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Mehrkosten Corona wirbelt Stadtkasse durcheinander

Die Corona-Pandemie strapaziert die sehr klammen Kassen der Stadt Schönebeck einmal mehr.

Von Heike Liensdorf 21.04.2020, 01:01

Schönebeck l Nicht nur die Wirtschaft ächzt, auch die Kommunen. Die Corona-Pandemie kostet. Das steht fest. Doch mit welchen Summen die Stadt Schönebeck rechnen muss, kann Finanzdezernentin Ina-Babette Barann nicht sagen. Und sie weiß: Das wird sich auch heute und morgen noch nicht ändern.

Aktuell zahlen 630 Firmen in Schönebeck Gewerbesteuern. Die Stadt rechnet 2020 mit Erträgen in Höhe von 10,5 Millionen Euro. Darin enthalten sind die Vorauszahlungen für das laufende Jahr – erwartet werden rund 9 Millionen Euro. Die Firmen müssen diese vorab zahlen, basierend auf dem Umsatz des Vorvorjahres. Im Nachgang wird die Forderung dann dem tatsächlichen Umsatz angepasst – und es gibt Nach- oder Rückzahlungen.

Die Endabrechnungen sind aber erst ab 2022 kassenwirksam, erklärt Ina-Babette Barann. Somit werden erst dann die tatsächlichen Ausfälle durch Corona erkennbar. Grund: Es gibt eine Karenzzeit von 15 Monaten. Sprich die tatsächlichen Erträge für 2020 müssen beim Finanzamt erst bis 31. März 2022 abgerechnet werden.

Um die Wirtschaft in der Corona-Krise etwas zu entlasten, können Unternehmen die Vorauszahlung nun vorerst zinslos für drei Monate stunden lassen. Das war bis dato in dieser Form nicht möglich, sondern nur im Zusammenhang mit einer Ratenzahlung. Mittlerweile liegen der Schönebecker Verwaltung 38 Anträge vor. Es geht um 216.500 Euro (Stand Freitag, 17. April 2020).

Der Antrag ist bei der Stadt zu stellen, entweder formlos oder per Musterformular des Finanzministeriums. Im Schnitt dauere die Bearbeitung ein, zwei Tage, sagt die Dezernentin. Doch nicht alle Anträge würden über die Verwaltung laufen. Firmen beziehungsweise ihre Steuerberater könnten das Herabsetzen der Vorauszahlungen auch direkt beim Finanzamt Staßfurt beantragen. „Dazu liegen uns im Moment noch keine Zahlen vor.“

Planungen für Vorhaben – wie zum Beispiel für das Kombibad – laufen normal weiter. Projekte, die jetzt anlaufen sollten, laufen auch an, betont die Finanzdezernentin. „Momentan wird zum Beispiel die Sanierung der Käthe-Kollwitz-Schule vorbereitet. Die Baugenehmigung liegt nun vor.“ Die ersten Leistungsverzeichnisse der Ausschreibungen werden voraussichtlich in der ersten Mai-Woche veröffentlicht. Diese Vergabeverfahren laufen etwa 60 Tage bis einschließlich Auftragserteilung, rechnet sie vor. Baubeginn werde somit möglicherweise Anfang Juli sein.

Zusätzliche Desinfektionsmitteln sowie Nasen- und Mundschutzmasken (Behelfsmasken) müssen beschafft, Plexiglaswände in relevanten Bereichen mit Publikumsverkehr aufgebaut werden. Ina-Babette Barann listet auf, was das genau heißt:
• vier Plexiglasabtrennungen für das Bürgerbüro,
• vier Plexiglasabtrennungen für Personenstandswesen und Sachgebiet Gewerbe,
• 200-mal selbstgenähter Mundschutz für Mitarbeiter im Außendienst und mit Publikumsverkehr wie Bürgerbüro, Standesamt, Friedhofswesen, Steueramt,
• zusätzlich Desinfektionsmittel und Einmalhandschuhe für Mitarbeiter und Verwaltungsgebäude,
• zusätzlich 50 Liter Desinfektionsmitteln für Feuerwehr und Ordnungsamt,
• EDV – Einrichtung Abwesenheitszeiten und Tastatur, Hüllen für Homeoffice,
• zusätzlich Desinfektionsmittel und Einmalhandschuhe für Feuerwehr,
• 300 FFP2/FFP3-Atemschutzmasken,
• 14 Chemieschutz-Overall für Feuerwehr (Bei Einsätzen mit übertragbaren Krankheiten sind für die Feuerwehrleute neben den Masken, Handschuhen ... auch Schutzkittel oder Schutzanzug vorgeschrieben. Da Kittel nur im vorderen Bereich Schutz bieten, wird auf Anzüge zurückgegriffen. Die Feuerwehr verfügt grundsätzlich über eine kleinere Menge dieser Anzüge. Diese wurde jedoch auf Grund der Situation aufgestockt.)
Die Gesamtkosten für die aufgelisteten Anschaffungen: knapp 4500 Euro.

„Derzeit gibt es Lieferengpässe bei der persönlichen Schutzausrüstung. Damit sind FFP-Atemschutzmasken gemeint. Wir greifen noch auf vorhandene Vorräte zurück. Die Stadt genießt bei Bestellungen keine Sonderrechte und muss am freien Markt teilnehmen. Aber: Am Donnerstag ist eine erste Lieferung eingetroffen. Wir hoffen, dass sich die Lieferfristen zukünftig verbessern.“ Die bestellten Alltagsmasken seien regulär über eine Schneiderei angefordert worden.

Um die Verbreitung des Coronavirus‘ zu verlangsamen, ist das öffentliche Leben fast komplett lahm gelegt. Treffpunkte von Menschen sind geschlossen. So auch städtische Einrichtungen.
Die Schließung bringt Ausfälle bei den Einnahmen mit sich. Ina-Babette Barann rechnet mit Verlusten in Höhe von etwa 250.000 Euro beim Erholungsbad Solequell, 15.000 Euro bei der Schwimmhalle, 7000 Euro beim Heimattiergarten Bierer Berg, 1600 Euro bei der Stadtbibliothek – jeweils pro Monat.
Dazu kommt die Übernahme der Kosten für die Kitas und Horte, die – bis auf eine Notbetreuung – geschlossen sind: 136.900 Euro für die Kitas, 41.900 Euro für die Horte – diese Summen werden jedoch vom Land erstattet.

„Die Fixkosten der städtischen Gebäude beziehungsweise Einrichtungen bleiben bestehen. Sofern die Mitarbeiter nicht in Kurzarbeit gehen, sind bei den Personalaufwendungen auch keine wesentlichen Einsparungen zu verzeichnen“, erklärt die Finanzdezernentin. Diese könnten sich nur bei variablen, nutzer-/nutzungsabhängigen Aufwendungen ergeben – wie Sitzungsgeld oder Schülerbeförderung für den Schwimm-unterricht.
Bei den Bewirtschaftungskosten seien keine oder kaum Einsparungen zu erwarten. Die Gebäude seien größtenteils besetzt. Heizung, Wasser, Strom laufen weiter, Verträge müssten bedient werden. „Inwieweit sich Einsparungen aus Betriebskosten ergeben, muss abgewartet werden.“

Zum Verdeutlichen führt sie die Reinigung in den Grundschulen an: Diese erfolge täglich, um jederzeit eine Notbetreuung gewährleisten zu können. Da zurzeit der Reinigungsaufwand geringer ausfalle, widme sich die Firma neben dem „normalen“ Ablauf unter anderem regelmäßig den Türklinken, Türen und Tischen. Derzeit würden sich lediglich Minderaufwendungen in der Reinigung des Hortes Plötzky ergeben, so Ina-Babette Barann.

Die Stadt werde definitiv erhebliche finanzielle Einbußen haben, daraus macht die Finanzchefin keinen Hehl. Zahlen könne sie aber noch keine nennen. „Wir hoffen auf einen Rettungsschirm von Bund und Land für die Kommunen ...“
Sollte es keine Erstattung der Kosten von Bund und Land geben, „dann muss die Stadt den zusätzlichen außerordentlichen Aufwand aufbringen und gegebenenfalls Streichungen vornehmen“.
Der im letzten Stadtrat beschlossene Doppelhaushalt für die Jahre 2020/21 ist noch zur Genehmigung beim Salzlandkreis. „Wir warten aber jeden Tag auf den Bescheid“, so Ina-Babette Barann. Ist das Okay da, werde eine Haushaltssperre verhängt. Aktuell gelte die vorläufige Haushaltsführung. Sprich nur Pflichtaufgaben können bedient werden – und außerordentliche Ausgaben wie es die Corona-bedingten sind.