Landstraße 65 Calbenser soll über Lärmschutz diskutieren
Die Debatte um mehr Lärmschutz gewinnt wieder an Fahrt. Nach monatelangem Schweigen soll es Ende August eine Bürgerversammlung geben.
Calbe l Fraktionschef Torsten Göhr (ALC/SPD) erinnerte in seinem Antrag bei der vergangenen Stadtratssitzung daran, dass der Lärmschutz im ersten Halbjahr 2020 mit den Bürgern diskutiert werden sollte. Das war das Ergebnis einer sich im vergangenen Jahr langsam aufbauenden Debatte über das Thema. Zunächst erhielten die Stadträte eine Information darüber, dass die Anwohner an der Landesstraße 65, die einmal quer durch die Stadt verläuft, mehr an Lärm Tag und Nacht zu ertragen haben, als es der Gesetzgeber eigentlich erlaubt. Eine neue Berechnung der Landesstraßenbaubehörde hatte dies ergeben. Allerdings waren die Ergebnisse für die wenigsten Anwohner neu. Denn bereits als Jahre zuvor die Stadt ein Lärmkataster erarbeitet hatte, gab es ähnliche und vergleichbare Ergebnisse. Nur passiert ist seitdem nicht viel.
Im vergangenen Jahr stand die Diskussion über ein mögliches Tempolimit auf der Ortsdurchfahrt im Raum. Abschließend diskutierte der Stadtrat das nicht. Es sollte mit den Bürger nach Lösungen gesucht werden, die auch von den Anwohnern mitgetragen werden. Dazu sollte es auch eine Bürgerversammlung geben, auf der alle ihre Argumente und Wünsche austauschen sollten. Die Corona-Pandemie machte dem Zeitplan nun einen Strich durch die Rechnung, erinnerte Bürgermeister Sven Hause im Stadtrat. „Mittlerweile lockert sich das Geschehen und ich beabsichtige voraussichtlich in der letzten Augustwoche eine Bürgerinformationsveranstaltung unter freiem Himmel auf dem Gelände des Hegerstadions durchzuführen“, kündigte er an. Mit Bürgern der Stadt, Behörden und dem Städte- und Gemeindebund habe er den Termin bereits vorbesprochen. In den kommenden Tagen sollen die Einladungen dazu verschickt werden, kündigte er an.
Eine Lösung zu finden, dürfte dabei nicht einfach sein. Während die betroffenen Anwohner darauf pochen dürfen, dass auch vor ihrer Tür die Lärmschutzgesetze eingehalten werden, sieht der Landkreis in Form der Straßenverkehrsbehörde bislang keinen Anlass, mit verkehrsrechtlichen Anordnungen für mehr Ruhe zu sorgen. Die Recherchen bei den verschiedenen Behörden hätten ergeben, formulierte es Sven Hause im Stadtrat vorsichtig, dass die Behörden die Ergebnisse der Lärmberechnungen unterschiedlich bewerten. „Hier hofft die Untere Straßenverkehrsbehörde auf eine Entscheidung der Oberen Straßenverkehrsbehörde. Erst dann könnte eine mögliche Entscheidung zur Einführung einer Geschwindigkeitsbegrenzung vorgenommen werden. Nicht von diesen Regelungen umfasst wären jedoch die Ortslage Schwarz als auch der südliche Abschnitt der Nienburger Straße, wie uns mitgeteilt wurde“, sagte er im Stadtrat.
In die Diskussion des Verkehrslärms kommt nun die Aufforderung für die Kommunen, die vierte Stufe der Lärmkartierung vorzunehmen. Für die Kommunen soll dies der Städte- und Gemeindebund vorbereiten, sagte er weiter. „Die Lärmkartierung ist im Turnus von fünf Jahren durchzuführen. Die betroffenen Städte und Gemeinden unterliegen einer gesetzlichen Kartierungspflicht. Nächster Termin ist der 30. Juni 2022. Hört sich erst einmal weit weg an. Inhaltlich und vor allem strategisch ist diese Lärmkartierung jedoch ein bedeutender Grundstein für die Entwicklung eines lokalen Lärmaktionsplanes und sich daraus ergebender Pflichten der jeweiligen Straßenbaulastträger“, sagte Sven Hause.
Mit dem Lärmaktionsplan der vierten Stufe sollen die Behörden dann handeln und die Bürger aktiver vor Lärm schützen. Warum dies nicht jetzt bereits geht, blieb offen. Auch die Frage, warum seit Jahren allgemein bekannt ist, dass die Anwohner an der Landesstraße mehr Lärm ertragen müssen, als der Gesetzgeber erlaubt, wurde nicht angesprochen.
Längst fühlen sich die Bürger nicht mehr nur durch die alte Landesstraße, sondern auch durch die neue Ortsumgehung belästigt. Bis wenige Meter vor dem innerhalb der Stadtgrenze liegenden Kreisverkehr ist Tempo 100 auf der Straße erlaubt. Wer aus der Stadt herausfährt, kann ebenso beschleunigen. Die Straße stelle die Anwohner vor eine völlig neue Situation, klagten die betroffenen Bürger. Der Lärm komme nun von zwei Seiten und beeinträchtige die Lebensqualität. Ungehindert kann sich der Schall der fahrenden Fahrzeuge von hinten den Wohnhäusern nähern. Viele Familien hatten ihre Schlafzimmer abseits der Ortsdurchfahrt im Haus eingerichtet, um mit offenem Fenster schlafen zu können. Nun erreicht sie der Motorenlärm und die Abrollgeräusche der Fahrzeuge auch von der anderen Seite. Begünstigt wird dies durch die meist vorliegende Windrichtung, die den Lärm von der Straße zu den Häusern bläst.
Dabei wurde beim Bau der Ortsumgehung an den Lärm gedacht. Auf wenigen Metern gibt es nach dem Ortseingangsschild einen Lärmschutzwall. Für den Lärm, der vom Wind über den Acker getragen wird, sind die beiden kleinen Wälle nutzlos, beklagen sich die Bürger. Sie fordern ein Tempolimit auf der Ortsumgehung. Nur damit ließe sich auch der Lärm reduzieren, den die Fahrzeuge produzieren. Selbst haben sie sich ebenso schon an die Landesbehörden gewandt und Abhilfe gefordert. Regelmäßig verfolgten Anwohner in den vergangenen Monaten auch Tagungsordnungspunkte in den öffentlichen Sitzungen des Stadtrates zu dem Thema. Sie fordern eine zeitnahe Lösung und wollen nicht mehr vertröstet werden.