Lettlandhilfe Menzel: "Noch werden wir gebraucht"
Eine enge Beziehung besteht zwischen Lettland und Schönebeck. Wesentliches Bindeglied ist hierbei Matthias Menzel.
Schönebeck l Wenn Familie Menzel ihren Jahresurlaub plant, dann steht eines fest: Im Oktober ist das Familienoberhaupt nicht verfügbar. Denn seit mehr als 20 Jahren schon nimmt sich Matthias Menzel Anfang Oktober Urlaub - nicht zum Erholen. Stattdessen fährt der 48-Jährige mit einer Handvoll Ehrenamtlicher und einem Lkw mit Hilfsgütern wie Kleidung, Spielzeug und Möbeln nach Lettland. Das genaue Ziel: Riga. Hier unterstützen die Schönebecker sozialschwache Menschen. Vor allem die Angehörigen einer Schule, die unter anderem als Halb- oder Voll-Waisen aufwachsen, profitieren davon.
Dieses Engagement ist über die Jahre gewachsen. Gefußt hat es auf den persönlichen Kontakten und dem Engagement von Gunther Remtisch, der Anfang der 1990er Jahre als Kantor in Schönebeck aktiv war. Schon damals wurden Hilfstransporte organisiert, die fast monatlich nach Lettland gingen - mit dabei war bereits Matthias Menzel. Dann zog Gunter Remtisch weg und „wir haben uns gefragt, ob es das nun war“, erinnert sich Matthias Menzel. Statt aufzuhören, haben sich die „Verbliebenen“ entschieden, am 1. Juli 1996 den Verein „Lettlandhilfe“ zu gründen.
Seither gibt es mindestens eine, meist zwei Lkw-Touren pro Jahr von Schönebeck nach Riga. Matthias Menzel nimmt diese mehr als 1000 Kilometer weite Reise jährlich auf sich. „In einem Jahr bin ich sogar viermal mitgefahren“, sagt er. Irgendwann habe er aufgehört mitzuzählen. Mindestens 30 Touren seien es aber mit Sicherheit gewesen. Demnach ist es nur logisch, dass der Vater von zwei Söhnen auch reichlich Anekdoten parat hat. So seien die Grenzkontrollen früher immer eine Beweisprobe gewesen. Einmal, „das war mein Tiefpunkt“, sagt Matthias Menzel, habe der Lkw 17 Stunden an der Grenze gestanden. „Bei einer Stichprobe wurden Medikamente in den Spenden entdeckt“, erinnert sich der Vereinschef. Die dürfen aber nicht eingeführt werden. Die Folge: Der komplette Lkw wurde durchsucht. Das seien sehr kritische Stunden gewesen. Autounfälle seien in der Geschichte leider auch passiert. „Letztendlich haben wir so viel Verrücktes erlebt, dass das sicher alles ein Buch füllen könnte“, fasst er zusammen.
Auch in diesem Jahr hat Matthias Menzel ein paar Urlaubstage für den Oktober verplant. Stressig wird es bereits die Wochen zuvor. Denn dann werden die zahlreichen Spenden abgegeben. Unterstützung erhält der Verein nicht nur aus Schönebeck und der Umgebung, aus ganz Sachsen-Anhalt und darüber hinaus erreichen Sach- und Geldspenden den Verein.
Wenngleich die Armut in Lettland heute nicht mehr derart dramatisch ist wie vor 20 Jahren, so ist sich Matthias Menzel nach jedem Besuch bei seinen lettischen Freunden sicher: „Noch werden wir gebraucht.“ So habe sich die Lebensverhältnisse in den Städten zwar verbessert, doch gerade auf dem Land herrschen noch sehr schwierige Verhältnisse. Seit drei Jahren unterstützen die Ehrenamtlichen der „Lettlandhilfe“ zudem eine Ferienfreizeit für behinderte Kinder in Lettland, die immer im Sommer stattfindet.
Wichtig für Matthias Menzel ist bei seinem Ehrenamt auch seine Familie, insbesondere seine Frau Sylvia, die ihm den Rücken frei hält. Sie hatte er 1998 auf eine Tour mitgenommen, sein Sohn Simon war 2014 mit von der Partie und der Jüngste, Silas, hofft auf eine baldige Reise nach Lettland.
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