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Lesung in Gnadau Böwing spricht über „Sehnsuchtsort“

250 Jahre Gnadau: Im Februar gibt es zwei Veranstaltungen - Autorenlesung und Bläsergottesdienst.

Von Thomas Linßner 13.02.2017, 15:53

Gnadau l Der in Zittau lebende Schriftsteller Holger Böwing wird am kommenden Sonnabend, 18. Februar, ab 19 Uhr im Chorsaal der Herrnhuter Diakonie aus seinen Büchern lesen.

Der aus Sachsen-Anhalt stammende Autor ist mit drei viel beachteten Romanen und zahlreichen Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften hervorgetreten. Darunter das Buch „Die Zukurzgekommenen“, wo 20 Geschichten aus 30 Jahren erzählt werden. Es sind Geschichten, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Mal enden sie tragisch, mal sind sie zum Schreien komisch oder einfach nur hinreißend erzählt. Die Geschehnisse liegen zeitlich und räumlich oft weit auseinander: Da ist ein NVA-Soldat, der um seine Liebe bangen muss, da ist ein Sohn, der über seinen toten Vater eine Wahrheit erfährt, die er nie für möglich gehalten hätte oder da ist eine Lehrerin, die vom modischen Selbstdarstellungsdrang ihrer Mitmenschen an den Rand des Wahnsinns getrieben wird.

Den Ort Gnadau, der in seinem Schaffen auch immer wieder eine Rolle spielt, bezeichnet er als den „Sehnsuchtsort seiner Kindheit“. Seit Ende der 1950er Jahre verbrachte Holger Böwing, dessen Mutter aus Gnadau stammt, in der Parkgemeinde viele unbeschwerte Tage. Während seiner Aufenthalte im kinderreichen Haus seiner Verwandten, zu dem damals ein von Hühnern und Enten bevölkerter Hof, eine Scheune und ein Stall mit Schweinen, Kühen und Pferden gehörten, habe er sich „frei und bedingungslos geliebt“ gefühlt.

Holger Böwigs Tage in Gnadau waren damals im Wesentlichen auf den Kontakt mit der Kirche beschränkt. Hier, in der Brüdergemeine, wurde er schließlich konfirmiert. In Klötze (Altmark), dem Ort seines Heranwachsens, erfuhr niemand davon. Momentan arbeitet Holger Böwing an einem Buch, in dem sein einstiger Sehnsuchtsort wieder erstehen soll. Wenn dieser Text gelingt, wird er die Leserschaft mit auf eine Zeitreise nehmen. Er bezeichnet die Zeit als „glückliche Insel inmitten der DDR“, zumindest aus kindlicher Sicht.

Zugleich werden die Besucher der Lesung erfahren, wie trotz oder vielleicht auch gerade wegen der seinerzeit herrschenden ideologischen Zwänge ein christlicher Glauben gelebt werden konnte.

Ob der 58-jährige Autor am Sonnabend bereits Passagen aus diesem noch unvollendeten Werk vorstellen wird, bleibt abzuwarten. Publikationen Holger Böwings: Jakob Leising (2009), Fabler (2012), Die Zukurzgekommenen (2015).

Bei einer weiteren Veranstaltung steht der Gnadauer Bläserchor im Mittelpunkt, der den Superlativ „ältester in Sachsen-Anhalt“ für sich in Anspruch nimmt. Urkundlich ist er seit 1828 nachweisbar. 1936 fand der brüderische Bläsertag erstmals in Gnadau statt. Auf einem alten Teilnehmer-Foto sind nur Herren in Schlips und Anzug zu sehen. Ganz anders gestaltete sich der zweite Bläsertag 2009 in Gnadau. Dazu kamen etwa 250 Bläserinnen und Bläser aus fünf verschiedenen Ländern zusammen.

Zu vielen traditionellen Anlässen sind die Bläser zu hören, wie zum Martinsumzug, zum Lampionumzug vor dem 1. Mai, zu Jubel-Geburtstagen und Gottesdiensten. Die älteste, über zwei Jahrhunderte alte Tradition ist das morgendliche Weckblasen in Gnadau am Ostermorgen.

Zur Zeit besteht der Bläserchor aus 20 Bläsern im Alter zwischen 9 und 82 Jahren. Wer Lust hat, ein Blasinstrument spielen zu lernen oder bereits Gelerntes auffrischen möchte, ist zur Probe, mittwochs, 19 Uhr, herzlich willkommen. Bei Bedarf wird ein Instrument gestellt. Ansprechpartner ist Harald Nitschke.

Lesung mit Holger Böwing, 18. Februar, 19 Uhr, Chorsaal (Für das leibliche Wohl ist gesorgt), Gottesdienst mit dem Gnadauer Bläserchor und Gästen unter der Leitung von Jens Bauer, Dänemark, 26. Februar, ab 10 Uhr, Kirchensaal