Angebot

Trotzdem gibt es einige Jugendliche, die das Angebot nicht nutzen. Das kann zum einen am Angebotsmangel liegen. Dieser tritt vor allem im ländlichen Raum auf. Zum anderen aber auch an der fehlenden Werbung für das Programm. Das sieht auch Claudia Sopart so: „Ich glaube, die Kommunikation vom Bundestag über das Angebot war nicht genug.“ Viele Jugendliche wissen gar nicht über das Angebot bescheid. Außerdem ist der Freischaltungsprozess des Budgets per App und Online-Ausweis recht umständlich. Sopart hat mit den jungen Leuten über den Kulturpass gesprochen.

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Das Angebot sei ebenfalls zu eingeschränkt, weil es unter anderem den Online-Handel ausschließt. Wenn sie dann doch das Budget freigeschaltet haben und in der App nachschauen, wo sich die nächstliegenden Möglichkeiten befinden, um es zu nutzen, würden in manchen Regionen nur wenige Angebote auftauchen.

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Stefan Assig vom Mehrgenerationenhaus in Schönebeck bestätigt die Kritik. Ihm und seinen Kollegen der Kinder- und Jugendarbeit ist die Nutzung des Kulturpasses unter den Gästen der Jugendeinrichtungen weitestgehend unbekannt. Neben dem doch eher jüngeren Alter der Gäste nennt Assig als Grund ebenfalls den geringen Bekanntheitsgrad hier im ländlichen Raum und die mäßige Bewerbung des „an sich guten Ansatzes“.

Trotzdem Erfolgspotenzial?

Trotz der Kritik hatten bis zum Ende letzten Jahres 285.445 18-Jährige ihr Budget freigeschaltet. Berechtigt sind rund 750.000. Damit wurde ein Gesamtumsatz von 23 Millionen Euro erreicht. Kulturstaatsministerin Claudia Roth hat außerdem angekündigt, in Zukunft enger mit der französischen Version des Angebots, dem „Pass Culture“ zu kooperieren. Jugendliche aus Deutschland und Frankreich, insbesondere aus den Grenzregionen, sollen so auch die Angebote des jeweils anderen Landes nutzen können.