Argumente gegen das Projekt sind zu hohe Kosten, Vernachlässigung des Naturschutzes und ein möglicher Elbausbau Mehrheit der Volksstimme-Leser gegen Saalekanal: "Man darf nicht immer nur bis Barby denken"
Die Menschen zwischen Calbe, Barby und Schönebeck bewegt das Thema des möglichen Saalekanals. Entgegen der Landespolitik wird das Großprojekt von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt.
Schönebeck/Staßfurt l Die Leser der Volksstimme lehnen zu rund 90 Prozent den Saalekanal ab. Das ist das Zwischenergebnis einer nichtrepräsentativen Umfrage. Zahlreiche Anrufe, E-Mails und Faxe gingen in den vergangenen Tagen in der Redaktion ein. Hier einige Lesermeinungen zum Thema:
Als ehemaliger Binnenschiffer ist für mich der Saalekanal erst vorstellbar, wenn die Elbe ständig Tauchtiefe des Saalekanals hätte. Der Domfelsen in Magdeburg wird dieses nicht zu lassen. Damit sollten sich die Experten beschäftigen. Was nützt es, wenn die Unternehmen bis Barby mit einem Binnenschiff auskommen und auf der Elbe für die selbe Tonnage der Fracht dann die Kosten für drei Binnenschiffe haben? Jeder wäre zufrieden, wenn der Lkw-Verkehr verringert werden könnte. Aber man darf nicht nur bis Barby denken - die Fracht muss weiter tranportiert werden können.
Rolf Weber
Den Saalekanal zu bauen, ist nicht notwendig. Welches Unternehmen zwischen Halle und Barby kann heute oder in Zukunft täglich ein Schiff mit zum Beispiel 500 bis 1000 Tonnen Fracht beladen? Die Elbe bei Niedrigwasser wäre Endstation solcher Schiffe. Bereits heute ist festzustellen, dass sehr wenige Schiffe auf der Elbe verkehren. Warum und durch welche Industrie belebt, sollte das auf der Saale anders werden? Zu den Baukosten: Kein öffentliches Bauwerk dieser Größenordnung wird zu den ursprünglich angesetzten Kosten fertiggestellt. Aus 100 Millionen Euro werden bis zum Ende solch eines Jahrzehnt-Projektes sicherlich 150 bis 180 Millionen Euro.
Henning Schulte, Schönebeck
Ich bin der Meinung, der Saalekanal sollte nicht gebaut werden. Es ist Verschwendung der Steuergelder. Da will sich jemand wohl eine "goldene Nase" verdienen. Die den Kanal fordern, sollte man dann mit zur Kasse bitten.
Inge Enkelmann
Wenn man die Auseinandersetzung in der Volksstimme um den Bau des Saalekanals über Jahre verfolgt, so nimmt diese immer groteskere Formen an. Es drängt sich das Gefühl auf, da werden Gutachten und Gegengutachten erstellt, die jeweils für die Befürworter oder Gegner des Kanals passen. Interessant wäre ja, mal zu wissen, welche Kosten für Gutachten, Gegengutachten, Umweltverträglichkeit, Fauna, Flora usw. schon ausgegeben wurden. Wenn schon die wirtschaftliche Lage zum Kanal nicht so recht überzeugt, so zaubert man eine neue Trasse, die wesentlich billiger sein soll, hervor.
Für den Abbau von Kies im Abbaufeld "Tornitz 2" liegt die Planung seit zwei Wochen in der Verwaltung in Barby zur öffentlichen Einsicht aus. Der Betrieb ist auf 17 Jahre ausgelegt. Für das Abbaufeld "Barby 2" sind noch keine konkreten Pläne bekannt. Unter Berücksichtigung beschriebener Umstände dürfte ein Kanal, der durch noch nicht vorhandene Kiesseen gehen soll, frühestens in 20 bis 30 Jahren befahrbar sein.
Fritz Didicke, Tornitz
Seit Jahren wird über die Veränderung der Saale diskutiert. Wann begreifen Politiker und Naturschützer es endlich, sich einmal an einen Tisch zu setzen? Ich bin der Meinung, dass der Naturschutz in diesem Fall höher zu bewerten ist als die Interessen der Industrie. Die Saale mit einem Kanal zu begradigen, das sollte man unterlassen. Am Ende werden auch die 100 Millionen Euro nicht ausreichen. Deshalb sollte man von dem Projekt die Finger lassen. Mit dem Geld könnte man viel besser den Menschen helfen, die vom Grundwasser betroffen sind. Und an Minister Webel will ich sagen: Es ist nicht sein Geld, er möchte bitte vorsichtig sein!
Hubert Buhle, Calbe
Wir sind nicht dafür, dass der Saalekanal gebaut wird. Firmen, die etwas transportieren wollen, können die Deutsche Bahn nutzen. Zudem führt die Elbe an vielen Tagen im Jahr zu wenig Wasser. Die Folge wäre eine Elbvertiefung. Damit wird ein weiteres Stück Natur, um das viele Menschen beneiden, verloren gehen. Und noch ein Aspekt: Der Saalekanal nützt nur der Bauindustrie, die ihn bauen wird.
Familie Groth sen., Pretzien
Ich bin es langsam leid. Lesen Politiker keine Zeitung? In der Volksstimme waren in den vergangenen Wochen und Monaten hervorragende Beiträge abgedruckt, die die Problematik genau beleuchten. Doch diese Meinungen scheint dort keiner zur Kenntnis zu nehmen. Ich glaube nicht an die Angaben der Bernburger Firmen, die plötzlich ihre Massengüter per Schiff transportieren wollen. Es nützt nicht viel, denn die Elbe hat bekanntermaßen häufig Niedrigwasser, und der Domfelsen in Magdeburg stört. Wenn dann die Schifffahrt sagt, wir können nicht fahren, müssen die Firmen jedesmal ihre Logistik umstellen.
Lothar Finke, Eickendorf
Ich finde, es wäre richtig, den Saalekanal zu bauen. Wir hatten vor 50 bis 60 Jahren auch Schifffahrt auf der Elbe. Inzwischen ist aber alles tot. Aus meiner Sicht ist der Kanal auch für den Naturschutz zum Vorteil. Entlang der Saale, wo jetzt schon gestaut wird, sehe ich keine Nachteile. Man darf nicht immer nur auf das Geld schauen.
Karl Heinz Schneider sen., Groß Rosenburg
Der Saalekanal ist meiner Ansicht nach sehr unwirtschaftlich. Verkehrsminister Thomas Webel und seine Experten aus dem Haus sollten mal nach Zielitz fahren, um dort zu sehen, wie Produkte befördert werden. Unsere Altvorderen haben damals nur Kanäle gebaut, weil es zwar die Straße in schlechtem Zustand gab, aber eben keine effiziente Bahn auf der Schiene. Wir sollten uns endlich von dem Projekt verabschieden.
Oskar Furgber, Schönebeck
Ich bedauere es sehr, dass mit dem Saalekanal die restlichen Ackerflächen betoniert werden. Die Interessenlage für den Kanal ist doch eindeutig: Es ist die Zementindustrie, die am Ende gewinnen wird - sie wird den Kanal bauen. Zudem ist ein bekanntes Argument nicht von der Hand zu weisen: Wenn der Kanal kommt, wird es möglicherweise auch einen Elbausbau geben.
Jutta Grottke, Halle (geboren in Barby)